Rashminder Tage 02 (German Edition)
Fröhliche Erinnerungen waren damit nicht verbunden. Ein Blick über die Schultern zeigte, dass einige von Naxanders Schlägern mit von der Partie waren. Keine Magier, nur Krieger, die schon früher als Leibwächter fungiert hatten. Kaiden erinnerte sich an den Mann, der ihm fast den Arm auskugelte. Der Kerl war ihm in Naxanders Landhaus begegnet. Er hatte geholfen, Eryk festzuhalten, während man ihn, Kaiden, in das Verlies verschleppt hatte, wo er einem Dämon begegnen sollte.
Erschöpft ließ er den Kopf sinken. Seit Monaten beherrschte Naxander ihr Leben. Allmählich verlor er die Kraft, sich ihm widersetzen zu wollen, und wäre es nicht für Eryk, hätte er gewiss längst aufgegeben. Kaiden hörte seinen Liebsten wild schimpfen:
„Gebt mir ein Schwert, ihr Bastarde und stellt euch zu einem halbwegs ehrlichen Kampf. Mit dreien von euch nehme ich es jederzeit auf! Bei allen verfluchten dreigehörnten Schattenfressern, ich schlag euch zu Brei, wenn ihr nicht die dreckigen Pfoten von mir lasst!“
Es folgten einige Flüche, die Kaiden unwillkürlich zum Lächeln brachten. Gleichgültig, dass sie gerade in einer ausweglosen Situation feststeckten, gefangen von Naxanders Schergen, verraten von jemandem, dem sie vertraut hatten, verschleppt an einen Ort, den er nicht kannte – Eryk war sein Lebenselixier, seine Stimme zu hören machte ihn froh.
Kaiden blickte sich um, soweit das in seiner Haltung möglich war. Er lag auf trockenem Erdboden, umgeben von Bäumen. Es war heller Tag, Kaiden spürte Wärme, er roch die würzige Luft von Laubbäumen und sommerlich blühendem Untergehölz. Der Komet war weiterhin wirksam, Kaiden konnte seine Magie nicht nutzen. Es schien ihm aber, als wäre der Fluss der Energien nicht so weit entrückt wie gestern. Der kosmische Einfluss schwand, in zwei, vielleicht drei Tagen sollte alles wieder normal sein.
Vielleicht würde er es sogar erleben, dachte Kaiden düster.
Der Landstrich, in dem sie sich hier befanden, zeigte keinerlei Anzeichen dafür, dass er unter Schnee oder sonstigen Wetterverwirrungen hatte leiden müssen. Was bedeutete, sie waren weit fort von Rashmind. Kaiden erblickte Farne und niedrige Gewächse, die ihm fremd waren, und unmittelbar vor seiner Nase krabbelten einige schwarze Käfer über den mit altem Laub und trockenen Zweigen bedeckten Boden, die er tatsächlich nie zuvor gesehen hatte. Er war kein Experte für Pflanzen- und Tierwelt, doch jeder Magier musste sich bis zu einem gewissen Grad damit auskennen. Sie waren wirklich weit fort von daheim …
„Willkommen in Onur“, sagte Lark der Kleinere in diesem Moment mit seiner typisch leidenschaftslosen Stimme. Vermutlich ein Familienerbe.
„Wir befinden uns, um genau zu sein, auf dem Besitz der edlen Fürsten von Corlin.“
Kaidens Kopf schnellte in die Höhe. Diesmal wurde er nicht aufgehalten, darum setzte er sich auf, kämpfte die Übelkeit zurück, die ihm die schnelle Bewegung nach der Ohnmacht bescherte und starrte auf das prächtige Schloss in etwa dreihundert Schritt Entfernung. Es wirkte trutzig und etwas düster, nicht so verspielt wie die üblichen Adelsschlösser in Laymark, doch das war leicht zu verstehen. Schließlich musste man in Laymark nicht täglich damit rechnen, eine feindliche Armee vor den Toren zu finden. Über den hohen Türmen und Zinnen wehte eine Fahne mit dem Wappen der Corlin. Kaiden konnte den springenden Berglöwen nicht aus dieser Entfernung ausmachen, zweifelte allerdings nicht an Larks Worten.
„Warum sind wir hier?“, fragte er verblüfft. Ein erneuter Blick über die Schulter zeigte, dass Naxander nirgends zu sehen war. Ob er in dem Schloss auf sie wartete? Vermutlich.
Eryk lag mit bleichem Gesicht am Boden, die Lider fest zusammengepresst. Ihm war sichtlich übel, deutlich schlimmer, als es Kaiden erwischt hatte. In Lebensgefahr schien er nicht zu schweben, trotzdem genügte es, um Kaidens brüllende Wut weiter anzufachen. Knurrend ballte er die Fäuste und gab alles, um sich zu beherrschen. Es half niemandem, wenn er jetzt durchdrehte. Als er wieder ruhig atmen und die Welt klar erkennen konnte, entdeckte er Lark. Der lehnte inzwischen mit dem Rücken zu ihnen an einen Baum und musterte das Schloss. Er schien Kaidens Aufmerksamkeit zu spüren, denn er drehte sich zu ihm um und begegnete ihm mit ausdruckslosem Blick. Dann zuckte er die Schultern.
„Ihr beide kennt Fürst Lyskir von Corlin. Er wird von seinem eigenen Vater gefangen gehalten. Rettung ist
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