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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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beiseiteschaffen?
    Kopfschüttelnd
setzte sich Martin aufs Sofa und ließ die Federn, deren Gewicht man nicht spürte,
auf seiner Hand liegen. Er hörte die Klospülung und anschließend das Wasser im Bad
rauschen und sah Emilie auf sich zukommen. Sie wirkte müde und erschöpft, und doch
war etwas anders an ihr. Sie hatte sich frisch gemacht, die Haare gekämmt, aber
vor allem wirkte sie auf ihn – so normal . S ie sah ihn an und warf einen scheinbar
belanglosen Blick auf seine linke Handfläche. Sie stellte sich rücklings vor den
Sessel, der rechts vom Sofa stand, und ließ sich hineinplumpsen. Sie schien dabei
eine schelmische Freude zu empfinden. Einer ihrer Mundwinkel war nach oben gezogen.
Völlig überraschend sagte sie zu Martin: »Lars war hier.« Emilie hielt den Blick
geradeaus gerichtet, als sei es das Normalste von der Welt, dass Lars Dräger in
Pohlmanns Wohnung ein und aus ging.
    »Wie bitte?«,
rief er ihr zu. »Wieso? Woher wollen Sie das wissen?«
    »Es stinkt
hier nach ihm.« Emilie sah Martin an wie ein Kind, das ein Lob erwartet. Sie ließ
die unzähligen kleinen Falten ihrer Stirn in vier großen verschwinden, als sie ihn
erwartungsvoll ansah.
    »Was wollte
er hier?«, fragte Martin mehr in den Raum hinein, als an Emilie gerichtet. Wie konnte
er von ihr Antworten erwarten? Doch er sollte sich getäuscht haben.
    »Er hasst
mich«, gab sie zu bedenken. Ungerührt fuhr sie fort: »Und den Alois auch.«
    »Aber es
sind drei Federn.« Martins Stimme wirkte gebrochen.
    »Dich hasst
er auch, ist doch klar.«
    »Aber warum?«
    Emilie hob
die Schultern. »Vielleicht, weil du mich magst, darum.« Sie lächelte.
    »Ach, und
deswegen will er mich …«
    Martin wollte
das unschöne Wort nicht aussprechen.
    »Umbringen?«,
sagte Emilie frei heraus. »Genau. Deswegen.«
    Martin stand
auf und ging umher.
    »Das ist
absurd.«
    Emilie verfolgte
mit ihren Augen jede von Martins Bewegungen. »Lars ist krank. Viel mehr als ich.«
Emilie zog die Beine zu sich heran und legte die Arme darum. Sie grinste Martin
an. Jede andere Mimik, die Betroffenheit zum Ausdruck gebracht hätte, wäre angepasst
gewesen, nicht aber dieses fröhliche, unbekümmerte Grinsen.
    »Hans hat
ein Gutachten über ihn erstellt und wollte ihn behandeln. Er wusste schon damals,
dass was mit ihm nicht stimmt.«
    »Wie, damals?«
    »Damals,
seit dem Prozess und dem Tod von dem Herrn Strocka.«
    Martin setzte
sich auf die äußere Kante des Sessels und lehnte sich zu Emilie vor. Alle möglichen
Leute waren in der Anstalt befragt worden: Pfleger, Krankenschwestern, Ärzte, sogar
Putzfrauen. Akten wurden gesichtet und ausgewertet. Alle möglichen und unmöglichen
Personen wurden ins Kalkül der Ermittlungen mit hineingezogen, nur sie nicht. Nicht
Emilie Braun, die nie sprach und sich auch sonst nicht kooperativ zeigte.
    »Hören Sie,
Emilie. Sie müssen mir jetzt alles erzählen, was Sie wissen! Warum will Lars Dräger
Sie und den Alois umbringen? Warum mich? Warum die anderen alle?« Seine Stimme nahm
den Klang der Verzweiflung an.
    Emilie lehnte
sich zurück und machte scheinbar Anstalten, einen abendfüllenden Bericht über die
Motive eines Mörders zum Besten zu geben. Stattdessen zuckte sie mit den Schultern
und schürzte die Lippen.
    »Ich weiß
nicht. Der Lars ist eben krank. Steht alles im Gutachten, nehme ich an.«
    »Und wo
finde ich dieses Gutachten?«
    Emilie hob
die Schultern. Martin raufte sich die Haare.
    »Oh, Sie
machen mich wahnsinnig.«
    Emilie kicherte
bei dieser Bemerkung und stand auf.
    »Ich geh
jetzt schlafen. Gute Nacht.«
    Martin sah
ihr verdutzt nach. »Ja, gute Nacht.« Er lehnte sich zurück und stand gleich danach
wieder auf. Er ging zu seiner Hausbar und goss sich reichlich ein. Der Malt brannte
im Hals, ein Gefühl, das sich nach dem ersten Schluck verlor. Er setzte sich und
ließ diesen merkwürdigen Tag Revue passieren. Ein weiterer Tag, an dem er sie am
Leben erhalten hatte. Als er in sein Glas sah, fiel ihm plötzlich siedend heiß ein,
dass er Emilie weder am Mittag noch am Abend irgendeine Pille gegeben hatte. War
das nun vorbei mit den Pillen? Er dachte daran, in seinem Gästezimmer nachzusehen,
ob sie tatsächlich schlief oder aus dem Fenster gehüpft war, entschied aber, nur
an der Tür zu horchen. Als er von drinnen ein gleichmäßiges Schnarchen vernahm,
beruhigte er sich und ging zurück.
    Nicht lange
danach klingelte das Handy in seiner Hosentasche. Beim Blick auf das Display staunte
er. Er drückte die

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