Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
und was er, Matteo, vermutete: Basel war sein Vater.
Der Gesichtsausdruck des älteren Mannes blieb verblüfft. »Ich sprach von Tzigones Rettung.«
Matteo fühlte eine unerklärliche Woge der Enttäuschung in sich aufsteigen. Er wollte das Thema noch nicht fallenlassen und fragte Basel, welches Fach er unterrichtet hatte.
»Verteidigung gegen Kampfmagie. Wieso?«
»Das ist ein besonderes Interessengebiet von mir. Könnten wir uns später einmal darüber unterhalten? Vorausgesetzt, Ihr erinnert Euch noch an genug von dem, was Ihr am Jordaini-Kolleg lehrtet.«
Das Funkeln in Basels Augen erlosch. »Gibt es nicht ein Jordaini-Sprichwort, wonach die Erinnerung Fluch und Segen zugleich ist?«
»Ich glaube nicht.«
Basel lächelte kurz und beiläufig. »Das sollte es aber geben.«
* * *
Basels Worte verfolgten Matteo bis ins Verlies des Palastes. Nur wenige Tage zuvor hatte er selbst einen Gefangenen hier übergeben – einen Jordain, der zugleich sein ältester Freund war. Dieser Erinnerungen war tatsächlich so etwas wie ein Fluch.
Die Gänge waren ungewöhnlich ruhig und dunkel. Der Schein von Matteos Fackeln schien nur zögernd die Finsternis zu erhellen. Er ging um eine Ecke und wäre fast über eine große, zusammengekauerte Gestalt gefallen. Er beugte sich über den beleibten Wächter und fühlte seinen Puls, der schwach, aber regelmäßig war. Nur ein erfahrener Kämpfer konnte einen bewaffneten Mann außer Gefecht setzen, ohne ihn zu verletzen. Das bedeutete, daß Matteos Beute hier entlanggekommen war.
Der Jordain richtete sich auf und ging behutsam zum Torbogen, durch den man in den nächsten Gang gelangte. Er nahm eine Handvoll Mehl aus der Tasche und warf etwas davon durch den Bogen. In dem kurzen Wirbel aus Pulver erschienen keine verräterischen Lichtstreifen.
Der Jordain runzelte die Stirn. Als Ratgeber der Königin hatte er sich mit den Verteidigungseinrichtungen des Palasts vertraut gemacht. Daher wußte er, daß diese Tür mit einem starken magischen Geflecht hätte geschützt sein müssen.
Er hockte sich hin und strich mit den Händen über den glatten Steinboden, wo er auf einen feinen körnigen Rückstand aufmerksam wurde. Ein kristallines Pulver hatte sich mit dem Mehl vermischt. Matteo roch an den Kristallen, die an seinen Fingern klebten, und nahm einen schwachen, aber stechenden Geruch wahr.
»Mineralsalze«, murmelte er. Er stand auf und eilte zu den östlichen Verliesen.
Andris’ Zelle lag tief unter einer Mineralquelle, die für das Badehaus des Palasts genutzt wurde. Im Laufe der Jahre hatte sich das Wasser einen Weg durch Erdreich und Steine gebahnt und an den Wänden kaum wahrnehmbare Rückstände hinterlassen. Mineralsalze waren einfach und gebräuchlich, doch in den richtigen Händen mächtig. Bestimmte Hexen benutzten Salz, um Magie auf ein eng eingegrenztes Gebiet zu beschränken oder magische Angriffe abzuwehren. Magier konzentrierten und verstärkten mit der Hilfe von Kristallen magische Energie. Kristalle konnten eine solche Energie auch zerstreuen. Mineralsalze – Hunderte von winzigen Kristallen, zur richtigen Zeit am richtigen Ort ausgestreut – konnten bestimmte Zauber unwirksam machen. Andris verfügte über dieses Wissen.
Nach der Schlacht im Nath hatte sich Andris Matteo freiwillig, fast schon reuig gestellt. Warum floh er jetzt?
Matteo sprintete zu seiner Zelle. Wie erwartet stand die Tür offen. Ein großer Schlüssel steckte im Schloß, zwei bewußtlose Wachen saßen an die Gitterstäbe gelehnt auf dem Boden. Er nahm einen Krug Wasser von einem großen Tisch und schüttete den Inhalt den beiden Männern ins Gesicht. Die beiden wachten prustend auf.
Er packte einen der Wächter an der Schulter und rüttelte ihn. »Euer Gefangener ist entkommen. Sag mir, wie er hergebracht wurde.«
»Durch das Gargylen-Labyrinth«, murmelte der Mann und rieb sich die Schläfen.
»Gebt Alarm und schickt Wachen durch den Hauptkorridor der Gargylen. Sagt ihnen, sie sollen hinter sich die Fackeln löschen. Sie sollen in die Wallgänge abwandern und dafür sorgen, daß man das auch hört.«
Der Wächter strengte sich an, nichts davon zu vergessen. »Dann ist der lange Gang aber unbewacht.«
»Laß das meine Sorge sein«, gab Matteo zurück.
Er schickte die Männer los. Der Tisch war mit Würfeln und leeren Krügen übersät, die er zur Seite schob, um die lose aufliegende Tischplatte hochheben zu können. Er balancierte sie auf dem Kopf und ging leise zum Ende des
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