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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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noch immer Sutra und Cheng San unten am Strand. Cheng San verneigte sich und stieg in das Boot, und Sutra half, das Boot in das fluoreszierende Meer hineinzuschieben. Dann kehrte Sutra zur Hütte zurück.
    »Tabe-lah«, sagte Peter Marlowe.
    »Möchtet Ihr noch etwas essen?«
    »Nein, ich danke Euch, Tuan Sutra.«
    Verdammt, dachte Peter Marlowe, was für eine Veränderung, plötzlich kann ich Essen abschlagen. Aber er hatte sich bis oben hin vollgegessen, und es wäre unhöflich gewesen, noch mehr zu essen. Ganz offensichtlich war das Dorf arm, und die Speisen würden bestimmt nicht verkommen. »Ich habe gehört«, tastete er sich vor, »daß die Nachrichten über den Krieg gut sind.«
    »Das habe ich auch gehört, aber es war nichts, das man wiederholen könnte. Nur vage Gerüchte.«
    »Schade, daß es nicht mehr wie früher ist. Da konnte man noch sein Radio einschalten und die Nachrichten hören oder die Zeitung lesen.«
    »Ihr habt wahr gesprochen. Es ist schade.«
    Sutra ließ sich nicht anmerken, ob er die Anspielung verstanden hatte. Er hockte sich auf seine Matte, drehte sich eine trichterförmige Zigarette, nahm sie in die geballte Faust und machte einen tiefen Lungenzug.
    »Wir hören schlechte Nachrichten aus dem Lager«, sagte er schließlich.
    »So schlimm ist es nicht, Tuan Sutra. Irgendwie schlagen wir uns durch. Aber es ist schrecklich, wenn man nicht weiß, was draußen in der Welt geschieht.«
    »Ich habe gehört, daß ein Radio im Lager war und daß die Männer, denen das Radio gehörte, ertappt wurden. Sie sollen jetzt im Gefängnis an der Utramstraße sein.«
    »Habt Ihr Nachricht von ihnen? Einer war ein Freund von mir.«
    »Nein. Wir haben nur gehört, daß sie dorthin gebracht wurden.«
    »Ich möchte zu gerne wissen, wie es ihnen geht.«
    »Ihr kennt den Ort und wißt, welcher Art die Männer sind, die dorthin gebracht werden, daher wißt Ihr auch bereits, was dort geschieht.«
    »Stimmt. Aber man hofft doch immer wieder, einige könnten Glück haben.«
    »Wir sind in Allahs Händen, sagt der Prophet.«
    »Dessen Name gepriesen sei.«
    Sutra sah ihn erneut an. Dann paffte er ruhig seine Zigarette und fragte: »Wo habt Ihr Malaiisch gelernt?«
    Peter Marlowe erzählte ihm von seinem Leben im Dorf. Wie er in den Reisfeldern gearbeitet und als Javaner gelebt hatte, was beinahe das gleiche ist, wie wenn er als Malaie gelebt hätte. Die Sitten sind die gleichen, und die Sprache ist die gleiche, außer den alltäglichen Wörtern westlichen Ursprungs – Rundfunk in Malaya, Radio auf Java, Kraftwagen in Malaya, Auto auf Java. Aber alles andere ist gleich. Liebe, Haß, Krankheit und die Wörter zwischen Männern oder zwischen Mann und Frau sind die gleichen. Alle wichtigen Dinge waren gleich.
    »Wie hieß Eure Frau im Dorf, mein Sohn?« wollte Sutra wissen. Es wäre unhöflich gewesen, wenn er schon früher gefragt hätte, aber nachdem sie sich über Geistesdinge und die Welt und Philosophie und Allah und gewisse Worte des Propheten, dessen Name gelobt sei, unterhalten hatten, durfte er sich jetzt danach erkundigen, ohne verletzend zu wirken.
    »Sie hieß N'ai Jahan.«
    Der Alte seufzte zufrieden und versetzte sich in Gedanken in seine Jugend zurück. »Und sie hat Euch viel und lange geliebt.«
    »Ja.« Peter Marlowe sah sie deutlich vor sich.
    Eines Nachts war sie zu seiner Hütte gekommen, als er sich eben schlafen legen wollte. Ihr Sarong war rot und golden gewesen, und winzige Sandalen lugten unter dem Saum hervor. Um den Hals trug sie einen schmalen Blütenkranz, und der Blütenduft hatte die Hütte und sein ganzes Wesen erfüllt.
    Sie hatte ihre Bettrolle neben sich auf den Boden gelegt und sich tief vor ihm verneigt.
    »Ich heiße N'ai Jahan«, hatte sie gesagt. »Tuan Abu, mein Vater, hat mich auserwählt, Euer Leben zu teilen, denn es ist nicht gut für einen Mann, allein zu sein. Und Ihr seid jetzt drei Monde allein gewesen.«
    N'ai war vielleicht vierzehn gewesen, aber in den Sonnen- und Regenländern ist ein Mädchen mit vierzehn bereits eine Frau mit den Wünschen einer Frau und sollte verheiratet werden oder mindestens mit dem Manne der Wahl ihres Vaters zusammen leben.
    Ihre dunkle Haut hatte einen milchigen Schimmer, und ihre Augen waren Juwelen aus Topas, und ihre Hände waren Blütenblätter der Feuerorchidee, und ihre Füße waren schlank, und ihr kindlich fraulicher Körper war seidig und barg in sich die Glückseligkeit eines Kolibris. Sie war ein Kind der Sonne und ein Kind

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