Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
tonloser Stimme, die kräftiger wurde, je länger sie sang. Mangelnde Übung und Schmerz, der in der Vergangenheit seine Ursache hatte, ließen sie schroff klingen, doch in ihr war das Echo der Schönheit zu vernehmen.
Tzigone lächelte Matteo an. Sie setzte zu einem anderen Lied an, und auch diesmal wiederholte Beatrix es. Dann sprach Tzigone von Sternenschlangen, und die Königin sang das kleine Zauberlied, das Tzigone benutzt hatte, um die geflügelten Bestien herbeizurufen. Tzigone stimmte immer neue Lieder an, auf die Beatrix jedesmal reagierte.
»Nun?« fragte sie triumphierend.
»Das ergibt Sinn«, gab Matteo zu. »Musik und Vernunft folgen im Kopf nicht immer den gleichen Wegen. Jemand, der einen Gedankensturm erlebt hat, kann sich vielleicht nicht erinnern, wie man spricht, aber oft kann er die Lieder singen, die er vor seiner Krankheit gelernt hat. Keturahs Stimme besitzt jedoch nicht länger die Kraft, Magie zu wirken.«
»Sie muß sich nur an das Lied erinnern, den Rest mache ich.«
Nach kurzem Überlegen nickte er. Er verließ den Raum und sprach mit den Wachen, die die Königin daraufhin in seinen Gewahrsam übergaben. Zu dritt begaben sie sich über die gewundenen Treppen hinunter ins Verließ.
Matteo und Tzigone gingen voraus. Er hatte sich bereiterklärt, alle Zauber auswendig zu lernen, die Zalathorm benutzt hatte, um nach unten zu gelangen, und flüsterte sie Tzigone ins Ohr, da nur die Stimme eines Magiers die Schutzzeichen aufheben konnte. Tzigone wiederholte jedes seiner Worte, während sie Schritt für Schritt weitergingen. Es war ein langer Weg, und als sie den tiefsten Keller erreichten hatten, waren sie beide von der Anspannung erschöpft.
»Jetzt hat sich das Gedächtnistraining der Jordaini wenigstens einmal bezahlt gemacht«, murmelte sie, als sie den Raum betrat.
Ein plötzlicher Energieblitz warf sie zurück in Matteos Arme, der sie aufgebracht ansah.
»Gedächtnistraining«, erinnerte er Tzigone. »Es ist nutzlos, einen Jordain an der Seite zu haben, wenn man ihn nicht richtig einsetzt!«
Tzigone erholte sich rasch und grinste Matteo spöttisch an. »Ich werde dich zur geeigneten Zeit an deine Worte erinnern.«
Seufzend schob Matteo sie von sich und gab ihr einen Stoß. »Drei Schritte, dann mußt du dich nach links drehen.«
Sie durchquerten das Labyrinth ohne weitere Zwischenfälle, bis sie endlich vor dem roten Edelstein standen. Andris und Zalathorm warteten auf sie. Der Jordain stand an einer Seite und sah aufmerksam zu, wie der König vor dem leuchtenden Artefakt kniete. Zalathorm erhob sich und sah die Gruppe an.
»Akhlaur ist wieder da. Er erwartet mich auf dem Schlachtfeld.«
Matteo sah vom König zu Andris. »Ein großer Teil von Zalathorms Macht stammt aus dem Artefakt«, überlegte er.
»Du hast gesagt, es sei unmöglich, Böses mit Bösem zu bekämpfen«, erinnerte Andris ihn. »Was könnte böser sein, als diese Geister in Gefangenschaft zu halten, wenn wir in der Lage wären, sie zu befreien?«
Zalathorm klopfte Andris auf die Schulter. »Das ist die Art Ratschlag, die ein König hören muß. Tut, was erforderlich ist, und wenn ihr damit fertig seid, stoßt ihr zu mir in die Schlacht.« Er sah Matteo an. »Wenn der Kampf vorbei ist, darf ich annehmen, daß es dir nichts ausmachen wird, die Ehre des königlichen Beraters mit einem anderen zu teilen?«
Matteo grinste, während der König schwach lächelte, vortrat und zärtlich das Gesicht der Königin in einem stummen Abschied berührte. Dann ging er.
Andris sah Tzigone an. »Was jetzt?«
Eine gesummte Melodie trieb durch den Raum. Tzigone bedeutete ihm, still zu sein, und lauschte aufmerksam auf die Stimme ihrer Mutter. Das Lied klang schroff, matt und atemlos, und viele Noten trafen nicht den Ton. Doch Tzigone lauschte, so gut sie nur konnte, und nahm die Form und Struktur des Liedes in sich auf.
Verzauberung durchströmte das Lied und ließ ein subtiles Netz rund um das leuchtende Juwel erkennen. Matteo betrachtete die sich sammelnde Magie und erkannte die Quelle.
Es gab einen Schutzschild um den Stein, den kein Magier wahrnehmen oder aufheben konnte. Jemand hatte ihn aus dem Schattengewebe geschaffen.
Matteos rasende Gedanken überschlugen sich, als er über die Bedeutung und die Folgen nachdachte. Kiva beschäftigte sich seit über 200 Jahren mit dem roten Stern. Sie war Akhlaurs Gefangene gewesen, und wahrscheinlich kannte sie die Geheimnisse, die das Artefakt vor Angriffen schützten. Wo hatte
Weitere Kostenlose Bücher