Rasterfrau: Knobels achter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
ich mich nicht nur zum Clown, sondern völlig ins Abseits gestellt hatte, mehr noch, dass ich mir selbst ein Brandmal zugefügt hatte und ich zum Spielball aller Gerüchte und Agitationen wurde.«
»So naiv kann kein Mensch sein«, kommentierte Trost ungerührt.
»Menschen mit einer Persönlichkeitsstörung erkennen dies vielleicht nicht«, gab Stephan zu bedenken. »Das vom Gericht eingeholte Gutachten attestiert Herrn Wendel eine gewisse narzisstische Störung.«
»Die hat keine rechtliche Bedeutung gehabt«, wehrte Trost ab. »Der Vorsitzende hat dazu in der Urteilsbegründung deutliche Worte gefunden. Verkürzt gesagt verbirgt sich hinter diesem Schnickschnack nur eine Charakterschwäche.«
Er nahm Wendel ins Visier.
»Sehen Sie das anders, Herr Wendel?«, fragte er streng. »Warum haben Sie mir denn nichts von Ihren therapeutischen Versuchen gesagt?«
»Was hätten Sie darauf geantwortet, Herr Dr. Trost?«, fragte Wendel zurück. »Wie hätte ich dagestanden? Ein Mensch, der gescheitert ist. Sie selbst haben doch immer gesagt, dass die Fakten eine eindeutige Sprache sprechen. Irgendwelche psychologischen Argumente sind doch nicht wichtig für Sie, Herr Dr. Trost!«
»Also ist es meine Schuld, dass Sie nichts gesagt haben?«, hakte Trost nach.
»Ich glaube nicht, dass Sie aus diesem Umstand für meine Verteidigung ein Argument hätten ziehen wollen«, vermutete Wendel.
»Ich hätte kein Argument daraus ziehen können «, widersprach Trost. »Das ist ein gewaltiger Unterschied!«
»Sie haben mir stets bedeutet, dass alles Leugnen und Argumentieren rechtlich ohne Belang sei, weil die Fakten gegen mich sprächen«, sagte Wendel. »Aber Sie haben auch immer gesagt, dass in unserer Rechtsordnung die Wahrheit letztlich ans Licht komme und die Gerechtigkeit siege. Daran habe ich bis zuletzt geglaubt.«
»Warum haben Sie Ihre Frau nicht ein einziges Mal aus dem Gefängnis heraus angerufen oder angeschrieben?«, lenkte Stephan das Gespräch auf einen neuen Aspekt. »Ich vermute, Sie haben nur den Scheidungsantrag Ihrer Frau entgegengenommen, sich aber nicht einmal ihr gegenüber direkt geäußert. Wahrscheinlich haben Sie der Scheidung schriftsätzlich zugestimmt. Stimmt das?«
Wendel nickte mechanisch.
»Warum, Herr Wendel?«
»Weil …« Wendel brach ab.
»Weil es nur gegenüber Michelle Crouchford zu einer körperlichen Näherung gekommen ist, und weil Sie sich deswegen vor Ihrer Frau geschämt haben. Ist es so?«
Maxim Wendel blickte an ihnen vorbei ziellos in den Raum.
»Es verhält sich genau umgekehrt zu dem, was Sie mir in unserem ersten Gespräch sagten. Erinnern Sie sich? Sie sagten, dass Sie den Scheidungsantrag Ihrer Frau verstanden hätten, wenn er auf Ihre vermeintlichen sexuellen Eskapaden gegenüber anderen Frauen gestützt worden wäre. Aber Sie konnten ihn nicht verstehen, weil er damit begründet worden war, dass Sie ein Mörder seien. Stimmt das?«, fragte Stephan.
»Ich habe mich dafür geschämt, meine Frau mit diesem Biest Michelle betrogen zu haben. Auch wenn dies nur geschehen ist, weil sie mich verführt hatte«, sagte Wendel. »Trotzdem: Ich habe etwas gemacht, was aus Sarahs Sicht unverzeihlich ist. Aber darauf stellte sie nicht ab. Sie warf mir vor, ein Mörder zu sein, was ich nicht bin. Das hat mich zutiefst verletzt. Deshalb habe ich mich nicht mehr bei ihr gemeldet. Wenn die eigene Frau nicht mehr an mich glaubt, ja sogar davon überzeugt ist, dass ich jemanden umgebracht haben soll, dann gibt es dazu nichts mehr zu sagen. Sie hat nicht einmal für mich im Prozess ausgesagt. Sie hätte doch sagen können, dass ich nur ein Quatschkopf bin.«
»Vielleicht kannten Sie einander noch nicht so gut, dass Sie sich wechselseitig blind vertrauten.«
»Doch, wir kannten uns schon recht gut«, widersprach Wendel. »Sarah ist der einzige Mensch, der etwas für mich hätte aussagen können. Aber sie hat mich verstoßen, weil ich mich mit dieser Crouchford einlassen wollte. – Ja, ich kann Sarah sogar verstehen. Mit einem Mann wie mir hätte sie auf Dauer nichts anfangen können. Also habe ich ihrem Scheidungsantrag mit einem Zweizeiler schriftlich zugestimmt. Was sollte da noch geredet werden? Ich bin mir sogar sicher, dass sie im Herzen an meine Unschuld glaubt. Aber sie hat es im Scheidungsantrag gerade andersherum formuliert. Damit hat sie klar zum Ausdruck gebracht, was sie von mir hält.«
Stephan wartete einen Augenblick, doch Wendel wollte hierzu nichts mehr sagen.
»Sie
Weitere Kostenlose Bücher