Rangun
sich überall festhalten. Heftig atmend schaute sie auf mehrere feixende Kinder herab, die sich in erstaunlicher Entfernung unter ihr befanden. Ram griente ebenfalls. Erbedeutete ihr, auf den Rücken des Elefanten zu rutschen und stieg dann auf. Nachdem die Kundschafter auf ihrem Elefanten saßen, rückte die kleine Expedition in Richtung der Shan ab. Da Lysistrata sich nicht an Ram festhalten wollte, balancierte sie wie eine nervöse Libelle.
Sie hatten noch keinen Kilometer in der wabernden Hitze zurückgelegt, da wünschte sich Lysistrata, des Balancierens müde, sie hätte Breeches, um rittlings wie die Männer sitzen zu können. Ram in weit geschnittener indischer Kleidung und weichen Stiefeln schien es bequem zu haben. Der Schnurrbart und der Turban hatten sein Aussehen völlig verändert. Bis auf das kalte, ironische Lächeln schien von Richard Harley nichts übriggeblieben zu sein. Als er aus Mandalay zurückgekehrt war, hatte sie eine gewisse Erleichterung empfunden. Seine Mannschaft hätte sie vielleicht getötet, um sich selbst zu schützen, wenn er gefangenengenommen worden wäre. Die Kundschafter, Kanaka und Friedlander, sahen aus, als könnten sie ihre eigene Großmutter umbringen. Das Paar war grundverschieden: der erstere groß, braun und träge, letzterer klein, rot und flink wie ein Wiesel.
Am Mittag erreichten sie ein Hochplateau, auf dem Hirsche davonschossen und aus den Riesenfarnen Sittiche aufstoben. Nach einem kalten Imbiß in einer moosbewachsenen Grotte bei einem Wasserfall begannen sie den Abstieg in den Dschungel.
In den Schatten und wegen der untergehenden Sonne sank die Temperatur so stark, wie Lysistrata es in Birma noch nicht erlebt hatte. Nach Sonnenuntergang fror sie. Sie hockte sich hin, einen Schal um die Schulter geschlungen, weil ihr Gesäß zum Sitzen zu sehr schmerzte und schaute Friedlander beim Feuermachen zu. Kanaka schlug einen fußdicken Bambus ab, halbierte ein Stück zwischen zwei Verdickungen und bat sie dann höflich, den so entstandenen Behälter im Grottenfluß zu füllen. Obwohl sie das erst ablehnen wollte, da Ram mit seinem Gewehr im Dschungel verschwunden war, wollte sie den riesigen Polynesier nicht verärgern. Er kochte das Wasser auf dem Feuer und warf ein paar Handvoll Reis aus dem bescheidenen Gepäck hinein, das er und Friedlander auf ihrem Elefanten trugen. Die Elefanten versorgten sich im Dschungel selbst. Den Schal enger ziehend, hoffte sie, daß Decken im Gepäck waren.
Kurz darauf kehrte Ram mit mehreren Eichhörnchen zurück. Wenig später mischte sich der Duft von knusprig braunem Fleisch mit pikantem Curry.
Während des Essens vergaß Lysistrata fast die Kälte, spürte sie aber bald wieder, als das Feuer herunterbrannte. Ram bemerkte, daß sie zitterte, griff in ein Bündel und legte eine rohwollene Kachinjacke über ihre Schulter. Den Männern warf er Westen zu. Sie hüllte sich dankbar in die dicke, graue Wolle und zog ihre bloßen Zehen unter den Longyi. Schläfrig beobachtete sie, wie Friedlander Holz aufs Feuer legte und Kanaka die erste Wache übernahm. Ram sammelte Blätter als Unterlage, bedeutete ihr, einen Haufen zu nehmen und warf ihr eine Decke zu, die genau wie die Jacke gewebt war. Sie schlief ein, während sie noch überlegte, ob sie von einem schlafwandelnden Elefanten zerquetscht werden würde.
Am Morgen erwachte sie durch die unheimlichen Schreie der Gibbons. Die Lichtung war von dichtem Nebel erfüllt und, die Bäume waren geisterhafte Schatten in der betäubenden Kälte. Jeder Muskel schmerzte, als sie sich aufrichtete. Zwei Wollhaufen schnarchten auf der anderen Seite der Lichtung und Ram, der wohl die letzte Wache hatte, legte wieder Holz aufs Feuer. Er blickte auf, als sie zitterte. »Wenn dich die Natur ruft, solltest du jetzt antworten.«
Sie zog die Decken fester um sich und begab sich zum Fluß. Nachdem sie sich erleichtert hatte, tauchte sie eine Hand in das kalte Wasser und wusch ihr Gesicht. Ram tauchte plötzlich lautlos hinter ihr auf. Auf ihren erschreckten Schrei reichte er ihr einen Blechnapf mit heißer Eichhörnchenbrühe. »Frühstück«, sagte er kurz. »Der Reis kocht gleich.«
»Du brauchst nicht hinter mir herzuschleichen«, sagte sie ärgerlich. »Ich werde nicht nach Mandalay zurückrennen.«
»Raubtiere trinken in der Morgendämmerung. Es ist unklug, Toilette zu machen.« Mit geschultertem Gewehr ging er stromaufwärts.
Sie eilte zum Lager zurück. Als sie um eine Biegung des Pfades kam, schrie
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