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Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Rassenwahn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Gustmann
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glauben
machen. Für die, die ihn trainiert hatten, war Erntezeit. Die Früchte der Saat gingen
auf.
    Er verließ
das schmuddelige, dem letzten Jahrhundert entstammende Badezimmer und ging in den
Raum, der ihm als Wohnzimmer diente, obgleich er nicht darin wohnte, sondern eher
hauste. Eine Wand, die dringend neue Farbe benötigt hätte, war mit einer großen
Flagge des Großdeutschen Reichs verhängt. Wohin man sah, prangten vergilbte Bilder
aus der Zeit zwischen 1930 bis 1945. Alte Nazipropaganda mit Parolen, von denen
man annehmen sollte, dass an diesen Wahnsinn im Jahr 2010 niemand mehr glaubte.
    Die Einrichtung
schien aus einer Sammlung Sperrmüll zu bestehen. Es ließ sich keinerlei Stilrichtung
erkennen, alles diente ausschließlich der Zweckmäßigkeit. Ein Sofa und ein Sessel,
ein Tisch mit einem PC, ein Schrank für wenige Bücher mit derselben Thematik wie
an den Wänden sowie unbedeutender Kram wie Abzeichen, billige Nachbildungen von
Orden und diverse Schulterklappen.
    Der Mann,
der zum Töten prädestiniert schien, setzte sich an den Tisch, fuhr den Rechner hoch,
loggte sich ein und begann, die nächsten Zeilen innerhalb seiner mörderischen Chronik
zu verfassen. Er liebte es, seine Gedanken zu ordnen, sie festzuhalten, das Gefühl
zu beschreiben, das ihn erfasste, wenn das Leben der Menschen, die nach Ansicht
seiner Auftraggeber kein Recht auf ihre Existenz hätten, erlosch. Fünf Mal war er
überaus erfolgreich gewesen und drei weitere Male würden für ihn auch kein Problem
darstellen. Im Gegenteil. Mit jedem Mal wurde es leichter, erregender.
    Das Gefühl
von Macht über Leben und Tod.
    Er könnte
sich daran gewöhnen.
    Er sah in
die Ecke, wo sich Zimmerdecke und Wand in einem Spinnennetz trafen, und überlegte,
wie er bei seinem nächsten Mord vorgehen sollte. Sonst schrieb er erst, wenn es
schon vollbracht war, doch nun wollte er seine Community bereits daran teilhaben
lassen, wie man es plante, einem Menschen das Leben zu nehmen.
     
     
    Viertes Posting
     
    Wie tötet man einen Künstler? So,
dass es nach Möglichkeit wieder wie ein Selbstmord aussieht. Künstler braucht eh
kein Mensch, erst recht nicht diesen Idioten. Ein Lebenskünstler will er sein, dass
ich nicht lache. Dieser Penner. Bringt nichts zu Ende, was er anfängt und produziert
– nur Schrott. Und wenn er Langeweile hat, stochert er in alten Geschichten herum,
sucht nach seinen Eltern, vermisst seinen Papi. Mann, mir wird schlecht.
    Es gibt
viele Möglichkeiten, die Flasche zu beseitigen. Den Selbstmord würde man ihm locker
abnehmen. Was kann der mit 70 Jahren noch vom Leben erwarten? Keine Frau, keine
Kinder, wenig Freunde, Anhänger der Grünen und sonst nur bescheuerte Kunst im Kopf,
die keiner kauft. Beschissene Bilder einer verirrten Seele. Weg mit ihm!
    Ich glaube,
ich weiß jetzt, wie ich es anstelle. Ich könnte mich mit ihm treffen, wo ich ihn
irgendwo runterschmeiße. Ich lasse ihn mit seiner alten Karre zum Steinbruch kommen,
gehe ein paar Schritte mit ihm, sag ihm, ich bewundere seine Bilder und diese anderen
Dinger – Skulpturen und so. Welche Technik er am liebsten benützte, Öl oder Acryl,
werde ich ihn fragen. Wie er auf seine Motive komme, wo er bloß die ganze Fantasie
hernähme und so weiter. So hungrig, wie der nach Anerkennung und Bewunderung ist.
    Ich könnte
ja ein Autor sein, ein Agent oder ein interessierter Käufer. Ich werde ihn derart
vollsülzen, dass er mir aus der Hand frisst. Dann führe ich ihn beiläufig zu dem
Aussichtspunkt, wo im November niemand spazieren geht, und dann bringe ich dem schmächtigen
Kerlchen das Fliegen bei. Kein Abschiedsbrief und nichts. Ein einsamer Abgang. Ein
schwacher Mensch, der die Bildfläche verlässt. Besser für alle. Natürliche Auslese.
Die Schlappschwänze gehen, die Starken bleiben, so wird es immer sein.
    Sein Balkon
würde es auch tun. Könnte ich mir den Spaziergang sparen. Klingeln. Rein in die
Bude. Was auf die Fresse hauen. Balkontür auf und raus mit ihm. Dauert keine fünf
Minuten. Wenn er unten ankommt, ist er Matsch. Ja, ich schätze, das ist besser.
Viel leichter. Schnelles Geld für den Job, und ein Spinner weniger auf der Welt.
Also, mein Guter, zähl deine letzten Stunden.
    Ich komme.

Kapitel 29
     
    Hamburg-Norderstedt, 8. November
2010
     
    Müde und ohne nennenswerte Ergebnisse.
So fasste Martin Pohlmann seine Situation gegen 18.30 Uhr zusammen. Er kauerte in
dem alten Ohrensessel von Professor Keller, und wäre dies nicht das Büro eines

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