Rasputins Tochter
sibirisch war, hatte ich mir angewöhnt, den Aristokraten zu folgen und sie mit ein bisschen französischem Importessig zu besprenkeln.
Ich träumte auch vom letzten Mal, als wir alle Rasputins zu Hause und um den Esstisch versammelt waren. Unsere Eltern hatte Wodka getrunken, während wir Kinder, als eine ganz besondere Leckerei, den Birkensaft schlückchenweise tranken, den wir an jenem Nachmittag in Rindenbehältern gesammelt hatten. Und die Freude ehrend, dass wir alle zusammen waren, hatte Mama zwei besondere pelmeni in den Topf fallen lassen, einen mit Salz gefüllt, in dem anderen hatte sie ein Ein-Kopekenstück versteckt. Mit Entzücken hatte Warja in die Münze gebissen, aufgeregt durch das Omen, sicher, dass es bedeutete, ihre Noten würden gut werden. Ich war froh, zu entdecken, wie meine Mutter heimlich den mit Salz gefüllten Knödel meinem Bruder hinschob, denn als der einfältige Dmitri hineinbiss, johlte er vor Entzücken.
„Viel Glück für ein Jahr!“, schrie er, ein Lächeln breitete sich über sein breites, pickeliges Gesicht. „Viel Glück wird mir für ein Jahr folgen!“
Und als ich mit süßen Erinnerungen aufwachte, war ich überhaupt nicht überrascht, meine Augen der Dunkelheit zu öffnen. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war - Nacht oder Tag - aber als ich herumrollte und nach Papas hohen Stiefeln griff, kam meine Hand leer hoch. Mit einem Ausbruch an Panik schlug meine Hand überallhin und fand nichts. Als ich zu Bett gegangen war, hatte ich die Stiefel gleich dort auf den Fischgrätparkettboden gestellt, nicht wahr? Eine schreckliche Vorahnung streifte durch meine Seele.
Von irgendwo in der Wohnung hörte ich Bewegung, und durch eine einen Spalt offene Tür sah ich einen Lichtstrahl. Mutter Gottes, erkannte ich, Papa hatte sie hier hereingeschlichen und seine Stiefel gefunden, und nun machte er sich fertig, um auszugehen. Im Bruchteil einer Sekunde war ich vollkommen wach, warf die dicke Decke zur Seite, sprang aus dem Bett und eilte barfuß aus unserem Zimmer. Wie spät war es? Wohin ging Papa?
Ich wehte den Flur hinunter wie ein fürchterlicher Wind. Papas Tür war halb offen, das Zimmer glühte in einem sanften Rot von der Ikonenlampe, aber er war nicht dort. Wohin im Namen des Teufels war mein Vater gegangen? Und wo war Dunja? Mich umdrehend, ging ich weiter und steckte meinen Kopf in das Arbeitszimmer und fand es leer, eilte dann durch den dunklen und verlassenen Hauptsalon. Während ich die Ränder meines Nachthemds hochhielt, schoss ich zur Haustür, die fest verschlossen war. Als ich auf die Haken blickte, die die Wand säumten, sah ich, dass Papas schicker Pelz weg war.
Aus der Küche kamen schlurfende Geräusche. Vielleicht mied Papa die Sicherheitsagenten, indem er hinten hinausschlich? Keine Zeit verschwendend, ging ich durch das Esszimmer und in die Küche, wo die einzige Glühbirne oben brannte. Aber da war niemand. Und dann hinter dem Vorhang hervor hörte ich feines Rascheln.
„Dunja?“, rief ich.
„Maria, bist du das?“, antwortete sie von ihrem Klappbett. „Mein Kind, was machst du jetzt auf? Weißt du nicht, dass es mitten in der Nacht ist?“
„Wo ist Papa?“
„Ausgegangen.“
„Ausgegangen? Wohin? Wann?“
Es gab mehr Rascheln und ein Stöhnen, als Dunja sich aufrappelte. Eine Sekunde später wurde der Vorhang zur Seite geschoben. Das Nachthemd über ihren üppigen Busen umklammernd, blickte Dunja auf die Uhr und dann mich an.
„Maria, meine Liebe, du musst zurück ins Bett gehen. Es ist -“
„Ich muss mit meinem Vater sprechen!“, verlangte ich.
„ Milaja maja dewotschka “, mein liebes junges Mädchen, „es noch nicht einmal nach Mitternacht, und du hast nur eine Stunde geschlafen. Also wirklich, du musst zurück ins Bett. Es würde keinen Sinn haben, dich krank werden zu lassen!“
„Ging Papa alleine aus?“
„ Njet .“
O Gott, dachte ich. „Kam jemand ihn abholen? Wer? Wer ging mit ihm fort?“
„Was ist los, Maria? Warum bist du so nervös?“ Wie eine beruhigende Mutter fuhr Dunja mit einer ihrer Hände durch mein Haar. „Alles ist in Ordnung, mein Kind. Er ging nur mit Fürst Felix aus, das ist alles.“
„ Oi “, stöhnte ich und riss mich von ihr los.
„Was ist los? Alles ist prima. Die beiden haben für heute Nacht seit einiger Zeit Pläne gehabt. Da ist nichts Ungewöhnliches daran, wirklich. Ich lag auf meinem Bett und hörte alles. Der Fürst kam zur Hintertür hierher und läutete an, dein Vater
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