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Rasputins Erbe

Rasputins Erbe

Titel: Rasputins Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norah Wilde
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lang ziemlich erbärmlich.
    Sie suchte nach der obligatorischen Karte und fand sie in einem separaten Umschlag an der Außenseite des Papiers, das eindeutig von einem Vollprofi um die kunstvoll zusammengesteckten Blumen gelegt worden war.
    In einem Regal stand zufällig noch die verstaubte Vase, die sie im letzten Jahr gebraucht hatte, als ihr damaliger fester Freund Thomas ihr ebenfalls Blumen auf die Arbeit geschickt hatte. Damals waren es tatsächlich Rosen gewesen.
    Als die Blumen sicher verstaut waren, setzte Julia sich wieder hin und nahm den Zettel aus dem Briefumschlag.
    Liebe Julia,
    Katarina hat mir gehörig den Kopf gewaschen und mir klargemacht, dass wir uns nochmal treffen sollten. Ohne Vorurteile und ohne Erwartungen.
    Wie wäre es mit einem zweiten „Meeting“ am Samstag? Du kannst dich spontan entscheiden, ich werde jedenfalls brav ab 18:00 Uhr in der Hotelbar vom Excelsior auf dich warten. Alexej
    Julia war überrascht, so bald von der Gromow-Familie zu hören. Und dass der Chef sich persönlich meldete (es war eindeutig eine Männerhandschrift), war ein gutes Zeichen, obwohl sie gravierende Schwierigkeiten hatte, seine Sauklaue zu entziffern.
    Sie wusste dennoch nicht, was sie davon halten sollte und beschloss, Peer erst später mitzuteilen, dass die Friedensverhandlungen, wie er es nannte, scheinbar wieder aufgenommen wurden.
    Außerdem konnte sie nicht einordnen, ob sich Alexej wegen ihr oder wegen dem Deal gemeldet hatte. „Wenn er Katarina erwähnt, wird es wohl eher ums Geschäftliche gehen. Andererseits ist die Nachricht doch recht persönlich und warum hat er das Wort 'Meeting' in Anführungszeichen gesetzt?“, fragte sich Julia beklommen. Sie fürchtete, dass es sich hierbei um ein weiteres Spiel handeln könnte und sie wusste mittlerweile, dass sie bei dieser Art Spielen fast immer auf der Verliererseite stand.
    Sie widmete sich vorerst ihrer Schreibtischarbeit, um weiter darüber nachzudenken. Während sie die von Deniz ausgearbeiteten Grafikkonzepte für ein anderes Werbeprojekt sichtete, meldete sich ihr Email-Programm mit einem dezenten Piepser.
    Nach einem Blick auf ihre Armbanduhr – es war rasend schnell Mittag geworden – öffnete sie die Email und beschloss, danach in die Pause zu gehen.
    Julia war nicht auf das gefasst, was sie in der Mail erwartete und nachdem sie den Inhalt der kurzen Nachricht geschluckt hatte, knallte sie den Deckel ihres Laptops angewidert zu.
    „Diese arrogante Schlampe.“
    Sie schnappte sich ihren Mantel und rauschte aus dem Büro, um frische Luft zu schnappen.
    Julia ging zu ihrem Lieblingskiosk und besorgte sich wie üblich einen Kaffee. Das Wetter war bescheiden und die Straßen trotz eifriger Räumungsarbeiter, die hier und da Schnee schippten und Streusalz verteilten, immer noch glatt und voller Schneematsch. Immer wieder kam erst Schnee herunter, dann wieder Nieselregen. Ein typischer deutscher Winter, hatte Deniz am Vortag gemeint. Es stimmte.
    Julia trottete vorsichtig am Neumarkt entlang und dachte über die Email nach. Wie hatte sie es formuliert?
    „Das nächste Mal wirst du Lilien bekommen, wenn er dein Grab besucht. - A.“
    Spionierte ihr diese Wahnsinnige mittlerweile hinterher? Vermutlich hatte Alexej sie damit beauftragt, die Blumen zu besorgen und ihr zukommen zu lassen, dachte Julia alarmiert.
    Langsam fand sie das alles nicht mehr besonders komisch. War die Mail eine ernstzunehmende Drohung oder wollte sie ihr wieder einmal nur Angst machen?
    Warum machte sie sich die Mühe, bloß mit ihrer Initiale zu unterschreiben? A wie Annabelle. „Naja, eher A wie Arschloch“, dachte Julia zornig.
    Diese Frau schaffte es doch tatsächlich, ihr immer wieder aufs Neue die Laune zu vermiesen. Aber in diesem speziellen Fall erleichterte ihr die Drohung eine wichtige Entscheidung. Sie würde am nächsten Abend auf jeden Fall in die Hotelbar gehen und sie würde dem Spuk ein für alle Mal ein Ende bereiten.
    Ohne es zu merken war sie in die Fußgängerzone eingebogen und stand nun vor einer der wenigen im Schneematsch übriggebliebenen Auslagen. Es handelte sich um ein Haushaltswarengeschäft und Julia beäugte offenbar seit einiger Zeit die sechsteilige Messerkollektion, die als reduziert ausgezeichnet war. Als sie aus ihrem kleinen Tagtraum erwachte, spürte sie einen stechenden Blick und realisierte, dass eine der Verkäuferinnen sie argwöhnisch beobachtete, so als ob Julia gleich durchdrehen und mit einem der Messer Amok laufen

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