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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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führen musste. Und doch konnte er sich einer gewissen
Autorität seines studierten Gesprächspartners nicht entziehen.
    Zum letzten
Mal sah Fürst auf die Uhr und klatschte in die Hände. »So, meine Herren, ich glaube,
das war’s jetzt. Alle weiteren Fragen stellen Sie bitte meinem Anwalt. Ich kann
mich nicht erinnern, jemals außereheliche Kinder gezeugt zu haben. Weiters kenne
ich diese Leute aus den Medien nicht, noch weiß ich von sogenannten Lebensbornheimen.«
    Martin begann,
innerlich zu kochen und fürchtete, gleich leugne der Alte auch noch den Holocaust.
Dann holte er zu einem letzten Schlag aus. »Stimmt es eigentlich, dass Sie im Krieg
als Euthanasiearzt Kinder getötet haben? Wie viele waren es denn, oder haben Sie
irgendwann nicht mehr mitgezählt? Für die Wissenschaft und fürs Vaterland; darüber
musste doch sicher Buch geführt werden, oder nicht? Ihre Doktorarbeit ist noch heute
zu bekommen, wenn man möchte. Wie hieß doch gleich das Thema?« Martin tat, als müsse
er nachdenken. Doch er hatte die Überschrift noch deutlich vor Augen. »Anwendung
und Wirkungsweise von Luminal bei Tuberkulose . Wie viele Kinder haben Sie
mit Luminal umgebracht, hm?«
    Fürsts Selbstsicherheit
begann zu schwinden. »Ich weiß wirklich nicht, worüber Sie reden, und ich finde
es eine Unverschämtheit, dass Sie mich an meiner Geburtstagsfeier damit behelligen.«
    Martin verlor
die Beherrschung. »Wissen Sie was, Herr Fürst? Solche Leute wie Sie kotzen mich
an. Sie mögen vielleicht viele Jahre lang ein guter Arzt gewesen sein, eine Menge
Kohle gescheffelt und der Wissenschaft angeblich einen Dienst erwiesen haben, das
mag alles sein – aber in meinen Augen sind Sie nichts weiter als ein gemeiner Mörder,
der unschuldige Kinder umgebracht hat, nur weil sie behindert oder einfach nur anders
waren und Ihrer Meinung nach kein Recht auf Leben hatten.« Martin stand auf und
blickte auf Fürst herab. Er genoss diesen Moment. Er war der Ansicht, dass die Gerechtigkeit
nach solchen Worten verlangte, selbst wenn es ihn seinen Job kosten würde. Er hob
den Zeigefinger und fuchtelte Fürst damit vor der sonnengebräunten Nase herum. »Und
wenn Sie noch so ein hohes Tier sind – ich kriege Sie, darauf können Sie sich verlassen.«
Martin atmete schwer und wandte sich zur Tür. Dieses Gespräch hatte seine letzten
Kraftreserven des Tages verbraucht. »Bleiben Sie sitzen, wir finden den Weg.«
    Maximilian
begleitete die Beamten zur Tür. Sein Kopf war rot wie die Rose, die auf einem Beistelltischchen
im Flur in einer edlen Vase stand. »Das wird ein Nachspiel haben, meine Herren,
das ist Ihnen wohl klar.«
    Martin drehte
sich zu ihm um, als er auf dem Treppenabsatz stand, und kam ihm auf wenige Zentimeter
nahe. Ȇber meinen Verdacht zu Ihrer Beteiligung in diesem Spiel haben wir
heute Abend noch gar nicht geredet, aber das holen wir auf dem Präsidium nach, mein
Lieber. Darauf können Sie sich jetzt schon freuen. So, und nun wünsche ich Ihnen
noch einen schönen Abend.«
    Martin drehte
sich um und stieg in den Wagen ein, der im Glanz der anderen dort stehenden Autos
verblasste.

Kapitel 42
     
    Hamburg-Altona, 10. November
2010
     
    »Lügner, die ganze feine Gesellschaft«,
schnaubte Martin in die Dunkelheit hinein.
    Werner lenkte
den BMW nach Hamburg zurück, während sich Martin auf den Beifahrersitz fläzte. Sein
Magen knurrte und die Augen brannten. Seit geraumer Zeit hatte er keine Zigarette
mehr geraucht. Er mimte den wackeren Abstinenzler, doch die Lust auf Nikotin brachte
ihn an die Grenze des Erträglichen. Auch die Grippe schien sich noch nicht endgültig
von ihm verabschiedet zu haben. Die Kopfschmerzen kehrten zurück und die Nase war
verstopft. Doch es gab noch etwas, das ihn belastete. Es war weniger die Arbeit
an sich, die ihm zu schaffen machte. Nicht die Gespräche und Verhöre, sondern dass
sich manche Menschen trotz ihrer hohen Position mit einem Mantel der Arroganz bekleideten,
von dem sie glaubten, dass er sie wie eine Tarnkappe schützen könne.
    »Ich hasse
diese Lügen!«, wiederholte Martin und ließ seiner Wut freien Lauf. »Ich glaub denen
kein Wort. Weder den Wegleiters noch den Fürsts. Ich werde sie ins Präsidium zerren,
einen Rachenabstrich nehmen und ihre Vaterschaft nachweisen lassen.«
    »Ohne richterliche
Genehmigung wird das schwierig werden. Und du musst an Schöller vorbei.«
    Martin zwirbelte
die Enden seines Schnurrbarts.
    »Außerdem
– was hast du denn erwartet? Dass sie dir auf

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