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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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empfand keine Verlegenheit.
    Nacktheit war im Lager zur Gewohnheit geworden. Und die Monate, die er im Dorf auf Java verbracht hatte, hatten ihn gelehrt, daß man sich nicht zu schämen brauchte, ein menschliches Wesen mit Begierden und Bedürfnissen zu sein. Die ihn umspielende lustvolle Wärme des Meeres und die von dem Essen in ihm aufsteigende wohlige Wärme ließen plötzliche Hitze in seine Lenden schießen. Er warf sich schroff herum auf den Bauch, stieß sich ab ins Meer zurück.
    Er stellte sich auf den sandigen Grund, als das Wasser ihm bis zum Hals hinauf reichte, und blickte zum Strand und zum Dorf zurück. Die Männer und Frauen waren noch immer eifrig mit dem Ausbessern ihrer Netze beschäftigt. Er konnte Sutra auf der Veranda seiner Hütte im Schatten sitzen und rauchen sehen. Dann erblickte er daneben im Schein der Öllampe hinter ihm Sulina, die im Fenster lag. Ihr Sarong war halb offen, und sie blickte auf das Meer hinaus.
    Er wußte, daß sie zu ihm hinschaute, und er fragte sich beschämt, ob sie es gesehen hatte. Er beobachtete sie, und sie beobachtete ihn. Dann sah er, wie sie ihren Sarong auszog, ihn beiseite legte, ein sauberes weißes Tuch nahm und sich den Schweiß abtrocknete, der auf ihrem Körper glänzte.
    Sie war ein Kind der Sonne und ein Kind des Regens. Ihr langes dunkles Haar verhüllte sie fast ganz, aber sie warf es zurück, bis es ihren Rücken umschmeichelte, und begann es zu flechten. Und die ganze Zeit beobachtete sie ihn lächelnd.
    Dann war plötzlich jeder Pulsschlag der Dünung eine Liebkosung und jede Berührung eines Lufthauches eine Liebkosung, jede Tangsträhne eine kosende Hand – Finger von Kurtisanen, die sich mit dem Geschick jahrhundertelanger Erfahrung bewegten.
    Ich werde dich nehmen, Sulina.
    Ich werde dich nehmen, was es auch kosten mag.
    Er versuchte, Sutra mit purer Willenskraft zu bewegen, die Veranda zu verlassen. Sulina beobachtete ihn und wartete. Ungeduldig wie er.
    Ich werde sie nehmen, Sutra. Komm mir nicht in die Quere. Tu es nicht. Sonst werde ich bei Gott …
    Er sah nicht den King aus den Schatten heraus näher kommen und bemerkte auch nicht, wie er vor Überraschung stehenblieb, als er ihn in dem seichten Wasser flach auf dem Bauch liegen sah.
    »He, Peter. Peter!«
    Peter Marlowe hörte die Stimme wie durch einen Nebel, drehte langsam den Kopf und sah den King winken.
    »Peter, kommen Sie. Es ist Zeit, daß wir verschwinden.«
    Als er den King sah, fielen ihm wieder das Lager und der Stacheldraht und das Radio und der Diamant und das Lager und der Krieg und das Lager und das Radio und der Posten ein, an dem sie vorbei mußten, und ob sie rechtzeitig zurückkommen würden und was es Neues geben würde, und wie Mac sich über die dreihundert Mikrofarad und das völlig intakte Ersatzradio freuen würde. Die Manneshitze verging. Aber der Schmerz blieb zurück.
    Er stand auf und ging zu seinen Kleidern.
    »Sie haben Nerven«, sagte der King.
    »Warum?«
    »So herumzulaufen. Sehen Sie nicht, daß Sutras Tochter Sie anschaut?«
    »Sie hat schon viele unbekleidete Männer gesehen, und daran ist nichts Unrechtes.« Ohne Hitze gibt es keine Nacktheit.
    »Manchmal begreife ich Sie nicht. Wo ist Ihr Anstand geblieben?«
    »Vor langer Zeit abhanden gekommen.« Er zog sich schnell an und trat zum King in den Schatten. Die Leisten schmerzten ihn heftig. »Ich bin froh, daß Sie gerade im richtigen Augenblick gekommen sind. Danke.«
    »Warum?«
    »Ach, nichts.«
    »Hatten Sie gefürchtet, ich hätte Sie vergessen?«
    Peter Marlowe schüttelte den Kopf. »Nein. Denken Sie nicht mehr daran. Aber trotzdem vielen Dank.«
    Der King sah ihn forschend an und zuckte dann die Achseln. »Kommen Sie. Wir schaffen es jetzt leicht.« Er ging voran an Sutras Hütte vorbei und winkte. »Salamat.«
    »Warten Sie, Rajah. Nur einen Augenblick!«
    Peter Marlowe hastete die Leiter hinauf und trat in die Hütte. Das Radio war noch da. Er wickelte es fester in das Tuch ein, klemmte es unter den Arm und verneigte sich vor Sutra. »Ich danke Euch. Es ist in guten Händen.«
    »Geht mit Gott.« Sutra zögerte und lächelte dann. »Hütet Eure Augen, mein Sohn. Wenn es keine Nahrung für sie gibt, könnt Ihr auch nicht essen.«
    »Ich werde daran denken.« Peter Marlowe fühlte es plötzlich heiß in sich aufsteigen. Ob die Geschichten tatsächlich wahr sind, daß alte Leute manchmal Gedanken lesen können, fragte er sich. »Ich danke Euch. Friede sei mit Euch.«
    »Friede sei mit

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