Rashminder Tage 3 (German Edition)
Erbarmen gezeigt!
Hastig beendete Kaiden sein Werk, indem er die Überreste der magischen Fesseln zu einem Ball zusammenknetete. Ein wenig ratlos, was er mit dieser Masse an kostbarer Energie anfangen sollte, blickte er auf seinen Körper hinab.
„Hm, ich hab zu lange nicht mehr geatmet.“ Er legte kurz entschlossen den Ball auf der Brust seines Leibes ab und konzentrierte sich darauf, ihn als Heilmagie einfließen zu lassen. Das war eine gute Entscheidung, denn er spürte die Schäden, die durch den Mangel an Luft und Herzschlag bereits entstanden waren.
Zugleich wurde ihm bewusst, dass da etwas war, das ihn von seinem Körper fortziehen wollte.
Oha … jetzt aber schnell, sonst kann ich nicht mehr zurück und sterbe tatsächlich!, dachte er.
Was recht verlockend klang, so recht überdacht. Diese sorglose, unbeschwerte Leichtigkeit ohne all diese sterbliche Mühsal war wundervoll. Sich nie wieder um Nahrung, Luft, Schlaf oder Wärme sorgen müssen, keinen Schmerz oder Leid zu fürchten, jede Art von Angst hinter sich lassen zu dürfen … Alle Kämpfe vergessen, über Niederlagen lächeln, Siege missachten …
Doch ein Blick auf seinen trauerzerrütteten Geliebten brachte Kaiden dazu, die Augen zu schließen und sich zurückzuwünschen. Die Liebe wollte er nicht vergessen. Sie war ihm wichtiger als Erlösung.
Fasziniert erlebte er, wie er immer schwerer wurde, wie er in seinen natürlichen Körper einsank. Es wurde dunkel und still um ihn herum – war das richtig so?
Ich will lieben … leben … Ist fast dasselbe, denke ich …
Kapitel 15
„Eryk?“
Jemand rüttelte an seiner Schulter. Lys. Er wollte sicher, dass Eryk aufhören sollte zu flennen wie ein Klageweib und sich endlich der Realität stellte. Der Welt, die so schlagartig ihre Sonne verloren hatte. Ein Leben ohne Kaiden, das wollte Eryk sich nicht einmal vorstellen, geschweige denn führen! Sein geliebter Kobold, der ihn verzaubert hatte, der ihm Licht und Wärme und Glück mit einem Lächeln zu schenken wusste … Den er begehren konnte, mit dem er stritt und lachte und gemeinsam träumte … Der alles war, was Eryk jemals hatte haben wollen … Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr. Warum hat das nicht gereicht, um dich zu retten?
„Eryk, sieh doch nur, bitte!“
Nun rüttelte ihn Kirian von der anderen Seite mit. Schien wichtig zu sein. Vielleicht brannte das Schloss.
Unwillig hob Eryk den Kopf und starrte über die Schulter zur Liege, der er den Rücken zugewandt hatte. Seine Freunde starrten fassungslos auf Kaiden hinab. War etwas mit ihm …
Eryk wollte hoch- und herumfahren, was Kirian offenkundig zu langsam ging – er packte ihn und zerrte ihn mit brutaler Kraft auf die Füße.
Mittlerweile hatte Eryk allerdings einen Moment zum Überdenken gehabt. Er wollte Kaidens Leiche nicht ansehen! Er wollte ihn in Erinnerung behalten, wie er im Leben gewesen war. Unbeholfen versuchte er, sich loszureißen.
„Nun lass dich nicht so hängen, Mann!“, grollte Kirian gereizt. Zu matt, um sich zu wehren, ließ Eryk es geschehen, wandte schicksalsergeben den Kopf, um anzuschauen, was ihm das Liebste auf der Welt gewesen war – und versank in moosgrünen Augen, die müde zu ihm hochblinzelten.
Kaiden.
Er atmete.
Lebte.
Bewegte sich.
Das war ein Trugbild, ein Traum! Es musste so sein. Er hatte gespürt, wie Kaiden gestorben war, hatte das Erlöschen seiner Lebenskraft miterlebt, seine letzten Worte und Gedanken gehört!
Mit zitternden Händen berührte er das so geliebte, vertraute Gesicht, das keine Spur mehr vom Todeskampf trug. Es war heil und rosig. Ein sicheres Zeichen für eine Illusion!
Eryk fühlte Wärme. Er sah, wie Kaidens Brust sich unter ruhigen Atemzügen hob und senkte. Bemerkte den Hauch eines unverschämten Koboldlächelns.
„Wie …?“, begann er, schüttelte dann hastig den Kopf. „Magie, klar. Magie. Ich … ich kann dich nicht mehr innerlich spüren. Bist du … ist das …?“
Kaiden hob eine Hand und legte sie sacht auf Eryks Arm. Diese Bewegung allein schien ihn schon alle Kraft gekostet zu haben, die er noch besaß, so wie er vor Überanstrengung bebte, und dennoch lächelte er weiter.
„Musste alle Flüche aufheben“, wisperte er so rau, dass es fast nicht zu verstehen war. „Tut mir leid … so leid. Waren verstrickt. Torgen kann die Bindung neu schaffen, oder ich auch, sobald ich ausgeschlafen bin. Tut mir leid, ich musste erst sterben, um weiterleben zu können.“
Schwach wie ein
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