Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld
Seattle.«
Rebus schüttelte den Kopf.
»Was ist?«
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Ich schätze, ich fühl mich einfach … auf dem Trockenen.«
Sie brauchte einen Augenblick, um den Witz zu kapieren.
21
»Caro, Gott sei Dank!«
Rebus war wieder in Fettes, an seinem Schreibtisch, und hatte es endlich geschafft, Caroline Rattray an die Strippe zu bekommen.
»Du rufst an, um für heute Abend abzusagen«, sagte sie kalt.
»Es tut mir Leid, es ist was dazwischengekommen. Arbeit, du weißt ja, wie das ist. Der Dienstplan nimmt nicht immer Rücksicht auf das Privatleben.« Ehe er weiterreden konnte, war die Leitung tot. Er legte den Hörer so behutsam auf, als sei er aus Zuckerguss. Dann bat er Kilpatrick, ihm fünf Minuten seiner Zeit zu widmen, und begab sich in dessen Büro. Wie immer, brauchte er nicht anzuklopfen; Kilpatrick winkte ihn durch die Glastür herein.
»Setzen Sie sich, John.«
»Ich stehe lieber, Sir, trotzdem danke.«
»Wo drückt der Schuh?«
»Als Sie mit dem FBI gesprochen haben, wurde da ein Mann namens Clyde Moncur erwähnt?«
»Soweit ich mich erinnere, wurden überhaupt keine Namen genannt.« Kilpatrick notierte sich den Namen auf seinem Block. »Wer ist das?«
»Ein Geschäftsmann aus Seattle, besitzt eine Fischfabrik. Ist möglicherweise außerdem ein Gangster. Er kommt auf Urlaub nach Edinburgh.«
»Nun ja, wir sind auf die Touristendollars angewiesen.«
»Und er könnte ein hohes Tier beim Shield sein.«
»Ach?« Kilpatrick unterstrich beiläufig den Namen. »Was ist Ihre Quelle?«
»Das würde ich lieber für mich behalten.«
»Ich verstehe.« Kilpatrick unterstrich den Namen noch ein letztes Mal. »Ich mag keine Geheimnisse, John.«
»Ja, Sir.«
»Schön, und was wollen Sie tun?«
»Ihn beschatten lassen.«
»Ormiston und Blackwood sind gut.«
»Wär mir lieber, wenn’s jemand anders täte.«
Kilpatrick warf seinen Stift hin. »Warum?«
»Wär mir einfach lieber.«
»Sie können mir vertrauen, John.«
»Das weiß ich, Sir.«
»Dann verraten Sie mir, warum Sie nicht wollen, dass Ormiston und Blackwood die Beschattung übernehmen.«
»Wir können nicht gut miteinander. Ich hab die Befürchtung, dass sie die Sache absichtlich vermasseln könnten, nur um mich dumm dastehen zu lassen.« Mit entsprechender Übung war es leicht zu schwindeln, und Rebus hatte jahrelange Übung darin, Vorgesetzte anzulügen.
»Das klingt für meine Begriffe nach Verfolgungswahn.«
»Vielleicht ist es das.«
»Ich hab hier ein Team , John. Ich muss mich darauf verlassen können, dass es auch als Team zusammenarbeitet.«
» Sie haben mich reingeholt, Sir. Ich habe nicht darum gebeten, hierher versetzt zu werden. Teams sperren sich anfangs immer gegen Neue – es läuft einfach noch nicht so richtig.« Dann spielte Rebus sein Ass aus. »Sie können mich ja auch jederzeit nach St. Leonard’s zurückversetzen.« Nicht, dass er das gewollt hätte. Er genoss die Freiheit, die er besaß, die Möglichkeit, zwischen den zwei Zentralen hin und her zu flitzen, ohne dass einer der zwei Chief Inspectors jeweils wusste, wo er sich gerade befand.
»Ist es das, was Sie wollen?«
»Das liegt nicht bei mir – was zählt, ist, was Sie wollen.«
»Ganz recht, und ich will Sie im SCS haben, wenigstens vorläufig.«
»Dann beauftragen Sie also jemand anders mit der Beschattung?«
»Sie haben bestimmt schon jemanden im Auge.«
»Noch zwei Leute aus St. Leonard’s. D.S. Holmes und D.C. Clarke. Sie arbeiten gut zusammen, sie haben so was schon gemacht.«
»Nein, John, wir wollen die Sache in den Händen des SCS lassen.« Was Kilpatricks Art war, seine Autorität geltend zu machen. »Ich kenne zwei gute Männer drüben in Glasgow, die unmöglich etwas gegen Sie haben können. Ich werd sie herholen.«
»Gut, Sir.«
»Sind Sie damit einverstanden, Inspector?«
»Ganz wie Sie meinen, Sir.«
Als Rebus aus dem Büro trat, steckten die zwei Stenotypistinnen gerade mitten in einer Diskussion über den Hunger und die Überschuldung der Dritten Welt.
»Je daran gedacht, in die Politik zu gehen, die Damen?«
»Myra ist im Stadtrat«, sagte eine von ihnen und deutete mit einem Nicken auf ihre Kollegin.
»Besteht eine Chance, dass ich meine Abwasserleitung gereinigt kriege?«
»Hinten anstellen!«, sagte Myra lachend.
Wieder an seinem Schreibtisch, rief Rebus Brian Holmes an und bat ihn um einen Gefallen; dann ging er den Gang hinunter auf die Toilette. Die Toilette war eines dieser architektonischen
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