Ratgeber & Regenten 03 - Der Krieg der Magier
anfertigen und schicken sie mit ihrem Diplomaten zurück nach Mulhorand.«
Procopio Septus trat vor. »Der Mann ist tot. Er starb, als sein Elementar vernichtet wurde. Welchen Nutzen sollte das haben?«
»Wir werden darauf bestehen, daß die Mulhorandi uns seinen wahren Namen sagen und uns seine Habseligkeiten aushändigen. So können wir mit einem Erkenntniszauber die wahren Absichten und Pläne des Mannes herausfinden. Wenn die Mulhorandi kooperieren, wird der Zwischenfall folgenlos bleiben. Wenn nicht, wenn sie also fürchten, daß andere an diesem Invasionsplan Beteiligte namentlich bekannt werden, wird es einen Gegenschlag gegen Mulhorand geben.«
Erstauntes Gemurmel erklang. Halruaa hatte in seiner langen Geschichte viele Invasionen abgewehrt, doch noch nie hatte man einen Angriff auf ein anderes Land unternommen!
»Tradition ist nicht ohne Weisheit«, überschrie Procopio das Gemurmel.
Gespanntes Schweigen machte sich breit. Dies war die erste offene Herausforderung, die an den König gerichtet worden war.
Zalathorms ungerührter Blick erkannte die Worte des Magierherrn als das, was sie auch sein sollten. »Ihr glaubt offenbar, die Tradition sei weiser als Euer König, Procopio. Sagt uns den Grund dafür.«
So direkte Worte waren in der halruaanischen Gesellschaft selten, und einen Moment lang wirkte Procopio bestürzt. Rasch sammelte er sich und antwortete in gemäßigterem Tonfall: »Ein Drittel aller halruaanischen Magier und Kämpfer fielen den jüngsten Schlachten zum Opfer. Allein in der Stadt des Königs kamen 400 um. Es ist die Zeit des Wiederaufbaus, aber nicht, um Streitkräfte in einen neuen Kampf zu schicken, die schon jetzt dezimiert sind.«
Zalathorm nickte. »Wir haben schwere Verluste erlitten, das stimmt. Aber sollen wir uns hinter schützenden Bergen verkriechen und in den Augen der Welt schwach und furchtsam wirken? Warum sollten wir unseren Nachbarn Anlaß für einen neuerlichen Angriff geben?«
Zustimmendes Gemurmel erklang. Procopio neigte leicht den Kopf. »Ihr kennt Eure Untergebenen gut, Herr. Ihr appelliert an unseren Stolz, und wir sind wahrhaft ein stolzes Volk. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Stolz und blinder Arroganz. Die Invasion – die erste in mehr als 100 Jahren – zeigte eine ernsthafte Schwäche in unserer Verteidigung auf. Dies zu leugnen wäre töricht. Einen der angreifenden Magier zum Sündenbock zu machen ist zwar nett, doch lenkt es vom größeren Problem ab.«
Zalathorm wandte seinen Blick nicht von ihm ab. »Vom größeren Problem. Wie wahr. Sagt, Meister Procopio, kam Eurer Meinung nach diese jüngste Bedrohung Halruaas von außen oder von innen?«
Procopio Septus preßte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Einige von Zalathorms Befürwortern nickten. Es war eine geschickte Frage, und der Oberbürgermeister konnte sie nur auf eine Weise beantworten.
»Sowohl als auch, Herr.«
»Dann müssen wir uns um beide Seiten kümmern. Wir werden Gesandte nach Mulhorand schicken. Wir müssen mehr über diesen Zauberer wissen, der unsere Grenzen verhexte. Wir müssen erfahren, wie er die Magie Mulhorands mit der verborgenen Geschichte Halruaas mischen konnte, und wir müssen erfahren, wer ihm geholfen hat.«
Zalathorm machte eine Pause, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Während seine Meinung klar wurde, zeichnete sich einer aus Magie geborenen Seuche gleich auf einem Gesicht nach dem anderen Unglauben ab. Halruaanische Magie Fremden gegenüber zu offenbaren war der unvorstellbarste Verrat überhaupt.
Doch was sonst sollte geschehen sein?
»Es fällt mir schwer, darüber zu sprechen«, fuhr Zalathorm an alle Magier gewandt fort, »denn ich sehe, wie Eure Blicke zu Euren Nachbarn wandern. Anders als Ihr habe ich in einer Zeit gelebt, als Magier gegen Magier kämpfte. Wir dürfen nicht in diese Zeit zurückfallen. Wir müssen zusammenhalten, müssen Schwäche und Verrat ausmerzen. Ich schwöre Euch, daß alles ans Licht kommen wird.«
Das Schweigen wurde fast erdrückend. Zalathorm hatte sein Magierwort gegeben, obwohl Beatrix unter Anklage stand.
Einen Moment lang glaubte der König, er hätte eine Krise des Ehrgeizes und einen Konflikt abgewendet. Vielleicht war die Überzeugung seines jungen Jordain richtig; vielleicht war die Wahrheit tatsächlich die stärkste Waffe, die er zum Wohle Halruaas einsetzen konnte.
Doch dann wandte sich Procopio Septus den versammelten Magiern zu. Seine Miene verriet Unglauben und Verletzung. »Sollen
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