Rasheed, Leila
kultiviert und selbstsicher, und … sieht mindestens aus wie fünfundzwanzig!«
Annie dämpfte ihre Stimme zu einem Flüstern. »Sie trägt Make-up.«
»Nein!«
»Doch. Mensch, du bist aber auch so was von naiv, Rose!« Annie kicherte, und da konnte auch Rose sich nicht mehr halten.
»Worüber kichert ihr beide denn da?« Stella hatte sie eingeholt; sie wirkte verärgert. »Beeilt euch, sie sind jetzt in den Salon gegangen, und es gibt in der Halle immer noch eine Menge zu tun, bis alles perfekt ist.«
»Sie sind da!« Georgiana lief vom Salonfenster zu Ada zurück. »Ist mein Kleid in Ordnung?«
»Ja, natürlich«, beruhigte Ada ihre Schwester, aber auch sie hatte Herzklopfen. Jetzt war er gekommen, der Moment, jetzt würden sie den Menschen begegnen, mit denen sie von nun an ihr Leben teilten. Sie überlegte, ob sie stehen oder sitzen sollte. Wie würde sie souveräner, zwangloser wirken und zugleich freundlich? Zu spät. Sie hörte draußen Schritte und Stimmen, darunter die ihres Vaters und die einer Dame.
Cooper riss die Tür auf, verbeugte sich und trat zurück. Ada lächelte nervös, als ihr Vater hereinkam und hinter ihm eine große, sehr schöne Frau in einem gutgeschnittenen weinroten Reisekostüm, das ihre elegante Figur betonte. Um den Hals hatte sie, wie es aussah, einen ganzen Fuchsbau geschlungen, und ungeachtet der langen Autofahrt ließ sich an ihren Handschuhen nicht das kleinste Fleckchen entdecken.
»Mrs Fiona Templeton«, verkündete Cooper mit feierlichster Stimme.
Ada erschrak. Sie hatte nicht erwartet, dass ihre neue Stiefmutter so modisch wäre – oder so jugendlich. Jung genug, um noch einen Sohn zur Welt zu bringen, fragte sie sich zum ersten Mal. Kein Wunder, dass William so aufgebracht war.
Bevor sie ihre Gedanken sammeln konnte, fuhr Cooper fort: »Miss Charlotte Templeton.«
In den Salon trat eine junge Frau in Adas Alter. Vielleicht nicht ganz so schön wie ihre Mutter, stand sie ihr doch an Stil nicht nach und wusste sich wirkungsvoll zu präsentieren. Unter ihrem Hut sprangen freche goldene Locken hervor, und eine Saphirkette um ihren Hals ließ ihre Augen funkeln. Ada lächelte und ging auf sie zu, doch Charlotte erwiderte ihr Lächeln nicht.
»Master Sebastian Templeton«, verkündete Cooper als nächstes.
Auf Charlotte folgt ein junger Mann in Automobilistenkluft. Er ähnelte seiner Mutter noch stärker als seine Schwester, hatte ihren hohen Wuchs und ihre markant aristokratischen Züge. Ada kannte sich gut genug mit Herrenkleidung aus, um auf den ersten Blick zu sehen, dass seine Garderobe vom besten Schneider stammte. Sie war vielleicht noch edler als die seiner Schwester, zeugte vom selben Gespür für Mode und zudem von echtem Geschmack.
Cooper spähte unauffällig um die Ecke, als erwarte er noch eine weitere Person, und zog sich dann mit einer Verbeugung zurück.
»Es ist mir eine große Freude, dass ich meine zukünftige Frau nach Somerton Court bringen kann.« Lord Westlake strahlte Mrs Templeton warmherzig an. Ada sah, dass er ihr wirklich zugetan war. »Das sind Sir William und Lady Edith.«
Mrs Templeton lächelte höflich. William brummte Unverständliches, Lady Edith sah beiseite. Mrs Templeton schien sich an dem Mangel an Begeisterung nicht zu stoßen. Aber Ada wand sich vor Peinlichkeit über den Mangel an Manieren. Sie schluckte und trat vor.
Sie hatte sich den Kopf zerbrochen, wie sie die Braut ihres Vaters begrüßen sollte. Ihre ersten Worte an Mrs Templeton sollten warm und freundlich sein, damit sie sich herzlich aufgenommen fühlte, aber nicht übertrieben vertraulich. Sie waren trotz allem immer noch Fremde. »Wir sind sehr glücklich, Sie auf Somerton willkommen zu heißen, Mrs Templeton«, sagte sie und blickte zu ihr auf. »Vor allem möchte ich Ihnen dafür danken, dass Sie Papa so glücklich machen. Wir haben uns gefragt, wie Sie wohl von uns angeredet werden möchten. Mutter, oder Mrs Templeton, oder …«
Mrs Templeton lachte. »Lady Westlake, meine Liebe – das ist schließlich mein Titel oder wird es in ein paar Tagen sein.« Sie tätschelte Ada abwesend den Kopf, während ihr Blick zu Georgiana hinüberwanderte. Dann sah sie wieder ihren Verlobten an. »Die beiden sehen wirklich sehr jung aus, nicht wahr! Man würde nie glauben, dass sie demnächst debütieren sollen.« Sie nahm Lord Westlake am Arm und zog ihn zu den Fenstern hinüber. »Du musst mir die Außenanlagen zeigen, Edward. Darauf habe ich mich schon so
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