Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld
Rebus. »Ich bin noch an der Sache dran, Sir«, sagte er.
»Ja, das weiß ich. Der Chief Super hat mir alles erzählt.« Er hielt inne. »Wir möchten, dass Sie mit Cafferty reden.«
»Er wird nicht mit mir reden wollen.«
»Wir glauben schon.«
»Weiß er über Billy Bescheid?«
»Ja.«
»Und jetzt braucht er jemand, den er als Sandsack benutzen kann?« Lauderdale erwiderte darauf nichts. »Was soll uns das einbringen, wenn ich mit ihm rede?«
»Ich weiß es nicht genau.«
»Wozu dann überhaupt?«
»Weil er darauf besteht. Er will mit dem CID reden, und da auch nicht mit irgendwem. Er hat verlangt, mit Ihnen zu reden.« Schweigen in der Leitung. »John? Haben Sie was dazu zu sagen?«
»Ja, Sir. Das war heute ein sehr seltsamer Tag.« Er sah auf seine Uhr. »Und dabei ist es noch nicht mal eins.«
8
Big Ger Cafferty sah gut aus.
Er war schlank und durchtrainiert, trug ein weißes T-Shirt, dazu eine ausgeblichene Arbeitshose und neu aussehende Tennisschuhe. Er betrat den Raum, als sei er der Besucher und Rebus der Häftling. Der Schließer an seiner Seite war nicht mehr als ein gemieteter Lakai, der jeden Augenblick entlassen werden konnte. Cafferty drückte Rebus’ Hand eine Spur zu fest, versuchte aber nicht, sie ihm abzureißen – noch nicht.
»Strawman.«
»Hallo, Cafferty.« Sie setzten sich einander gegenüber an einen Kunststofftisch, dessen Beine am Fußboden festgenietet waren. Abgesehen davon deutete wenig daraufhin, dass sie in Barlinnie Jail waren, einem Gefängnis, das lange Zeit als besonders streng gegolten hatte, sich aber in letzter Zeit um einen besseren Ruf bemühte. Der Besuchsraum war sauber und weiß, und an den Wänden hingen ein paar Plakate zur Förderung der öffentlichen Sicherheit. Es gab einen billigen Aluminiumaschenbecher, aber auch ein Rauchverbotsschild. Rings um den Aschenbecher wies die Tischplatte einige Brandlöcher von Zigaretten auf.
»Hat man Sie also doch überredet zu kommen, Strawman?« Cafferty schien sich über Rebus’ Erscheinen zu amüsieren. Er wusste auch, dass Rebus sich, solange er seinen Spitznamen gebrauchte, ärgern würde.
»Tut mir Leid wegen Ihres Sohnes.«
Cafferty amüsierte sich jetzt nicht mehr. »Stimmt es, dass man ihn gefoltert hat?«
»In gewisser Weise.«
»In gewisser Weise?« Caffertys Stimme wurde lauter. »Bei Folter gibt’s keine halben Sachen!«
»Sie müssen’s ja wissen.«
Caffertys Augen funkelten. Seine Atmung war flach und gepresst. Er stand auf.
»Ich kann mich über den Laden hier nicht beklagen. Man hat heutzutage eine Menge Freiheiten. Ich hab festgestellt, dass man sich Freiheit kaufen kann wie alles andere auch.« Er blieb neben dem Schließer stehen. »Stimmt’s nicht, Mr. Petrie?«
Petrie war so klug, den Mund zu halten.
»Warten Sie draußen auf mich«, befahl Cafferty. Rebus folgte Petrie mit den Augen, bis er den Raum verlassen hatte. Cafferty sah ihn mit einem freudlosen Grinsen an.
»Nett«, sagte er, »so ganz unter uns.« Er begann sich den Magen zu reiben.
»Was wollen Sie, Cafferty?«
»Ich hab’s neuerdings mit dem Magen. Was ich will, Strawman? Folgendes.« Er stand vor Rebus, beugte sich dann vor und stützte sich mit den Händen auf dessen Schultern. »Ich will, dass der Scheißkerl gefasst wird.« Rebus starrte aus nächster Nähe auf Caffertys Zähne. »Ich kann’s nämlich nicht leiden, wenn irgendwelche Leute meine Familie ficken. Das ist schlecht für meinen Ruf. Niemand kommt mit so was durch … das wär schlecht fürs Geschäft.«
»Erfreulich festzustellen, dass der väterliche Instinkt so stark ausgeprägt ist.«
Cafferty ignorierte die Bemerkung. »Meine Männer haben die Jagd aufgenommen, klar? Und sie werden Sie im Auge behalten. Ich will Resultate, Strawman.«
Rebus schüttelte Caffertys Hände ab und stand auf. »Bilden Sie sich etwa ein, wir werden Däumchen drehen, nur weil das Opfer Ihr Sohn war?«
»Das würde ich euch jedenfalls nicht raten … das wollte ich klarstellen. Rache, Strawman, so oder so werde ich mich rächen. An wem auch immer.«
»Nicht an mir«, sagte Rebus leise. Er hielt Caffertys Blick stand, bis der die Arme ausbreitete und die Achseln zuckte, dann zu seinem Stuhl zurückkehrte und sich wieder setzte. Rebus blieb stehen.
»Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen«, sagte er.
»Schießen Sie los.«
»Hatten Sie Kontakt zu Ihrem Sohn?«
Cafferty schüttelte den Kopf. »Ich hatte Kontakt zu seiner Mutter. Sie ist eine gute Frau, zu gut für
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