Rasputins Erbe
würde.
Sie ging weiter und wunderte sich über ihr Unterbewusstsein, dass eindeutig eine schnelle, einfache und im Zweifel blutige Lösung ihres Problems mit Annabelle suchte.
Sie hätte auch einfach zur Polizei gehen können, aber sie hatte in Wirklichkeit immer noch nichts gegen Annabelle in der Hand. Sie kannte sich mit Computern zwar nicht sonderlich gut aus, war aber doch gut genug informiert, um zu wissen, dass man den Absender einer Email ganz einfach fälschen konnte.
Genau diese Vorgehensweise hatte sie nämlich vor einigen Monaten brennend interessiert, als sie in einem Anflug von Eifersucht herausfinden wollte, wie ihr damaliger Freund auf Emails von fremden Frauen reagieren würde. Es gab keine fremden Frauen, also erfand Julia welche, um Thomas' Grenzen auszutesten. Sie war damals kläglich gescheitert. Thomas hatte nicht ein einziges Mal angebissen.
Eben dieses Verhalten hatte schließlich dazu geführt, dass sie einen Psychologen aufsuchte – aber das war eine andere Geschichte und Julia war nicht danach, sich noch länger in nostalgischen Traumwelten zu verstecken.
Sie wendete sich an ihre beste Freundin, um ihr von ihrem Plan zu erzählen. Nicht, um Bestätigung zu suchen, sondern um Stärke zu zeigen.
„Hey! Du hast dich am Mittwoch ja gar nicht mehr gemeldet. Uuund, wie war es bei Balu? Konntest du dich entspannen?“, fragte Verena fröhlich, denn sie hoffte auf gute Neuigkeiten. Man konnte hören, dass sie breit grinste, als sie auf Julias Abenteuer mit Balu anspielte.
Julia antwortete nicht direkt, sondern balancierte erst einmal den Kaffee, das Handy und ihren eigenen, bereits ein wenig steif gefrorenen Körper über eine besonders große Pfütze und brachte sich unter einem der großen Schirme vor einem Billig-Schuhgeschäft in Sicherheit.
„Ja, ich war da. Ja, wir hatten Sex. Ja, es war gut. Ja, ich bin entspannt.“ Julia hakte Verenas erste Frage und die vermutlich folgenden Fragen schnell ab, um zum Thema zu kommen. „Hör mal, deshalb rufe ich gar nicht an.“
„Ach nein? Ist etwas passiert?“ Verena klang ein wenig enttäuscht.
„Nein, nicht wirklich“, aber Julia verbesserte sich sofort. „Naja, schon. Irgendwie. Ich kann es noch nicht richtig einordnen. Alexej hat mir Blumen ins Büro geschickt“, platzte sie schließlich heraus. Als sie es aussprach, wurde ihr ein wenig wärmer und die gute Laune kehrte langsam wieder zurück.
„Ja, das ist doch klasse!“ Verena war begeistert, obwohl sie erst vor ein paar Tagen dazu geraten hatte, den verrückten Russen in den Wind zu schießen.
„Das weiß ich eben noch nicht. Wer weiß, was der im Sinn hat. Es scheint jedoch ums Geschäft zu gehen. Immerhin hat er in seiner Blumennachricht seine Ex erwähnt. Katarina, also Frau Gromow, kümmert sich ja um die rechtlichen Angelegenheiten in seiner Firma. Vermutlich geht es nur um den Werbedeal.“
„Und, gehst du hin?“, fragte Verena gespannt.
„Ja, klar“, meinte Julia. Sie spürte ihr ursprüngliches Selbstbewusstsein zurückkehren.
„Allerdings weiß ich absolut nicht, was ich anziehen soll. Wir treffen uns – halt dich fest! - wieder in einer Bar. Diesmal im Excelsior .“
Verena stöhnte leise und Julia ahnte, dass sie ein wenig neidisch war.
„Ach komm, du darfst doch ohnehin keinen Alkohol trinken“, sagte Julia aufmunternd.
„Alkohol? Die Bar interessiert mich nicht, aber wenn ich mir vorstelle, was für tolle Betten die wohl haben... Du musst unbedingt aufhören, mir ständig von deinen frivolen Abenteuern zu erzählen!“ Verenas Stimme klang nicht streng und Julia wurde selbst ein wenig albern.
„Wie bitte? Du hast mich doch dazu gedrängt, auf Balus Schoß zu hüpfen!“
Sie unterhielten sich noch solange, bis Verena meinte, dass sie auflegen müsse, weil Matthias nach Hause gekommen wäre. „Du musst mir aber unbedingt erzählen, wie es gelaufen ist. Und diesmal rufst du auch wirklich an!“, fügte sie streng hinzu.
Julia ahnte bereits, dass sie ihre Mittagspause längst überzogen hatte. Es konnte also nicht wirklich schaden, wenn sie sich auf dem Weg zurück ins Büro noch einen Kaffee besorgte. Einen, der nicht nach der verkalkten Wasserleitung im Büro schmeckte.
Die drei oder vier Minuten, die sie benötigte, um sicher vom Neumarkt zur FemediaX GmbH zu gelangen, verbrachte sie grübelnd.
Sie war Balu extrem dankbar. Er hatte ihr die Augen geöffnet. Obwohl sie in letzter Zeit überhaupt keine Lust auf irgendeine Art von Beziehung
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