Rashminder Tage 3 (German Edition)
als wäre er stundenlang ausgepeitscht worden. Bewegen war unmöglich, so viel Kontrolle besaß er noch lange nicht über sich selbst.
„Wiesel, schau, er hat die Augen auf! Das war wirklich schnell, keine zwanzig Minuten“, hörte er jemanden irgendwo über sich sagen.
„Du bist an Schmerz gewöhnt, hm?“, sprach Karchos, der nun wieder vor ihm auftauchte. „Ich hatte schon Opfer, die nach der ersten Kostprobe für sechs Stunden oder länger ausgeschaltet waren. In weniger als einer Stunde hat es bislang noch niemand geschafft, um richtig klar zu werden.“
Karchos Gesicht verschwamm, er fühlte mehr, als dass er erkannte, dass das Wiesel nun ernst machen wollte. Kostprobe, ihr Götter!
„Ich denke, ich kann dir jetzt einige Fragen stellen, ohne dass du mich mit tapferem Widerstand ermüden wirst? Beginnen wir ganz einfach mit deinem Namen. Wie heißt du?“
„Nathanael“, stieß Natt mühsam hervor. Er wollte verdammt sein, wenn er diesem Schwein den Namen überließ, mit dem seine Freunde ihn riefen! Lieber hätte er gelogen oder ganz geschwiegen, aber dafür fehlte ihm tatsächlich die Kraft. Der bloße Gedanke, noch einmal durch diese Niederhölle getrieben zu werden …
„Hast du einen meiner Leute getötet, als du Cael geholt hast?“
„Nein.“
„Hast du Cael getötet?“
Natt blinzelte verwirrt, doch erst als Karchos die Frage geduldig wiederholte reagierte sein betäubter Verstand. Anscheinend wusste Karchos nicht, dass Cael sich einen Heilstein hatte schnappen können und ging darum davon aus, dass sie ihn mitleidig erlöst hatten. Nun, und dass ein menschliches Wesen nach solcher Folter noch irgendwie bei Verstand bleiben konnte, war auch mit vollem Magieeinsatz kaum zu glauben.
„Bist du noch bei mir, Nathanael? Hast du Cael umgebracht?“
„N-Nein“, stammelte Natt.
Karchos nickte, ohne weiter nachzuhaken.
„Nun zu den schwierigeren Fragen. Warum bist du hier? Was plant Lark?“
Seufzend schloss Natt die Augen. Diese Frage konnte er nicht beantworten, der Fluch verhinderte es.
Karchos sprach weiter, verlangte etwas über den Splitter zu erfahren, stellte andere Fragen aller Art, aber Natt hörte nichts mehr. Er war gefangen in seiner aufsteigenden Panik, wartete mit zusammengepresstem Kiefer, um das Zähneklappern zu unterdrücken, auf die Rückkehr des Schmerzes. Als dieser ihn ansprang wie eine Bestie und schier endlos durchschüttelte, verbrannte, in Stücke fetzte, hatte Natt nichts mehr entgegenzusetzen und er war dankbar, als er in den Abgrund von Dunkelheit und Ohnmacht gerissen wurde.
Kapitel 6
Natt war unfähig, den Kopf zu heben oder auch nur die Lider zu öffnen, als er zu sich kam. Karchos hatte ihm vier Mal unmenschliche Grausamkeit angetan. Zumindest, soweit er wusste. Alles verschwamm zu undeutlichem Nebel in seiner Erinnerung. Lediglich die beiden ständig wiederholten Fragen stachen wie leuchtende Mahnmale hervor:
Warum wurdest du hierher geschickt?
Warum kann ich den Splitter nicht benutzen?
Natt wusste nicht, was er Karchos alles gesagt hatte, um ihn davon zu überzeugen, dass er diese Fragen aufgrund des Fluches nicht beantworten konnte, gleichgültig, wie gern er es getan hätte. Rausgebrüllt, geheult, gejault, gewimmert – das war vermutlich treffender als gesagt .
Ihr Götter, er war schwächer als eine Maus und es gab keinen einzigen Fleck seines Körpers, der nicht schmerzte. Selbst Zähne und Nägel schienen zu glühen.
Verflucht, warum hatte er nicht den Sicherheitsabstand zu Cael gehalten, wie man es ihm mühsam beigebracht hatte? Wie ein Anfänger war er dicht bei ihm geblieben und war deshalb von der Fluchmagie getroffen worden. Er hatte sich gesorgt, dass Cael Fehler machen könnte, darum war er so nah aufgerückt. Andernfalls hätte er mithilfe des Splitters entkommen können. Stattdessen hatte man ihm das verdammte Ding aus dem Nacken geschnitten …
Lark sollte das Fluchdings ändern lassen. Sinnlos zu verbergen, dass die Splitter geeicht sind …
Jeder Splitter wurde magisch auf seinen Träger eingeschworen, sodass nur dieser solch ein mächtiges magisches Artefakt benutzen konnte. Ausschließlich Torgen war in der Lage, das zu ändern. Wäre das allgemein bekannt gewesen, hätte Karchos ihm zumindest eine Frage weniger stellen müssen.
Er hatte Durst. Solch verzweifelten Durst, nachdem er sich die Lungen aus dem Hals gebrüllt hatte. Natt hätte geweint, wenn ihm so viel Kraft zur Verfügung stehen würde. Könnte er
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