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Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition)

Titel: Rapunzel auf Rügen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Bieling
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mich wieder entfernen zu dürfen.
    Er kostete einen Schluck und ließ die Zunge über seine Lippen gleiten. »Hm …, auf den Punkt gekühlt.«
    Auf den Punkt gekühlt? Das bin ich auch! Ich nickte ihm freundlich zu. »Vielen Dank.«
    Er zwinkerte. »Nichts zu danken.«
    Als ich zum Tresen zurückkehrte, empfing mich Claudia mit einem übergroßen Grinsen. »Der ist ja so süß.«
    »Dann schnapp ihn dir doch«, erwiderte ich, unberührt von seinem Aussehen. »Kleiner Tipp: Er steht auf gut gekühltes Tonic-Wasser.«
    Sie kicherte. »Ach was, meinst du?«
    »Klar!«
    »Aber der glotzt doch nur dir hinterher.«
    »Ja und? Ich habe aber keinerlei Interesse an ihm.« Wahrscheinlich war er sowieso ein Kunstbanause, der keine Ahnung von Theater oder Operette hatte.
    Endlich ertönte das Schiffssignal. Wir waren an jener Stelle angelangt, wo Alfred Zapf seine dauerhafte Ruhe finden sollte. Seine Angehörigen sammelten sich auf Deck. Ich stellte mich absichtlich zwischen Ortrud und Antonio, um Claudias Liebesgequatsche zu entkommen. Aber noch wesentlich schlimmer empfand ich die Blicke des Blondschopfes, die regelrecht an mir klebten. Und das Unfassbare war, dass seine nicht die einzigen waren. Ein stämmiger Mann, ungefähr Ende vierzig, beäugte mich ebenfalls über den Rand seiner Brille. Seine Partnerin giftete mich dafür provokativ an, als könne ich etwas für die frivolen Blicke ihres Mannes.
    Brömme stand steif wie ein Pfahl neben dem Pfarrer und hielt tapfer die Urne, die eigentlich nicht die richtige war. Aber irgendwie hatte es keiner bemerkt. In seinem Gesicht konnte ich die Anspannung der bevorstehenden Zeremonie erkennen. Wenn Alfred Zapf erst an der goldenen Kordel im Wasser hängen würde, könnte es keine Beanstandung mehr geben. Ich starrte auf die Lippen desPfarrers, der munter alle guten Eigenschaften des Verstorbenen aufzählte. Dann hielt er inne und zitierte den Schnauzbärtigen aus den Reihen seiner Familie. »Getreu dem Wunsch des Verblichenen, bitte ich Sie, Hendrik Zapf, ihrem Vater die letzte Ehre zu erweisen.«
    Der Geistliche ergriff die Urne, segnete sie und übergab sie dem Sohn, der sich zu mir wandte. »Darf ich Sie bitten, mir zur Hand zu gehen?«
    Ich? Das ist ein Scherz, oder? Hilfesuchend blickte ich zu Brömme. Der war aber nur mit sich und seiner Haltung beschäftigt. Ein guter Kamerad für den Vormarsch in Kriegsgebieten und eine prima Zielscheibe für Möwenkacke.
    Zögerlich trat ich vor. »Ich bin gewiss keine gute Hilfe. Aber meine Kollegin hier ist es.« Ich drehte mich zu Claudia. »Stimmt’s?«
    »Ja klar, sehr gerne«, improvisierte sie sofort. Eines musste man ihr lassen, sie war weitaus findiger, als sie aussah. Blond ist eben doch nicht immer blöd!
    Hendrik Zapf musterte die Alternative. »Danke, aber ich hätte schon lieber Sie an meiner Seite.«
    Mist! Ich überlegte, wie ich mich aus der Situation stehlen könnte, sah aber keinen Ausweg, sondern nur in verkrampfte Gesichter, die mich anstarrten. Gut! Er hatte gewonnen. Aber er sollte sich ja nicht einbilden, dass ich die Urne seines Vaters anfassen würde. Und überhaupt, das gehörte bestimmt nicht zu meinen Aufgaben hier an Bord.
    »Okay! Was soll ich tun?«, fragte ich missmutig.
    Er winkte mich an seine Seite. »Ich möchte, dass wir beide meinen Vater an der Kordel ins Wasser lassen.«
    Gerade als ich die Kordel über die Urne auf meine Seite ziehen wollte, verhakte sie sich am nicht ordnungsgemäßzugedrehten Deckel und riss ihn herunter. Hendrik Zapf bückte sich, um ihn aufzuheben. Ich legte instinktiv meine Hand schützend über die offene Urne, um seinen Dad am Wegwehen zu hindern, worauf eine Windböe durch meine gespreizten Finger fuhr und Alfred Zapf ins Gesicht seines Sohnes blies. Die Familie blickte schockiert den herumwirbelnden Ascheteilchen des Verblichenen hinterher. Einige hatten dabei aufgesperrte Münder. Ich selbst konnte mich nicht rühren, während Hendrik Zapf die Reste seines Vaters aushustete. Er rieb sich übers Gesicht. »O Gott, ich kann nichts sehen.« Brömme stand immer noch pfeilgerade da. Die trompetenden Matrosen waren sichtlich überfordert und wechselten vor lauter Schreck von Beethoven zu Bach. Oder Mozart? Ich hatte keine Ahnung, was sie da plötzlich spielten. Ich wusste nur, dass irgendwer reagieren sollte, irgendwer etwas tun müsste. Aber wer?

Ein blinder Passagier
    Nachdem ich Hendrik Zapf zur Toilette begleitet hatte, um ihm beim Ausspülen seiner Augen zu helfen,

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