Rangun
Verlangen.
»Sie werden doch nicht heimgehen, Lysistrata«, murmelte er.
Sie lächelte leicht. »Ich bin müde und fürchte mich. Wenn es ein Daheim gäbe, ich gäbe alles dafür, dorthin zu kommen.«
Er stellte den Brandy ab, nahm mit einer fließenden Bewegung ihren Kopf in seine Hände und küßte sie mit einer innigen Süße, die sie an seiner Brust wie ein müdes Kind schmelzen ließ. Er hielt sie lange und streichelte ihr Haar. Als seine Finger ihre Nackenbeuge streiften, sank ihr Kopf gegen seine Arme; er fand ihren Mund wieder. »Eva, Eva«, flüsterte er, »du weißt zuviel, und dieser Weg führt fort von Eden. Du willst nicht dorthin, wo ich bin.«
Seine Lippen streiften ihre Kehle, als er sie auf die Kissen preßte. Sie lag weich da, reglos unter seinen Händen, als er ihr Kleid löste, und ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie seinen Atem wahrnahm. Ihre Finger fanden sein Haar, als seine Lippen den Spalt zwischen ihren Brüsten streiften und dann an ihnen hochglitten. Ihre Lenden wurden feuchtwarm, ihre Gliedmaßen schwer. Dies war Kapitulation, dieses Warten, dieses Bedürfnis, ausgefüllt zu werden, von diesem seltsamen Mann geliebt zu werden, der in ihre Seele zu blicken schien, als sei es seine eigene. Als sie den festen, schnellen Schlag seines Herzens hörte, berührte sie seine Wange. »Bring mich dorthin, wo du bist. Ich wurde nicht für Eden geschaffen.«
Er zögerte, als sei er durch einen inneren Kampf geblendet. Sein Mund schwebte über dem ihren, senkte sich dann. Und in seinem Kuß erkannte Lysistrata den Fall. In seiner Berührung war die Schönheit Adams, die Verlockung der Schlange. Als ob sie aus seinem Fleisch geformt sei, forderte er sie, und sein Leib drang mit süßer Leichtigkeit in den ihren. In seiner Kraft war das Erröten der ersten Morgendämmerung der Erde, in ihr die schimmernde Blume ihres Lebens. Und wo Eden lag, blieb ein einziger verlorener Stern, der die Nacht kurz funkelnd erleuchtete, und nach dem Vergehen seines gleißenden, singenden Lichtes blieben stumme Funken.
Harley fürchtete die unirdische Stille, ihre sich zusammenballende, lauernde Kälte. Er lag in der Wärme von Lysistratas stillem Frieden eingebettet, während er spürte, wie das Gefühl von Kälte ihn überkam. Er war verrückt gewesen, nicht vor vergänglicher Lust, sondern durch dieses langsame, brennende Bedürfnis, das ihn auslöschen konnte. Und sie. Dieses Zusammensein konnte nur Vernichtung zur Folge haben. Dieses Ende, das bereits seinen Lauf gefunden hatte.
Er blickte in die funkelnde Klarheit ihrer Augen, die wie durch ein Wunder erregt strahlten. Sie strahlte eine seltene, kindliche Herrlichkeit aus, die ihn demütigte. Doch wenn er ' sie liebte, wenn diese Pracht nicht befleckt wurde, würde sie zerstört werden und mit ihr vielleicht eine Nation.
Seine Finger betasteten ihre Gesichtszüge, als ob er sie nie Wiedersehen würde, und er vergrub sein Gesicht an ihrem Hals. Wie konnte er sie allein in die Leere stoßen, die er wie ein ruheloser Geist durchstreifte? War es besser für sie, verdammt statt tot zu sein?
Die unausweichliche Antwort kroch durch seinen Verstand. Er mußte sich ihr wie so vielen anderen entziehen. Er mußte für sie die schwärzeste Verdammnis sein. Sie mußte ihn und alle seiner Art fliehen, all jene, die nicht aus ihrer kleinen Welt kamen. Wenn sie floh, würde sie vielleicht leben. Voller Haß. Er preßte sich in dem vergeblichen Bemühen, sie zu beschützen an sie, beugte seine Schultern unter der stechenden Kälte.
»Was ist?« flüsterte sie, während der Glanz aus ihren Augen schwand. »Was ist?«
Seine Stimme kam hart und erstickt, als spräche ein anderer Mann, einer, den er in diesem Moment zerstören wollte: Der kalte, berechnende Mörder, der Niemand. »Nichts. Für einen Amateur bist du recht vielversprechend.« Seine Augen waren hart, gleichmütig, unergründlich - ein Schild. »Du wirst genug Gelegenheiten haben, dein Können zu verbessern.« Mit scheinbarer Achtlosigkeit zupfte er an ihrem Longyi, das unter ihrem nackten Körper lag. »Jeder Mann in Rangun muß wissen, daß du unter dieser heiligen Uniform nichts trägst.«
»Hör auf.« Ihre Lippen bewegten sich steif. »Sag nicht...«
Seine Hand bewegte sich zu ihrer Brust, umschloß sie hart, ohne Zärtlichkeit. »Du solltest bei der Wahl deines nächsten farbigen Liebhabers vorsichtiger sein, Lysistrata. Die Männer des Ostens sind an so erregte Frauen nicht gewöhnt. Wir betrachten
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