Raniels Engelwelt
fahren müssen.
»Das ist leicht zu erreichen«, meinte Bill.
»Tatsächlich?«, fragte eine Frauenstimme von der Tür her. Es war natürlich Sheila, die sich herangeschlichen und unsere letzten Sätze gehört hatte.
Wir drehten uns um.
Sie schlenderte näher. Das Lächeln auf ihren Lippen ließ nichts Gutes erwarten.
»Wie ich hörte, habt ihr schon einiges herausgefunden«, sagte sie. »Aber ist das ein Fall für euch?«
Bill reagierte nicht. Er notierte sich bereits die Telefonnummer.
»Er könnte einer werden«, sagte ich.
»Aber bis jetzt ist doch nichts passiert? Abgesehen von einem Selbstmord. Dass sich jemand von einer Brücke vor einen fahrenden Zug stürzt, kommt immer wieder vor. Warum wollte ihr euch denn darum kümmern? Ich sehe da keinen Zusammenhang.«
»Mich haben schon immer Engel interessiert.«
»Klar, bei dir ist das auch etwas anderes. Aber Bill...«
»Hat einen Engel im Haus«, behauptete ich und grinste.
»Halte dich ja zurück, Geisterjäger.«
»Ja, ja, schon gut.«
Bill ließ sich nicht beirren. »Da müssen wir hin, und zwar so schnell wie möglich.«
»Bist du Polizist?«, fragte Sheila.
Er lachte leise. »Nein, aber so gut wie. Denk nur daran, dass durch mich erst alles in Bewegung gekommen ist. Da kann ich nicht kneifen und alles John überlassen.«
Sheila setzte sich auf die Schreibtischkante. »Was ist denn, wenn sich die Engel plötzlich als Teufel entpuppen?«
»Dann wissen wir, dass wir richtig sind«, sagte ich.
»Klar, du musst in das gleiche Horn stoßen.« Sie winkte ab. »Aber ich komme sowieso nicht gegen euch an. Außerdem brauche ich da nur an meinem Vater zu denken. Der hat ja in ähnlich großen Schuhen gelebt.«
Wir kannten Sheila ja. Sie musste immer ihre Bedenken loswerden. Letztendlich hatten wir immer getan, was wir wollten. Sie wusste auch, dass sich Bill an keine Leine legen ließ, und das Schicksal der Conollys, das die Familie immer wieder in magische Auseinandersetzungen zwang, war ihr ebenfalls bekannt.
»Wir sollten nicht dort hineinplatzen wie die Elefanten im Porzellanladen«, meinte Bill. »Ein Anruf wäre vielleicht nicht schlecht.«
Ich deutete auf das Telefon auf seinem Schreibtisch. »Dann mach mal.«
»Mit eingeschaltetem Lautsprecher?«
»Das versteht sich.«
Bill tippte die Telefonnummer ein und wartete ab, ob sich jemand meldete. Man musste mit allem rechnen. Mit einer Computerstimme, mit einem Anrufbeantworter oder mit einem banalen Text, der aus irgendwelchen abweisenden Worten bestand.
Viermal läutete es durch, dann wurde abgehoben. Und es war keine Computerstimme, die sich meldete und uns vertrösten wollte. Eine Frau sprach mit weicher Stimme, die schon bei der ersten Kontaktaufnahme beruhigen sollte.
»Haus der Engel, Weg zum Paradies – was kann ich für dich tun, mein Freund?«
Bill winkte mit einer Hand ab und hatte Mühe, sich ein Lachen zu verkneifen, während Sheila nur den Kopf schüttelte.
Er meldete sich und schaffte es sogar, seiner Stimme eine gewisse Weichheit zu verleihen.
»Ja, ähm... ich wollte fragen, ob das stimmt, was ich im Internet gelesen habe.«
»Jedes Wort, mein Freund.«
»Dann kann ich Kontakt mit dem Engel aufnehmen?«
»Ja – mit Elion.«
»Das ist wunderbar. Wenn er mir und einem guten Freund helfen könnte, würde uns das weiterbringen.«
»Verzeih, mein Freund, wenn ich so direkt frage, aber euch drücken Sorgen?«
»Ja. Und wir sind davon überzeugt, dass uns nur eine mächtige Kraft weiterhelfen kann. Zumindest könnte sie uns einen Rat geben, wie es weitergehen soll.«
»Das wäre möglich, mein Freund.«
»Und wie?«
»Kommt zu uns.« Der Aufforderung folgte ein leises Lachen. »Es scheint euer Glückstag zu sein, denn am frühen Abend ist eine Sitzung angesagt. Ihr seid herzlich dazu eingeladen, um euch einen ersten Eindruck zu verschaffen.«
»Oh, das haben wir kaum zu hoffen gewagt. Werden wir heute Abend den Engel sehen?«
»Nein, nicht doch. Nicht so schnell. Aber er wird anwesend sein. Er muss es, und er will es, denn auch seine Dienerin ist dabei.«
»Dienerin?«
»Sind wir nicht alle Diener der Geistwesen?«
»Ja, irgendwie schon. Aber ich denke, dass du von einer besonderen Dienerin gesprochen hast.«
»Das stimmt.«
»Es ist Pamela Parker?«, fragte Bill schnell.
Die Frau schien nicht überrascht zu sein, den Namen zu hören, denn sie sagte: »Ja, es ist Pamela. Sie ist das Medium, denn nur durch sie kann Elion seine guten Ratschläge
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