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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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des Regens. Ihre Nase war schmal und schön, und die Nasenflügel waren zierlich.
    N'ai war ganz Seide, flüssige Seide. Fest, wo sie fest sein sollte. Weich, wo sie weich sein sollte. Stark, wo sie stark sein sollte. Und schwach, wo sie schwach sein sollte. Ihr Haar war rabenschwarz. Lang. Wie ein Kopfnetz aus Altweibersommerfäden.
    Peter Marlowe hatte sie angelächelt. Er hatte versucht, seine Verlegenheit zu verbergen und wie sie zu sein, frei und glücklich und ohne Scham. Sie hatte ihren Sarong abgelegt und hatte stolz vor ihm gestanden und gesagt: »Ich bitte Gott, er möge mich würdig sein lassen, Euch glücklich zu machen und sanft schlafen zu lassen. Und ich bitte Euch, mich all die Dinge zu lehren, die Eure Frau wissen sollte, um Euch ›nahe bei Gott‹ sein zu lassen.«
    ›Nahebei Gott‹, wie wunderschön, dachte Peter Marlowe; wie wunderschön, die Liebe als ein ›Nahe-bei-Gott-Sein‹ zu umschreiben.
    Er sah zu Sutra auf. »Ja. Wir haben uns viel und lange geliebt. Ich danke Allah in Ewigkeit, daß ich gelebt und geliebt habe. Wie herrlich sind Allahs Wege.«
    Eine Wolke drang vor und raufte mit dem Mond um den Besitz der Nacht.
    »Es ist schön, ein Mann zu sein«, sagte Peter Marlowe.
    »Quälen Eure Entbehrungen Euch heute nacht?«
    »Nein. Heute nacht nicht.« Peter Marlowe sah den alten Malaien forschend an, empfand des Angebots wegen Zuneigung für ihn und war durch seine Freundlichkeit besänftigt.
    »Hört, Tuan Sutra. Ich will Euch meine Gedanken lesen lassen, denn ich glaube, daß wir mit der Zeit Freunde werden könnten. Wenn Zeit wäre, könntet Ihr Euch Zeit lassen, meine Freundschaft und mein ›Ich‹ zu prüfen. Aber der Krieg ist ein Mörder der Zeit. Deshalb möchte ich zu Euch als einer Eurer Freunde sprechen, der ich noch nicht bin.«
    Der Alte erwiderte nichts. Er zog an seiner Zigarette und wartete darauf, daß Peter Marlowe weiterredete.
    »Ich brauche ein kleines Teil eines Rundfunkgeräts. Gibt es im Dorf ein Rundfunkgerät, ein altes? Wenn es nicht mehr funktioniert, könnte ich vielleicht solch ein kleines Teil herausnehmen.«
    »Rundfunkgeräte sind von den Japanern verboten.«
    »Ihr habt recht, aber manchmal gibt es Verstecke, wo man verbergen kann, was verboten ist.«
    Sutra dachte nach. In seiner Hütte lag ein Rundfunkgerät. Vielleicht hatte Allah ihm Tuan Marlowe geschickt, um es zu entfernen. Er glaubte, daß er ihm vertrauen konnte, weil Tuan Abu ihm vertraut hatte. Aber wenn Tuan Marlowe mit dem Rundfunkgerät außerhalb des Lagers erwischt wurde, würde unweigerlich das Dorf mit hineingezogen werden.
    Das Rundfunkgerät im Dorf zu lassen, war ebenfalls gefährlich. Natürlich konnte man es tief im Dschungel vergraben, aber das war unterblieben. Es hätte getan werden sollen, war aber nicht getan worden, und die Versuchung zu hören war immer sehr groß. Die Versuchung der Frauen, die ›Schwing-Musik‹ zu hören, war zu groß. Die Versuchung, etwas zu wissen, wo andere nichts wissen, war zu groß. Wahrlich, es steht geschrieben: Eitelkeit, alles ist Eitelkeit.
    Man läßt die Dinge des weißen Mannes besser beim weißen Mann.
    Er stand auf, gab Peter Marlowe ein Zeichen, ihm zu folgen, und ging durch die Perlenvorhänge in die dunklere Tiefe der Hütte. An der Tür zu Sulinas Schlafzimmer blieb er stehen. Sie lag auf dem Bett, ihr Sarong lag lose auf ihr, und ihre Augen waren feucht.
    »Sulina«, sagte Sutra, »geht auf die Veranda und paßt auf.«
    »Ja, Vater.«
    Sulina glitt vom Bett, band den Sarong wieder fest und zog ihre kleine Bajujacke zurecht. Sie zog vielleicht ein wenig zu stramm, dachte Sutra, so daß die Verheißung ihrer Brüste sich deutlich abzeichnete. Ja, es ist wahrhaftig an der Zeit, daß das Mädchen verheiratet wird. Aber mit wem? Es gibt keine passenden Männer.
    Er trat beiseite, als das Mädchen sich mit niedergeschlagenen und scheuen Augen vorbeidrückte. Aber das Schwingen ihrer Hüften hatte nichts Scheues, und auch Peter Marlowe bemerkte das. Ich sollte sie mit dem Stock schlagen, dachte Sutra. Aber er wußte, daß er nicht zornig sein durfte. Sie war eben ein Mädchen an der Schwelle zur Fraulichkeit. Und in Versuchung zu führen gehört zum Wesen einer Frau – begehrt zu werden ist das Bedürfnis einer Frau.
    Vielleicht sollte ich Euch dem Engländer schenken. Vielleicht würde das Euer Verlangen mindern. Er sieht mir ganz so aus, als wäre er der Mann dazu. Sutra seufzte. Ach, wenn man doch wieder so jung sein könnte.
    Er

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