Rashen - Einmal Hölle und zurück: Roman (Neobooks) (German Edition)
passierte einen der großen Wandspiegel und ließ meinen Blick auf meiner imposanten Erscheinung verweilen. Kurze, dunkelbraune Haare, ordentlich zur Seite gekämmt, schwarzes Hemd, schwarzes Sakko, eine passable Anzugshose und schwarze Lederschuhe, die mich ein Vermögen gekostet hatten. Was tat man nicht alles für ein brauchbares Aussehen.
Meine rotglühenden Augen waren hinter dunkelbraunen Kontaktlinsen verborgen, eine Erfindung, die sich in den letzten Jahren bezahlt gemacht hatte.
Als ich schließlich den Speisesaal erreichte, wurde ich von zwei bulligen Security-Männern aufgehalten. Ich konnte das angeregte Geplauder vernehmen, dreizehn besetzte Plätze und ein leerer Stuhl, der darauf wartete, von mir in Beschlag genommen zu werden.
»Ihre Einladung«, brummte einer der beiden, während der andere damit beschäftigt war, möglichst böse aus der Wäsche zu schauen. Ich seufzte gekünstelt, griff in die Innenseite meines Sakkos und holte entspannt die Einladung hervor.
»Chaske de Andiel?«, fragte der Dämon mit hochgezogenen Augenbrauen und musterte mich eindringlich, als bestünde die Möglichkeit, dass ich mich jeden Augenblick in meinen Bruder verwandelte.
»Ich muss Sie leider enttäuschen. Mein Name ist Rashen de Andiel. Ich bin Chaskes Bruder. Er ist leider verhindert, wenn Sie mich also bitte hereinlassen würden.«
Ich machte Anstalten, den Speisesaal zu betreten, als der andere der beiden Aufpasser sich in meinen Weg stellte. Die Arme vor seiner breiten Brust verschränkt, grimmiger Ausdruck, der Mund eine einzige Abwehrlinie. »Herzchen. Du machst einen Fehler. Ich habe mir diesen Tag schon jahrelang ausgemalt, und ein toter Security-Arsch gehört nicht in meine Vorstellung. Aber wenn du es so willst. Ich an deiner Stelle würde einfach Platz machen«, versuchte ich es.
Keine Reaktion. Warum wollten es alle nur immer auf die harte Tour wissen?
»Rash!«
Die durchdringende Stimme meines Fürsten ließ die beiden Hampelmänner zusammenzucken, als wären sie zwei schmierige Aasgeier. Was ja auch zutreffend war.
Dann tauchte Pragaz auch schon in der offenen Tür auf. Er trug ein purpurrotes Seidenhemd, schwarze Hosen und einen dunklen Ledermantel. Die roten Augen waren, anders als meine, nicht hinter Kontaktlinsen verborgen, und das schäbige Grinsen, das er aufgesetzt hatte, schien mir irgendwie verrutscht.
Na, alter Mann, überrascht?
»Komm doch herein und speise an unserer Tafel.«
»Sehr gerne.«
Ich schloss zu Pragaz auf, der auf mich wartete und dabei mit einem zuckenden Augenlid seine Anspannung verriet. Dennoch war er von einer solch bösartigen Macht umgeben, dass ich mich am liebsten in seine Arme gekuschelt hätte. Was ich mir jedoch verkniff.
»Ich habe dich nicht erwartet, Rashen. Wo ist dein Bruder?«
Endlich war der Moment gekommen. Die Schmach, nicht zu einem Dinner erschienen zu sein, die höchste Ehre eines Dämons meinem Bruder genommen zu haben, war prickelnder als der beste Orgasmus. All die Demütigungen, die ich aufgrund meines Bruders hinnehmen musste, fanden in diesem einen Augenblick ein jähes Ende.
Die süße Verführung, die von meinen nächsten Worten ausging, ließ meinen Körper vor Freude vibrieren.
»Er hat die Einladung nie erhalten, mein Fürst. Ich komme an seiner Stelle.«
Pragaz wirkte verblüfft. Schließlich nicke er zufrieden.
»Gut.«
Wir erreichten die Tafel, die mit den feinsten Köstlichkeiten gedeckt war und an der bereits die besten Sieben gemeinsam mit den Fürsten speisten. Pragaz hatte dieses Jahr das Privileg, das Mitternachtsdinner austragen zu dürfen. Es gab noch einen freien Platz, neben meinem Fürsten und Jetrel, einem weiteren Fürsten, der die Gebiete im Nahen Osten betreute.
Ich zog den Stuhl zurück und bemerkte, wie sie mich alle anstarrten. Was denn, noch nie einen Dämon gesehen, der uneingeladen zum Mitternachtsdinner erschien?
Ich grinste siegessicher, nahm Platz und griff nach einer Hasenkeule, die sich in meiner unmittelbaren Nähe befand. Die Gespräche waren verstummt, alle Augen ruhten auf mir.
»Lasst euch von mir nicht stören«, sagte ich ungeniert mit vollem Mund und grinste verschlagen in die Runde.
Bei den Fürsten, tat das gut! Das war besser als jeder verdammte Traum, den ich von diesem Moment gehabt hatte. Wahnsinn!
»Wer ist das?«, fragte Turel, der chinesische Fürst, und sah dabei verwirrt in die Runde. Mit seinen Schlitzaugen und dem Doppelkinn hatte er etwas von einem Außerirdischen.
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