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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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Asservatenkammer
schreiben.
    Ohne die
Illusion, Emilie Braun in der aufkommenden Dämmerung in einem Umkreis von einem
halben Kilometer ausfindig machen zu können, traf er eine schwere Entscheidung.
Er wandte sich um, um zu seinem Wagen zurückzugehen und über das Funkgerät Verstärkung
anzufordern. Lüneburger Kollegen, die zügig vor Ort sein würden und notfalls mit
Hunden nach Emilie suchen könnten. Eine Fahndung würde bald den erwünschten Erfolg
haben, mit dem Nachteil, dass der Preis sein Kopf sein würde.
    Er blickte
von seinen Füßen auf. Vom Wald aus sah er, wie Besucher oder Klinikangestellte den
Parkplatz verließen und einen anderen Weg einschlugen, als er ihn benutzt hatte.
Er kämpfte sich aus dem Gewirr aus Ästen und dornigen Sträuchern heraus und hastete
auf diesem neuen Weg wieder auf das Backsteinhaus zu. Was, wenn Emilie ihm hatte
nachgehen wollen? Statt nach links durch den Haupteingang hätte sie die Abkürzung
durch den kleinen Park nehmen können. Wer wusste schon, was in ihrem Kopf vorging?
Einem verwirrten Kopf, in dem keinerlei gesellschaftlich geprägte Ordnung und Vernunft
wohnten.
    Martin blickte
an sich herab: die Hosenbeine verdreckt und die Schuhe mit Schlamm bedeckt. Die
Nässe hatte seine Socken erreicht, doch all diese Dinge standen hinter der einen
großen Frage zurück: Wo war seine Schutzbefohlene? Wo war die Frau, die er großspurig
aus dem Heim geholt hatte, um ihr Leben zu beschützen, für die er auf einem Formular
für die Vormundschaft unterschrieben hatte? Was für ein Polizist war er überhaupt?
Hatte er den Titel ›Bester Bulle des Nordens‹ noch verdient? Martin fühlte sich
elend, und ein Blick in den Spiegel hätte ihm bestätigt, dass er genau so aussah.
Er war, seitdem er zu Catharine Bouschet gesagt hatte, er würde Emilie kurz aus
dem Wagen holen, 20 Minuten fortgeblieben. Vermutlich würde sie nicht mehr auf ihn
warten, diese Frau, die ihn mit dem warmen Duft ihrer Haare binnen Minuten verzaubert
hatte. Nichts von dem, was ihn früher zum Wahnsinn getrieben hätte, war ihr zu eigen:
keine üppigen Rundungen, keine doppeldeutigen Anspielungen, nicht die zum Himmel
schreiende Geilheit und Anbiederung mancher Frauen, die er in seinem Leben kennengelernt
hatte. Diese Frau war anders. Sie hatte für ihn die Erscheinung eines Engels, den
Duft von Zartheit und Sanftmut, die Augen voller Liebe und das Lächeln von Zukunft.
Er war davon überzeugt, nachdem er in seiner Tätigkeit als Ermittler und Bewacher
von Emilie versagt hatte, würde diese Frau keinerlei Interesse an ihm haben. Frauen
sehnen sich nach Männern, die zuverlässig sind, zu denen sie aufschauen und bei
denen sie sich sicher fühlen können, nicht bei Typen wie Martin Pohlmann.
    Je näher
er dem Backsteinhaus kam, desto mehr beschleunigte er seine Schritte. Es waren noch
wenige Meter, und Martin hoffte inständig, dass er Emilie hier finden würde, obwohl
es für ihn kaum nachvollziehbar war, wie sie ihm gefolgt sein konnte, ohne gesehen
zu haben, wohin er genau gegangen war. Sie kannte sein Ziel ja nicht, nicht seine
Absicht, Dr. Richard Fürst als den Peiniger ihrer Seele und ihres Körpers zu überführen.
    Martin bog
um die Ecke, betrat das Gebäude und hinterließ eine hässliche Spur auf dem frisch
gewischten Boden. Niemand war zu sehen. Sein Atem rasselte und er bog um die Ecke
in den Gang hinein, in dem er Catharine verlassen hatte. Auch dort war niemand.
Von irgendwoher in seiner Nähe war ein leises Wimmern zu hören.
    Er folgte
dem Geräusch und fand die Quelle der herzzerreißenden Geräusche. Seinen Augen bot
sich ein Bild, das er nie erwartet hätte und das er nicht wieder vergessen würde.
     
    *
     
    Drei Meter von ihm entfernt stand
die kleine, in sich zusammengesunkene Emilie Braun und schmiegte sich mit ihrem
Kopf an die Brust der ebenso zierlichen Catharine. Catharine strich Emilie über
das graue Haar mit der Zärtlichkeit einer Mutter, die ihr verängstigtes Kind tröstet.
»Ist ja gut«, hörte Martin sie flüstern. Sie sah Martin an und er verstand sofort.
Dies war nicht mehr sein Revier. Hier mangelte es ihm an Kompetenz, als Mann und
als Polizist.
    Behutsam
näherte er sich den beiden, die vor einer Vitrine standen, in der Fotos aus damaligen
Zeiten ausgestellt waren. Eine Gruppe von Frauen in weißen Kitteln war zu sehen.
Sie posierten neben zwei Männern, einem älteren und einem jüngeren. Unter dem Foto
fehlte die Legende mit erklärenden Namen zu dem Foto. Der

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