Rashminder Tage 3 (German Edition)
gerade geborenes Kätzchen lag Kaiden da und strahlte ihn an.
Eryk wusste nicht, ob er ihn küssen oder erwürgen wollte. Stattdessen streichelte er ihm unentwegt über die Wangen, während er etwas suchte, was er jetzt sagen konnte. Oder half, sich wenigstens zu entscheiden, ob er verrückt war, das hier für echt zu halten? Es durfte einfach keine Illusion sein, es würde ihn endgültig zerstören.
Dass er sicher war zu verstehen, was Kaiden mit seinem Gestammel hatte ausdrücken wollen, war vermutlich ebenfalls ein Zeichen von Wahnsinn.
„Ich glaub, ich brauch was andres zum Anziehen“, murmelte Kaiden. „Und ein Schluck Wasser zum Trinken. Und eine Decke wäre ganz gut, mir ist kalt.“
„Du bist gierig, Kleiner.“ Eryk küsste ihm zärtlich die Stirn und barg seinen Kopf an Kaidens Schulter, um nicht völlig grundlos von neuem loszuheulen. Er war glücklich, erleichtert, verwirrt, und ja, rundum glücklich. Kein Grund zum Weinen, oder? Ihm war bestimmt etwas in die Augen geraten, darum tränten sie jetzt.
„Danke. Danke, dass du so gekämpft hast“, flüsterte Kaiden hauchleise. Er lächelte noch einmal matt, als Eryk den Kopf hob, um ihn anzusehen, dann fielen ihm die widerspenstigen Lider zu. Rasch wurden seine Atemzüge langsamer und tiefer, er war eingeschlafen. Wie üblich würde es vermutlich mindestens eine Feuersbrunst brauchen, um ihn vorzeitig zu wecken. Eryk barg das Gesicht wieder in Kaidens Halsbeuge, um die Tränen zu verbergen. Man hatte ihn in den letzten Stunden genug weinen sehen, noch mehr beschämen wollte er sich wirklich nicht. Außerdem war er müde, und trennen konnte er sich auch nicht. Wer garantierte ihm, dass Kaiden nicht einfach aufhörte, lebendig zu sein, sobald er ihn losließ?
Lys war es, der ihn letztendlich überredete, seinen Liebsten den treusorgenden Händen zweier Diener zu überantworten.
„Sie werden sich um ihn kümmern, du musst dich jetzt ausruhen.“
Dass Eryk bloß stumm nickte und wortlos mitziehen ließ, zeigte ihm selbst, wie erschöpft er wirklich war.
~*~
„Wir benötigen eure Hilfe, sobald ihr beide wieder bei Kräften seid“, sagte Lys sehr ernst, als sie sich in der Halle niederließen, in der sie bereits gefrühstückt hatten. Eryk wurde ein Becher mit heißem Tee gebracht. Hatte er heute Morgen nicht bereits Tee getrunken? Er wusste es nicht mehr. Das Frühstück und dieses herrliche Liebesspiel danach, es musste in einem anderen Leben gewesen sein.
Kopfschüttelnd versuchte er, sich zusammenzureißen und Lys zuzunicken, der ihn aufmerksam beobachtete.
„Wie können wir euch helfen?“, fragte er.
„Das weiß ich noch nicht genau“, erwiderte Lys. „Wir haben einen gemeinsamen Feind und müssen so bald wie möglich handeln. Krieg steht auf der Schwelle, Bürgerkrieg in Onur und Krieg gegen Irtrawitt, falls es zum Schlimmsten kommt.“
Eryk setzte an, etwas zu erwidern, wurde allerdings von einem Diener unterbrochen, der zu ihnen eilte.
„Euer Edelgeboren, vor den Toren steht ein Priester, der darum bittet, mit Euch sprechen zu dürfen, und zwar unverzüglich.“
„Welcher Priester?“, fragte Kirian, der unbehaglich das Gesicht verzog. Wer konnte es ihm verübeln, nachdem er durch die Hand von Priestern so vieles hatte erleiden müssen?
Eryk stöhnte auf, als ihm klar wurde, um welchen Mann es sich handeln musste, der dort Einlass begehrte. Gleichzeitig mit Lys rief er laut:
„Lark!“
Kapitel 16
Natt hob schwach den Kopf. Irgendjemand schien ihn stundenlang als Prügelsack missbraucht zu haben, so, wie er sich fühlte. Sein rechter Arm war taub und ließ sich nicht bewegen. Das zugehörige Bein spürte er zwar, bewegen konnte er es allerdings auch nicht. Etwas Schweres lag darauf. Oder wohl eher ein Jemand, kein Etwas, er nahm Bewegungen wahr. Sehen konnte Natt nichts, aber er hörte Meeresbrandung und Wind irgendwo unter sich, und Atemgeräusche. Nicht seine eigenen.
Seufzend legte er den wie wild hämmernden Kopf wieder ab und versuchte sich zu erinnern, wo er war. Und warum er hier war und sich wie der Überlebende einer epischen Schlacht fühlte.
Durch den Nebel, der seine Gedanken verschleierte, drang lediglich die Gewissheit, wer es sich dort auf seinem Bein gemütlich gemacht hatte: Cael. Nur er hatte Grund, ihm körperlich so nah zu kommen.
Alles andere blieb verborgen, sah man von dem Empfinden ab, dass es besser so war, wenn nichts davon jemals wieder in seiner Erinnerung auftauchen
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