Ratgeber & Regenten 02 - Das Wehr
nichts gesagt?«
Timonks einzige Antwort war ein lautes Schnauben, betrunken, aber verächtlich.
Matteo legte Timonk eine Hand auf die Schulter, dann wandte er sich ab und eilte die Treppe hinauf, die in den Palast der Königin führte. Er durchschritt die drei Türen, die ihre Spielzeuge davon abhielten, am restlichen Hof für Unruhe zu sorgen, ging an den mechanischen Eisdrachen vorüber, die Wache hielten, und durch den Flur zur Ratskammer des Königs.
Eine füllige Frau mit freundlichem Gesicht, die das Blau eines königlichen Herolds trug, hielt ihn vor dem Portal auf. Ihr Gesicht wurde ernst, als der Jordain ihr sein Anliegen vortrug, dann bat sie ihn, zu warten.
Kurz darauf kehrte sie zurück. »Der König hält einen offenen Hof, aber er ist bereit, Euch zu empfangen, sobald er kann.
Matteo nickte dankend und schob sich durch die Menge, die sich in der Halle versammelt hatte. In einer Nische wartete er ruhig, bis auch dem letzten Bittsteller Audienz gewährt worden war. Schließlich entließ der König seine Höflinge und Wachen und gab Matteo ein Zeichen, zu ihm zu kommen.
Mit einem dankbaren Seufzer nahm König Zalathorm die Krone ab und stellte sie auf dem leeren Tisch zu seiner Rechten ab. Auf dem linken Tisch stapelten sich Pergamente, die stumm Zeugnis ablegten von der Fülle weltlicher Angelegenheiten, die die Aufmerksamkeit des großen Magiers beanspruchten.
Der König von Halruaa war ein milde wirkender Mann von mittlerer Größe mit braunem Bart und einem nachdenklichen, fast träumerischen Gesichtsausdruck. Er schien mittleren Alters zu sein, doch in Wahrheit regierte er schon so lange, wie Matteo auf der Welt war, ja sogar so lange, wie Matteos ihm unbekannte Eltern und deren Eltern auf der Welt waren.
»Dein Gesicht spricht von Besorgnis, Matteo«, sagte der König. »Da du Jordain bist, sind deine Sorgen jenseits jedes Erkenntniszaubers. Sprich frei.«
»Der Kämmerer der Königin hat mich nach Halarahh zurückbeordert, da er um ihr Wohlergehen besorgt ist«, sagte Matteo vorsichtig. »Es gibt vieles an der Königin, das ich nicht verstehe. Wenn ich ihr gut dienen soll, muß ich wissen, wie sie wurde, was sie heute ist. Könnt Ihr mir etwas über ihr Leben sagen, ehe sie nach Halarahh kam?«
Matteo bezweifelte, daß es einen sicheren Weg auf dieses gefährliche Terrain gab, also hoffte er, die taktvollste Lösung gewählt zu haben. Einmal hatte sich der König ihm bisher anvertraut. Wenn Zalathorm jetzt über die im Dunkeln liegende Vergangenheit sprach, konnten sie vielleicht auch einen Weg finden, über ihre momentanen Sorgen zu reden.
Ein Schatten huschte über des Königs Gesicht. Er hob die Hand und strich nachdenklich über sein Kinn. »Beatrix wurde in eine Familie von Magiern geboren, sie wuchs in einer ruhigen Siedlung in den nordöstlichen Hügeln auf«, sagte er müde. »Jeder in Halruaa kennt ihre Vergangenheit. Die Crinti griffen die Siedlung an und schlachteten alle Bewohner ab. Beatrix überlebte als einzige.«
»Sie war schwer verwundet«, warf Matteo ein.
»Das und mehr. Sie war gräßlich entstellt.« Zalathorm schwieg lange. »Ein simpler Zauber verleiht ihr ein schöneres Gesicht, aber das reicht Beatrix nicht. Ihre Porzellanfassade ist mehr als der Stolz einer Königin oder die Eitelkeit einer Frau. Sie ist ein Schild, den sie zwischen sich und den Ansturm der Erinnerungen stellt.«
»Sie erinnert sich nicht?«
»Nein. Vermutlich ist es so auch am besten.«
»Als die Königin in die Stadt kam, wurde sie von Kiva untersucht, die jetzt als Mörderin und als Verräterin verurteilt ist. Was kann das bedeuten?«
Zalathorm wischte die Bemerkung weg. »Nicht besonderes. Offenbar hat die Elfe ihrer Geheimnisse lange Zeit für sich behalten. Das war ihr nur möglich, indem sie sich sorgfältig jeder genauen Beobachtung entzogen hat. Ich kann nur annehmen, daß Kiva ihre Arbeit jahrelang gut und richtig gemacht hat. Sie erfuhr die Geschichte vom Überfall der Crinti von Beatrix, indem sie die vorgeschriebenen Zauber und Artefakte anwendete. Ich habe keinen Grund, das anzuzweifeln.«
»Aber Kiva behauptete, sie habe Cassia auf Geheiß von Königin Beatrix ermordet. Sie erklärte, die Königin sei besorgt gewesen um die Reinheit des Jordaini-Ordens sowie um die Qualität des Rats, der Euch zuteil wird. Die Königin rief Kiva zu sich, die Cassia untersuchte und dann ein Urteil fällte.«
Der König hob eine Braue. »Sag mir, ist Beatrix deiner Meinung nach um die
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