Rasputins Tochter

hatte - stellte er die Kirche unter seine Kontrolle, ermunterte Männer, sich zu rasieren, und verlangte von seinen Untertanen, sich mit drei Fingern zu bekreuzigen, nicht vier - die Alten Gläubigen brachen von der Staatskirche weg und flohen bis nach Sibirien, und als sie sich noch immer gejagt fühlten, über die Aleuten in unser entferntestes Territorium, nun im Besitz der Amerikaner. Andere geheime Sekten waren nicht so weit gegangen; man konnte sie entlang vergessener Flüsse und in fernen Dörfern finden. Obwohl niemand die Mitgliedschaft oder sogar Wissen aus erster Hand zugab, hörte man regelmäßiges Flüstern von den Skoptsy , die an Kastration als den Weg, mit sexuellen Gefühlen umzugehen, glaubten, die Duchobory , die als pazifistische „Glaubenskämpfer“ bekannt waren, die Subbotniki , deren Religion irgendwo zwischen Christenheit und Judaismus fiel, und die, hieß es, Nekromantie ausübten, die Molokans , die die Göttlichkeit des Zaren ablehnten, indem sie Milch an Fastentagen tranken, und viele andere. Vor nicht langer Zeit hörte ich eine Gruppe von Frauen direkt in unserer Wohnung darüber reden, dass ganze Dörfer, wo persönlicher Besitz als sündig verurteilt wurde und deren Einwohner als eine große Familie lebten. Vermutlich besaßen und bearbeiteten die Bauern die Felder gemeinschaftlich, und sowohl die Monarchie als auch der Kapitalismus wurden verurteilt. Sogar noch schockierender, es gab keine Priester, nur Leute aus dem Volk, die den Kirchengottesdienst leiteten.
    Aber während jeder Russe von den Sekten wusste und über sie erregenden Teetischklatsch über sie austauschte, gab niemand offen zu, ein Sektierer jeglicher Art zu sein. Darum war ich von Madame Lochtinas Behauptung, dass eine Chlyst radenije heute Nacht, gleich hier in der Hauptstadt, stattfand, so beeindruckt. Konnte es wirklich von einer Gruppe von Fürsten und Herzögen, Gräfinnen und Baronessen bestehen. Als ich ihr durch die Dunkelheit folgte, hätte ich wahrscheinlich Angst haben sollen, aber es kam mir nie in den Sinn. Stattdessen begann ein seltsames Gefühl der der Erheiterung in mich einzudringen.
    Als Madame Lochtina dahineilte, platzte sie plötzlich heraus, indem sie sagte: „Nazareth war nicht einmalig. Nein, überhaupt nicht einmalig!“
    Weil niemand wusste, was sie hochgehen ließ, hatte Papa mir immer befohlen, sie z meiden, damit sie keine Tirade losließ. Aber heute Nacht war es mir egal. Tatsächlich wollte ich alles hören, alles sehen.
    „Was meinen Sie?“, fragte ich.
    „Ich rede natürlich über die Geburt. Die eine dort in Nazareth, als Gott als Mensch geboren wurde!“ Sie schüttelte den Kopf, als ob sie versuchte, einige böse Gedanken wegzuschütteln. „Es passierte nicht nur einmal, weißt du. Es konnte nicht.“
    Indem ich versuchte, sie am Reden zu halten, sagte ich: „Natürlich nicht.“
    „Genau. Die Geburt - es wird die ganze Zeit wiederholt. Sobald man sich unterwirft, sobald man die Macht des Heiligen Geists erkennt, das heißt, wenn es passiert. Ein neuer Christus ist geboren! Ein neuer Christus, der die Kranken heilen und die Zukunft sehen kann! Ein neuer Christus, der uns alle am Tag des Jüngsten Gerichts retten kann!“
    „Ja, ich habe gehört, dass das ein Hauptglaube der Chlysty ist -“
    Sie wirbelte zu mir herum wie ein verrückt gewordenes Tier, schnappte mich beim Arm, ihre Augen in Flammen stehend. Zu Tode erschrocken blickte sie nach jemandem hinter uns, der uns die verlassene Straße hinunter vielleicht folgte.
    „Pst! Es gibt Dinge - Namen -, die du nie erwähnen darfst! Niemals!“ Sie zog einen ihrer zerlumpten Handschuhe herunter, schob meinen Ärmel hinauf und senkte ihre rissigen Fingernägel in mein Handgelenk. „Niemals!“
    „Ja.“ Ich zuckte zusammen.
    Ich versuchte, meinen Arm aus ihrem schmerzhaften Griff zu ziehen, aber sie ließ mich nicht frei. Tatsächlich zog sie mich näher und presste ihre Lippen nahe an mein Ohr. Ich zuckte zusammen, als ihr unangenehmer, dampfender Atem gegen meine kalte Haut strömte und lief wie alter Tee meinen Kragen hinunter.
    „Einige nannten uns früher das Dorschvolk, aber unser wahrer Name ist dies.“ Sie überprüfte wieder die Straße, um sich zu vergewissern, dass wir nicht beobachtet wurden, und dann drückte sie ihre trockenen, rissigen Lippen direkt an mein Ohr und flüsterte: „ Christowschtschina “, der Christusglaube, „das ist unser wahrer Name, obwohl du ihn nie sprechen