Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
die beiden Elfen fast zwei Jahrhunderte lang nicht zur Ruhe hatte kommen lassen, würde endlich vernichtet werden.
Der Gedanke hob Zephyrs Stimmung beträchtlich. Nur für diesen Zweck hatte er gelebt. Wenn der Laraken starb, würde Zephyr endlich seinen Körper verlassen und nach Arvanaith reisen können, in die letzte Heimat der Elfen.
Er wurde von den Gefühlen fast überwältigt, die von den lockenden Stimmen an ihn herangetragen wurden, von den Stimmen derer, die schon vor so langer Zeit gegangen waren. Der Elf kniff die Augen zusammen und kämpfte gegen die Natur und seine eigenen tiefsten Sehnsüchte an.
Mit erheblicher Anstrengung gelang es ihm, die Fassung zu wahren, dann schickte er den Jungen fort und humpelte los, um Procopio zu suchen. Es war seine Aufgabe, Procopio Septus mit Informationen zu versorgen, doch bei manchen Anlässen – so wie diesem – war es viel wichtiger, Kontrolle über das zu haben, was der Magier erfuhr. Matteos Verwicklung war Segen und Fluch zugleich. Der junge Mann mochte in der Lage sein, Zephyr zu Tzigone zu führen, aber es wäre nicht gut, wenn Procopio sich zu intensiv mit den Angelegenheiten seines Ratsherrn beschäftigte.
Der Elf traf Procopio im Garten der Küche an, wo er die Silhouetten der dort arbeitenden jungen Frauen bewunderte, die sich recken mußten, um volle karmesinrote Schoten zu pflücken.
Der alte Jordain seufzte. Sein Patron hatte genügend Kinder, eheliche und außereheliche. Es stimmte zwar, daß ein zukünftiger König Erben benötigte, doch ein Überfluß an potentiellen Thronfolgern war für das Königreich selten von Nutzen. Irgendwann würde er Procopio an diese Lektion aus der Geschichte erinnern müssen.
Der Elf sah keinen Anlaß zur Eile. Seiner Ansicht nach war Procopio kein König. Dieser Mann hatte nichts von Zalathorms berühmter Urteilsfähigkeit und Weitsicht. Zephyr hielt Procopio Septus für rücksichtslos, impulsiv und viel zu freimütig, was seinen Ehrgeiz anging. Andererseits hatten die wenigsten Menschen die Geduld eines Elfen, und wenige Elfen verfügten über Zephyrs Entschlossenheit. Der alte Jordain kannte nur eine andere Elfe, die bereit war, mehr als zweihundert Jahre daran zu arbeiten, uraltes Unrecht zu berichtigen.
Der alte Elf verdrängte solche Gedanken und humpelte in den Garten. Es war klug, die eigenen Geheimnisse tief im Innersten zu begraben, wenn man sich in die Nähe eines halruaanischen Erkenntniszauberers begab.
Der wahre Grund für Procopios Anwesenheit bei den Mägden wurde schon bald offensichtlich. Ein Korb voller Tauben stand bereit, gerupft zu werden, während einige weitere Vögel ihre Kreise um den Taubenschlag zogen, der die Südseite des Küchengartens dominierte. Augurien wurden üblicherweise aus dem Vogelflug wildlebender Tiere gelesen, doch Procopio hatte eine Methode entwickelt, um die Zukunft im Flug der Vögel zu lesen, die angelockt wurden, um zu Speisen verarbeitet zu werden. Der Erkenntniszauberer hatte eine besondere Vorliebe für gebratene Tauben, so daß der Zauber gleich zwei Zwecke erfüllte.
»Welchen Rat geben die Tauben, Herr?«
Der Magier sah auf, als er Zephyr hörte, und lächelte. »Genug, um zu wissen, daß du Neuigkeiten für mich hast.«
Der Elf reagierte mit einer leichten Verbeugung. »Das ist wahr, Herr, doch denkt immer daran, daß keine Neuigkeit nur gut oder nur schlecht sein kann. Die Geburt des Frühlings kündigt den Tod des Winters an.«
Procopio tat dieses vorsichtig stimmende Sprichwort mit einer ungeduldigen Handbewegung ab. »Eines weiß ich schon von den Vögeln: Es gab einen Zwischenfall auf dem Markt, der meine Zukunft beeinflussen kann. Von dir brauche ich Einzelheiten.«
»Eure Augurien sagen die Wahrheit«, erwiderte Zephyr und berichtete in wenigen Worten von Matteos Pech.
Procopio wurde bleich, als er von der Herausforderung eines Jordain, der im Dienst seiner ärgsten Rivalen im Streben um Zalathorms Thron stand, an seinen neuen Ratgeber hörte. Wie Zephyr erhofft hatte, war Procopio zu sehr um seine eigene politische Zukunft besorgt und stellte keine weiteren Fragen zu der Identität der jungen Frau, die in diesem speziellen Gebräu die Rolle der Alchimistin gespielt hatte.
»Dieser Wettstreit wäre sicherlich interessant, doch es gibt Gründe und Wege, ihn zu vermeiden. Die Dame Cassia hat Interesse an dem jungen Matteo gefunden und ihrer Absicht Ausdruck verliehen, ihn der Königin zu empfehlen.«
Procopio lachte humorlos. »Hat sie das?
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