Rashminder Tage 02 (German Edition)
Komm, lass uns in den Nebenraum gehen. Cael, geh und wasch dich.“
„Ja, Meister.“ Cael wusch sich sorgsam, wie man es ihn gelehrt hatte, Haare, Ohren und Fingernägel eingeschlossen. Sein Herr verlangte ständig, dass er sich waschen sollte, vor allem dann, wenn er Gespräche führte, die nicht für Caels Ohren bestimmt waren.
Den Füßen widmete er besondere Aufmerksamkeit, da Naxander fixiert darauf war, jeden Krümel zu finden, der sich zwischen die Zehen setzen mochte. Keine Stunde später kamen die beiden zurück, mit allen Anzeichen, dass sie handelseinig geworden waren.
„Sieh mich an!“, befahl sein neuer Herr sanft. Er hob Caels Kinn an und zwang ihn so, zu ihm aufzublicken.
„Mein Name ist Lark der Größere. Komm mit mir.“
„Cael, sieh mich an.“ Er war mittlerweile größer als Lark, doch in seiner zusammengesunkenen Haltung musste er dennoch den Kopf heben, um ihm zu gehorchen.
„Karchos ist in sein Versteck an der Küste zurückgekehrt. Was er dort will, weiß ich nicht, und es muss dich nicht weiter kümmern. Töte ihn, sobald ihr die Artefakte gesichert habt. Es wird dir helfen, das spüre ich, mein Junge.“
„Er hat mich nicht gerne verletzt …“, murmelte Cael geistesabwesend, bevor es ihm endlich gelang, sich zusammenzureißen.
„Muss Natt wirklich mit? Er behindert mich möglicherweise.“
„Du brauchst ihn, falls deine Gedanken im falschen Moment zu wandern beginnen, und noch viel mehr um abzuhauen, wenn es wirklich brenzlig wird. Du hast keinen eigenen Splitter.“ Lark erhob sich, als Cael aufsprang.
Ja, er war nie in den erlauchten Kreis aufgenommen worden, da er sich Lark niemals so weit hatte öffnen wollen, wie es dafür notwendig gewesen wäre. Nur diejenigen, denen er vollkommen vertrauen konnte, bekamen ein solch unbezahlbares Artefakt. Überall hingehen zu können, an jeden Ort der Welt, das war ein Machtfaktor, der den Charakter jedes Menschen auf eine harte Probe stellte. Selbst Eryk war nie bis an diesen Punkt gekommen, auch wenn er zumindest dafür ausgewählt worden war.
„Ich behindere dich nicht, du hast mein Wort“, sagte Natt hinter ihm. „Ich weiß, du bist es gewohnt, allein zu arbeiten. Du wirst mich kaum spüren und musst keinerlei Verantwortung für mich tragen.“
„Schon gut.“ Cael nickte fahrig. „Wann geht’s los?“
Lark lächelte hintergründig. „Wann immer du willst.“ Er legte eine Landkarte auf den Tisch, winkte ihm zu und verschwand grußlos durch die Wand.
„Sollen wir also?“, murmelte Natt mit vor der Brust verschränkten Armen. Einen irrationalen Moment lang wollte Cael nichts sehnsüchtiger, als von diesen Armen umfangen zu werden. Sich halten lassen, anlehnen, Ruhe finden. Kein Sex, einfach nur ein wenig Sicherheit genießen.
Er schüttelte diese unsinnigen Sehnsüchte ab. So etwas hatte er nie gewollt, niemals gebraucht, wo kam das denn ausgerechnet jetzt her? Irgendetwas war anders an Natt. Anders als bei allen anderen Menschen.
„Ja, lass uns losziehen. Desto schneller haben wir es hinter uns.“
Warum bloß klang der Gedanke, Natt loszuwerden, so vollkommen falsch?
~~*~~
„Aufwachen!“
Es klang unfreundlich. Kaiden wusste, er kannte die Stimme, die ihn anherrschte, während ihn jemand erbarmungslos durchschüttelte, aber er wollte es nicht wahrhaben. Lark der Kleinere war ihm nie ein Freund gewesen, nicht so wie dessen großer Bruder. Trotzdem hatte er ihm blind vertraut.
„Warum?“, fragte er mit geschlossenen Augen. Er erhielt keine Antwort, wurde allerdings losgelassen. Kaiden war schwindelig, zweifellos eine Folge dieses betäubenden Nebels. Eindeutig Fluchmagie. Da Torgen dafür nicht in Frage kam und die anderen Fluchmagier von Rashmind keiner zweiten Erwähnung wert waren, blieb nur Varel. Der gehörte zu Karchos dem Wiesel, welcher wiederum mit Naxander zusammenarbeitete. Es war niederschmetternd, wie alle Wege und Schicksale immer wieder zu Naxander führten. Hassenswert, aber unmöglich zu ändern.
Kaiden hörte Schmerzlaute, die eindeutig von Eryk stammten. Wütend riss er die Augen auf und sah Lark den Kleineren, der über Eryk kniete und ihn ebenso hart schüttelte wie zuvor Kaiden. Bevor Kaiden aufspringen und diese Made zerquetschen konnte, wie es ihm sein unbändiger Zorn diktierte, wurde er hinterrücks gepackt und zu Boden gedrückt. Ein kurzes Gefecht folgte, bei dem Kaiden unterlag.
„Halt still, du Wicht!“
Die Stimme klang vage vertraut. Sehr vage.
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