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Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld

Titel: Rankin, Ian - Rebus - 06 - Blutschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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versuchte, genau nach Lehrbuch vorzugehen, und dann irgendwann zu improvisieren anfing. Das war einfacher. Wie sähen die Aufklärungsstatistiken auch aus, wenn man nicht gelegentlich ein paar Abkürzungen nähme?
    Er hatte von einer Telefonzelle am Ende der Straße aus Murdocks Nummer angerufen. Gemeldet hatte sich lediglich der Anrufbeantworter. Murdock war in der Arbeit. Rebus stieg aus dem Auto und versuchte es mit der Klingel. Wieder keine Antwort. Also schloss er sich selbst auf, so wie’s ihm ein alter Knacki, bei dem er in die Lehre gegangen war, einst beigebracht hatte. Einmal drin, stieg er flotten Schritts die Treppe hinauf – eher ein regelmäßiger Besucher als ein Eindringling. Aber es begegnete ihm ohnehin niemand.
    Murdocks Wohnung war nur durch ein vulgäres Sicherheitsschloss gesichert und deshalb leicht zu öffnen. Rebus schlüpfte hinein, schloss leise die Tür hinter sich und ging direkt in Murdocks Schlafzimmer. Er nahm nicht an, dass Millie die Diskette dagelassen hatte, aber man konnte ja nie wissen. Leute ohne Bankschließfächer verwechselten ihre Wohnung oft mit einem solchen.
    Der Briefträger war schon da gewesen, und Murdock hatte die Post auf dem ungemachten Bett liegen lassen. Rebus sah sie rasch durch. Es gab einen Brief von Millie. Der Umschlag, am Vortag abgestempelt, enthielt nicht mehr als ein paar Zeilen auf einem Blatt liniertem Papier.
    »Tut mir Leid, dass ich nichts gesagt habe. Ich weiß nicht, wie lange ich weg sein werde. Wenn die Polizei fragt, halt den Mund. Momentan kann ich Dir nicht mehr verraten. Ich lieb Dich. Millie.«
    Rebus ließ den Brief da liegen, wo er ihn gefunden hatte, und streifte sich ein Paar Gummihandschuhe über, die er Patience geklaut hatte. Er ging an Murdocks Arbeitstisch, schaltete den Computer ein und begann dann, die Disketten durchzusehen. Es gab Dutzende davon, in verschiedenen Plastikboxen und größtenteils etikettiert. Die meisten Etiketten waren mit einer schwarzen, krakeligen Handschrift beschriftet, bei der Rebus auf Murdock tippte. Bei den wenigen übrigen ging er davon aus, dass sie Millie gehörten.
    Diese nahm er sich zuerst vor, fand aber nichts, was ihn interessiert hätte. Die nicht etikettierten Disketten erwiesen sich entweder als leer oder beschädigt. Er kramte in Schubladen nach weiteren Disketten. Auf dem Fußboden an einer Seite des Bettes standen die Mülltüten mit Billys Sachen. Auch diese durchsuchte er. Murdocks Seite des Bettes war ein Chaos aus Büchern, Aschenbechern und leeren Zigarettenschachteln. Millies Seite hingegen sah erheblich ordentlicher aus. Sie hatte ein Nachtschränkchen, auf dem sich eine Lampe, ein Wecker und eine Tüte Halspastillen befanden. Rebus kauerte sich hin und öffnete die Klappe des Schränkchens. Jetzt begriff er, warum Millies Seite so ordentlich war: Das Schränkchen fungierte als Papierkorb. Er sichtete den Müll. Darunter befanden sich einige zusammengeknüllte gelbe Haftnotizen. Er hob sie auf und strich sie glatt. Es waren Mitteilungen von Murdock. Die erste enthielt eine siebenstellige Telefonnummer und darunter die Worte: »Warum rufst du die Kuh nicht an?« Als Rebus auch die anderen Zettel glatt strich, begann er zu verstehen. Es gab ein halbes Dutzend telefonische Nachrichten, alle von derselben Person. Rebus war die Nummer gleich bekannt vorgekommen, aber auf den übrigen Zetteln stand daneben in Druckbuchstaben auch der Name der Anruferin.
    Mairie Henderson.
    Als er in St. Leonard’s ankam, stellte er zu seiner Freude fest, dass Holmes und Clarke unterwegs waren. Er ging auf die Toilette und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Seine Augen waren noch immer gereizt, rot gerändert und blutunterlaufen. Patience hatte sie sich genau angesehen und dann die Prognose gestellt, dass er es überleben würde. Nachdem die Bremners zufrieden nach Hause gegangen waren, hatte sie ihm auch geholfen, sich das restliche Rot aus den Haaren und von den Händen zu schrubben. An seiner rechten Handfläche war allerdings noch etwas Farbe zurückgeblieben.
    »Cuchullain von der Roten Hand«, hatte Patience gesagt. Bei Licht betrachtet, war sie großartig gewesen. In Krisensituationen geht doch nichts über ärztliche Gelassenheit. Sie hatte es sogar geschafft, ihn zu beruhigen, als er spätabends mit dem Gedanken gespielt hatte, zu Caroline Rattrays Wohnung zu fahren und sie abzufackeln.
    »Hier«, hatte sie gesagt und ihm einen Whisky in die Hand gedrückt, »steck dich lieber selbst in

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