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Rangun

Rangun

Titel: Rangun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Monson
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diesen dunklen Augen abwenden, dem verlockenden Mund, der ihren genommen hatte, als hätte er seit Jahrhunderten auf sie gewartet. Aber er hatte nicht gewartet, erinnerte sie sich. Er hatte sie nicht einmal begehrt. Sie zwang sich zu einem Schulterzucken. »Wenn Sie wollen, können wir gern sittsam vor den Punschgläsern streiten. Ich dachte nur, dies sei der beste Ort, um unsere Wette zu erledigen. Im Ballsaal könnten wir ständig unterbrochen werden.«
    »Ist das nicht eine sehr offenkundige Art, mich daran zu erinnern, daß Sie jetzt nicht mehr um Tänze bitten?« sagte er brutal.
    Sie bewegte sich nicht und sprach nicht. Schließlich hörte er ihre leise, erstickte Stimme. »Sie haben recht. Ich will meinen Stolz zurück. Ich will ihn mehr als alle Tänze auf dieser Welt. Sie haben darauf herumgetreten, damit Sie und Evelyn Chilton einen Augenblick...« Sie wandte sich starr ab. »Sie haben Ihre Wette bezahlt.« Dann flüsterte sie, als sie zur erleuchteten Tür des Ballsaales ging: »Die Rani ist ohnehin nicht mehr für mich, was sie einmal war.«
    Harley wollte sie gehen lassen. Ihr Schmerz jetzt war nichts verglichen mit dem, den sie hätte, wenn er es nicht täte. Dann berührte er ihre Schultern, ohne zu wissen warum, fast einem Impuls folgend - obwohl er sich diesen Luxus selten erlaubte und nie in einer solchen Situation. »Lysistrata, ich stehe zu meinen Wetten, und ich gebe mich nicht billigen Vergnügungen hin. Ich war zuvor übermäßig
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    grob. Ich entschuldige mich.« Dann fügte er weich hinzu: »Genügt Ihnen das?«
    Sie stand stumm da, drehte sich dann langsam und wehmütig um. »Ich denke, ich werde es immer bedauern, daß wir nicht miteinander getanzt haben.«
    »Warum sollte das wichtig sein, wo so viele Männer um diese Gelegenheit ringen?«
    »Vielleicht, weil sie mich an Boston erinnern... und Sie sich naturgemäß nicht«, erwiderte sie einfach.
    »Das ist als Grund zu wenig, nicht wahr?«
    »Ja«, murmelte sie und kehrte in den Ballsaal zurück.
    Als Dr. Herriott Ma Saw am Abend nach dem Ball seinen Hut gab, blickte er schräg auf das von Visitenkarten überquellende Tablett. »Ich sehe, meine Tochter war beschäftigt.«
    Sie kicherte. »Missy ließ die Gentlemen ihre Übersetzungen birmanischer Spiele rezitieren und dann Tanzstunde bei San-hla nehmen, was, wie sie sagt, ihnen hilft, sich nicht wie Spazierstöcke zu bewegen. Sie steckte sogar eine Orchidee hinter Mr. Bettenheims Ohr.«
    Herriott seufzte. »Wie hat er's aufgenommen?«
    »Wie ein Spazierstock.« Sie hängte den Hut auf. »Missy machte ihm Augen, bis er rot wurde. Er war sich nicht sicher, ob sie flirtete oder ihn zum Narren hielt. Missy wird in dieser Hinsicht sehr klug.«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Missys Vater skeptisch.
    Die Tage mit Kaufleuten, steifen Bürokraten und Seeleuten begannen Lysistrata zu langweilen. Abgesehen davon, daß sie Zerstreuung von der Monotonie suchte, hatte sie gehofft, daß ein paar davon Gefallen an birmanischer Kunst fänden. Weniger fröhlich, als ihr Vater vermutete, zerstreute sie sich damit zu beobachten, wie töricht sie die Gunst einer Frau zu gewinnen versuchten, die sie zuvor ignoriert hatten.
    Harry weigerte sich, daran teilzuhaben. »Ich bin Engländer und keine schiefe Weide.« Lysistrata war nicht überrascht. Er kannte ihre ironische Neigung zu gut, um den Narren zu spielen.
    »Warum zeigen Sie denn nicht die Tür?« murmelte er, als sie zwei grinsenden Australiern zuschauten, die wie boxende Gibbonaffen um San-hla herumhüpften. »Als Schiedsrichterin sind Sie nicht sehr gut.«
    Sie sah ihn an. »Kritisieren Sie mich, Harry?«
    »Das tue ich.«
    Er hörte sie erleichtert seufzen. »Wie erfrischend. Ich wußte, daß ich Sie aus irgendeinem Grunde mag.« Sie nahm seinen Arm. »Leider muß ich einen von ihnen heiraten.«
    »Einen von denen?«
    »Jeden Tag laufen neue Schiffe ein.«
    Am nächsten Tag war Lysistrata für Besucher nicht zu sprechen. Die Gentleman wurden auf unsinnige Verfolgungsjagden geschickt. Miß Herriott war einkaufen gegangen. Sie besichtigte Shwe Dagon. Sie beobachtete Krokodile. Männer, denen Miß Herriotts Gewohnheiten neu waren, akzeptierten San-hlas wildeste Erfindung willig. Lysistrata entging einer Entdeckung nur knapp, als australische Marineleutnante mit einer Kutsche zum Hafen rasten. Ihre verehrte Dame hatte angeblich einen Dampfer flußaufwärts genommen, um Tiger zu betrachten. In der Annahme, daß sie ein mit Körben beladenes

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