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Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr

Titel: Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Cunningham
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Rücken und riß ihn nach vorn. Schmerz schoß durch seine Gliedmaßen, doch er verdrängte das Feuer, das ihn durchfuhr, und nutzte den Schwung, um das Heft zu umfassen und das Schwert tiefer zwischen die Rippen der Wildsau zu jagen. Schließlich sprang er ab und drückte das Schwert zur Seite. Er rollte sich ab, während die verwundete Bestie weiterlief. Er ging in die Angriffsposition und zog seine Jordaini-Dolche, dann wartete er.
    Blut lief aus dem Maul des Tiers und troff von den Stoßzähnen, aber es machte dennoch ein paar unsichere Schritte auf ihn zu. Als es noch eine Armlänge von ihm entfernt war, gaben seine Beine nach. Es fiel, zuckte noch kurz und blieb dann reglos liegen.
    Andris atmete erleichtert auf. Er sah Kiva an, deren kantiges Elfengesicht so bleich war, daß es trotz der grünlichen Farbe fast grau wirkte. Er verkniff sich das sarkastische »Danke«, das ihm auf der Zunge lag, und machte sich daran, das Tier zu zerlegen. Kiva schaffte es, ein Feuer zu entzünden. Keiner von ihnen mußte ein Wort sagen, als sie gemeinsam in aller Eile arbeiteten. Die Nacht kam bald, und die Aasfresser würden auf dem weg hierher sein, also hielten sie rasch einige kleinere Stücke Fleisch in das Feuer und aßen hastig.
    Als sie genug gegessen hatten, deutete die Elfe auf einen nahe gelegenen Mazga-Nußbaum. Andris half ihr, die unteren Äste zu erreichen. Er lehnte sich gegen den dicken Stamm und zuckte vor Schmerz zusammen, bis er eine Position gefunden hatte, die seine wunden Schultern einigermaßen schonte. Sie ließen sich in relativer Sicherheit nieder, um den nächsten Tag zu erwarten.
    Die Stille lastete schwer auf ihnen und war voller unbeantworteter Fragen. Plötzlich sagte Kiva: »Dies ist keine Queste eines Paladins. Hast du die Nerven dafür – und für mich?«
    Sie streckte die Hand nach ihm aus und berührte Andris’ schmerzende Schulter. »Diese Reise hat schmerzhaft begonnen. Es wird wahrscheinlich nicht besser werden. Ich will kein Bedauern aussprechen, das ich nicht empfinde, und ich werde alles tun, um das Unrecht wiedergutzumachen, das deinem und meinem Volk angetan wurde. Nun, da du das weißt, willst du mir noch immer folgen?«
    Andris antwortete so ehrlich, wie er konnte. »Ich kann nicht so tun, als würde ich alles verstehen, was du getan hast, aber ich glaube, wir haben ein gemeinsames Ziel.«
    »Und das genügt dir, Jordain?«
    Er hatte nicht mehr erwartet. »Wo fangen wir an?« fragte er.
    Kivas Lächeln hatte plötzlich etwas Katzenhaftes. »Wir treffen uns mit einigen der Verbündeten, die ich dir versprochen habe. Ich bewundere deine Selbstsicherheit, Andris, aber glaubst du wirklich, wir beide könnten es mit ganz Halruaa aufnehmen?«
    * * *
    Andris erwachte, als die Sonne noch schlief. Er sah mit an, wie das Licht durch die zahlreichen Ebenen des Laubdachs gefiltert wurde und auf das entspannte, geplagte Gesicht der Elfe neben ihm fiel.
    Kiva befand sich in der Traumruhe, jenem nur bei Elfen zu beobachtendem Wachtraumzustand, der erholsamer war als Schlaf. Ihre Katzenaugen waren offen und auf einen fernen, angenehmen Anblick gerichtet. Ein flüchtiges, unschuldiges Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie sah sehr jung aus und wirkte überhaupt nicht wie die kalte, berechnende Bluthündin, die sein Leben ruiniert hatte. Einen Moment lang fragte sich Andris, wie weit Kiva wohl zurückkehren mußte, um diese Person und ihre Erinnerungen zu finden.
    Dann war sie plötzlich wach, und ihre Augen waren so kühl wie die einer Katze auf der Jagd. Andris sah weg, aber nicht schnell genug, um Kiva nichts davon merken zu lassen.
    »Und?« fragte sie.
    »Wir haben zu tun. Ich werde ein andermal über das Mysterium des Bösen nachdenken.«
    Kiva wirkte verwirrt, dann erstaunt. Einen Moment lang dachte er, sie wolle seiner Bemerkung etwas entgegensetzen, doch Kiva war keine Jordain, und offenbar teilte sie seine Vorliebe für Streitgespräche und die Wahrheit nicht.
    Oder vielleicht, überlegte er, war sie einfach nicht an seiner Meinung interessiert.
    Ohne noch ein Wort zu verlieren, lösten sie die Ranken, mit denen sie sich am Ast des Mazga-Nußbaums festgebunden hatten. Kiva flocht ihr Haar rasch zu zwei Zöpfen, und sie tranken etwas von dem Tau, das sich in den großen, nach Mandeln duftenden Blättern gesammelt hatte.
    Als sie nach unten auf die im Schatten liegende Lichtung kletterten, merkte Andris, daß Kiva kräftiger geworden zu sein schien. Es kam ihm vor, als würde sie aus dem

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