Rasheed, Leila
gefreut.«
Ada verschlug es die Sprache. Sebastian blickte sich mit einem leicht zynischen Lächeln um.
»Das ist also Somerton«, näselte er. »Ich muss schon sagen, ein stattlicher Kasten. Da überrascht es mich nicht, dass Mutter sich so heftig in Lord Westlake verliebt hat.«
»Sehr hübsch – für ländliche Verhältnisse«, seufzte Charlotte und bewegte sich ein paar Schritte auf ihre Mutter zu. Dann setzte sie sich in einen Sessel, wo das Licht ihre Züge schmeichelnd umfloss, spielte mit ihrer Kette und öffnete anmutig ein ganz klein wenig die Lippen, während sie aus dem Fenster sah. Edith schaute noch grimmiger drein, wandte sich gänzlich ab und begann, auf einen ihrer Möpse einzugurren, der hechelnd auf dem Kaminläufer lag.
Sebastian betrachtete seine Schwester mit gekräuselten Lippen. »Charlotte, diese Pose ist vorzüglich einstudiert«, sagte er. »Du würdest eine prachtvolle Statue abgeben. Viel angenehmer als das Lebendmodell.«
Er wandte sich Ada zu, die heftig errötet war, und beugte sich elegant über ihre Hand. »Egal, wie es meine Mutter hält – ich hoffe jedenfalls, Sie werden mich als Ihren Bruder betrachten. Bei mir besteht großer Bedarf nach einer neuen, edleren Schwester.«
Charlotte runzelte die Stirn. »Ach Seb, wie lächerlich du bist.«
Ada war völlig verunsichert. Sebastian wollte sicher nett zu ihr sein, aber es wäre nicht auszudenken, wenn er mit ihr genauso umspränge wie mit Charlotte. Mit derselben unbekümmerten Unverschämtheit. Sie überlegte fieberhaft, wie sie die peinliche Stille beenden könnte, aber diese Sorge wurde ihr abgenommen.
»Hallo, Mutter!«, kam ein aufgebrachter Ruf von draußen. »Wo steckst du denn?«
Ada zuckte zusammen und drehte sich zur Tür, die von einem gepeinigt aussehenden Cooper geöffnet wurde.
»Master …«, setzte er an, musste aber schleunigst beiseitetreten, als ein aufsässig wirkender Junge an ihm vorbeilief.
»Michael. Michael Templeton«, beendete der Junge selbst die Vorstellung. Er lief zum Sofa, warf sich darauf und zog sich die ins blonde Haar hochgeschobene Schutzbrille herunter. Dann nickte er in die ungefähre Richtung von Ada und Georgiana. »Hallo. Gibt’s hier irgendwas zu essen? Ich bin am Verhungern.«
Ada wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, vor allem, nachdem sie Coopers Miene gesehen hatte, als er die Tür hinter Michael schloss.
»Ich – äh – ich lasse gleich Tee bringen«, sagte sie rasch und drückte auf die Klingel. Verstohlen suchte sie Georgianas Blick. Georgiana sah leicht entsetzt aus. Sie brauchten gar nicht miteinander zu sprechen. Es war klar, dass die Templetons ziemlich gewöhnungsbedürftig waren.
7
Rose eilte Stella hinterher, die Wendeltreppe hinauf zu Lady Adas Zimmer. Stella war erst ein paar Tage da und schien sich schon besser zurechtzufinden als Rose. Für Rose war alles neu. Sie hatte nie einfach durch den von der Familie bewohnten Teil des Hauses laufen dürfen und als Hausmädchen fast ausschließlich im Souterrain gearbeitet. Das Kaminfeuer im Zimmer der Herrschaften hatte immer Annie angezündet. Für Rose war es, als befände sie sich auf einem ganz neuen Somerton Court.
Stella drückte Lady Adas Tür auf. In ihrem selbstsicheren Lächeln lag etwas, was Rose unruhig machte. Sei nicht albern, wies Rose sich zurecht. Stella und sie waren nun gleichgestellt, das hatte Stella selbst zu ihr gesagt. Rose musste es nur noch glauben. Sie ließ ihren Blick durch das Zimmer wandern, das nun bewohnter aussah. Lady Ada hatte ein abgelegtes Kleid über das Bett geworfen, und auf dem Fensterbrett lagen aufgeschlagene Bücher.
»Es stimmt zwar, dass es viel zu lernen gibt und du in keiner Weise darauf vorbereitet bist, aber du darfst dich nicht entmutigen lassen«, sagte Stella. »Wir haben alle mal klein angefangen.«
»Ich bin dir sehr dankbar«, sagte Rose und meinte es auch so. Sie sah diesen Raum jetzt durch die Augen einer Zofe, die wusste, wie die Londoner Damen leben, und spürte die ganze Verantwortung ihrer zukünftigen Aufgaben.
Stella rümpfte die Nase, als sie sich umsah. »Ich weiß nicht, Rose, ob die Tatsache, dass diese jungen Damen so sehr an das ländliche Leben gewöhnt sind, deine Arbeit leichter oder schwerer macht. Du wirst sicherlich Mühe haben, sie elegant herauszuputzen. Du musst sie davon überzeugen, sich ein paar neue Kleider zuzulegen – diese tristen alten Baumwolldinger machen überhaupt nichts her. Die würde ich nicht mal selber
Weitere Kostenlose Bücher