Ratgeber & Regenten 01 - Die Bluthündin
Gegenwart ausgesprochen worden war. »Ja, jetzt, da Ihr sie erwähnt. Eine Beschwörerin, hoch angesehen, wenngleich etwas exzentrisch. Mehr als zwanzig Jahre sind seit ihrem Tod vergangen. Welche Rolle sollte sie bei Eurem Interesse an Matteo spielen?«
»Euer neuer Ratgeber hat sich anscheinend mit Keturahs Tochter angefreundet.«
Procopio riß die Augen auf. »Ich dachte, man hätte das Mädchen vor Jahren gefunden und sich seiner angenommen.«
»Das hat man uns glauben lassen. Das Kind wurde tatsächlich gefaßt, und die offizielle Darstellung besagt, daß es zu jung und zu zerbrechlich war, um die Belastung einer magischen Befragung zu überleben. Ich weiß, daß es anders war, und nun wißt Ihr es auch. In seiner Weisheit bekennt sich Zalathorm nicht zum Wissen über bestimmte Dinge, aber das heißt nicht, daß seine Ratgeber nicht informiert werden sollten.«
»Natürlich«, murmelte Procopio nachdenklich und überlegte, wie er diese Information nutzen konnte – und welche Absicht Cassia damit verfolgte, sie ihm zu geben.
Procopio wußte, daß Cassia mit dem mysteriösen »man« Personen meinte, die auch unter anderem Namen bekannt waren. Die Magier Halruaas herrschten auf vielen Ebenen. Eine rätselhafte Gruppe namens Kabale steuerte einen der persönlichsten und wichtigsten Aspekte des Lebens in Halruaa, nämlich die Zukunft der Magier. Die Gruppe führte genaue Aufzeichnungen über die Abstammung und das Geschick eines Magiers und verheiratete sie mit Magierinnen, die über dazu passende Talente verfügten. Das war einer der Hauptgründe dafür, daß Halruaa so viel magisches Talent und so hoch spezialisierte Schulen vorweisen konnte. Die Magier in anderen, weniger zivilisierten Ländern heirateten nach Lust und Laune oder nach politischer Ausrichtung, aber in Halruaa wurde in diesem Punkt nichts dem Zufall überlassen. Die Kabale besaß immense Macht, da sie die Zukunft so formen konnte, wie sie es für wünschenswert hielt. Ein bedauerlicher, aber unverzichtbarer Teil ihrer Aufgaben bestand darin, gefährliche oder unbändige Talente auszumerzen, fehlgeschlagene Experimente zu eliminieren und sich mit Magiern zu befassen, die entweder unfähig oder unbotmäßig ehrgeizig waren.
Doch dieser unerfreulichen Realität schenkte Procopio nur einen flüchtigen Gedanken. Die Mitgliedschaft in der Kabale war ein sicherer Weg zur Macht und damit etwas, das er fast so sehr begehrte wie die Thronfolge. Und nun war Cassia hier, ließ ein paar Bemerkungen fallen und bat ihn, auf seinen vielversprechendsten Jordain zu verzichten! Zalathorms oberste Ratgeberin war hier, um einen Tausch vorzunehmen, dessen war sich Procopio sicher. Aber in wessen Namen? In ihrem eigenen oder Zalathorms? Beide Varianten waren voller Möglichkeiten.
»Ich fühle mich geehrt, daß Ihr diese vertraulichen Informationen mit mir teilen wollt«, sagte Procopio. »Darf ich fragen, wie Ihr von Keturah und ihrer Tochter erfuhrt?«
»Es war nicht leicht«, sagte sie distanziert. »Hinter der Porzellanmaske der Königin schlummern immense Geheimnisse.«
Procopio verstummte, so erstaunt war er über die angedeutete Verbindung zwischen der mysteriösen Kabale und der Königin von Halruaa.
Zephyr machte sich zwar große Sorgen um die Enthüllungen der Jordain, zugleich nahm er aber auch erleichtert zur Kenntnis, dass sein Patron Cassia nicht über Beatrix ausfragte. Es wäre nicht weise gewesen, vielleicht sogar mit einem Verrat vergleichbar.
»Wäre ich dieser jungen Frau begegnet?« fragte Procopio behutsam.
»Nicht vorsätzlich, das kann ich Euch versichern! Es erübrigt sich, dies zu sagen, aber aufgrund der Umstände ihrer Geburt ist sie niemand von Bedeutung. Was uns dagegen Sorgen macht, ist die Tatsache, daß sie sich sehr für Euren jungen Jordain zu interessieren scheint. Sie waren zusammen auf dem Markt und schienen sich gut zu verstehen.«
»Matteo«, murmelte Procopio nachdenklich, als wolle er neue Möglichkeiten in seinem jüngsten Ratgeber erkennen. Er warf Zephyr einen bösen Blick zu, obwohl es keinen logischen Grund gab, warum sein Jordain von der wahren Identität der Frau an Matteos Seite wissen sollte.
Cassia machte eine Pause und lächelte listig. »Ihr beginnt zu verstehen, lieber Procopio, warum es ratsam für Euch ist, zu diesem jungen Mann auf Distanz zu gehen. Ein Mann von Eurem Ehrgeiz und Euren Talenten würde sich nicht vorsätzlich der Kabale entgegenstellen.«
Zephyr bemerkte einen Hauch von Enttäuschung
Weitere Kostenlose Bücher