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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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süß und gleichzeitig ein bißchen bitter ist und man vielleicht durch das Labyrinth von Bohrtürmen die Sonne sieht, die gerade über Texas aufgeht.« Es folgte ein langer Seufzer. »Mann, das heißt leben.«
    »Ich bin nie in Texas gewesen«, erwiderte der King. »Bin zwar überall in den Staaten herumgekommen, aber nie nach Texas.«
    »Das ist Gottes eigenes Land.«
    »Möchtest du eine Tasse?«
    »Worauf du dich verlassen kannst.« Tex war sofort mit seinem Becher da. Der King schenkte sich eine zweite Tasse ein. Dann gab er Tex eine halbe Tasse.
    »Max?«
    Max bekam ebenfalls eine halbe Tasse. Er trank schnell den Kaffee. »Ich werd ihn dir morgen früh spülen«, sagte er und nahm den Topf mit seiner Schicht Kaffeesatz mit sich.
    »In Ordnung. Nacht zusammen.«
    Der King schlüpfte wieder unter das Moskitonetz und vergewisserte sich, daß es auch stramm und ordentlich unter die Matratze gestopft war. Dann legte er sich zufrieden zwischen die Leintücher zurück. Auf der anderen Seite der Baracke sah er Max dem Kaffeesatz etwas Wasser zusetzen und ihn dann neben sein Bett stellen, damit er sich über Nacht vollsog. Er wußte, daß Max den Kaffeesatz zum Frühstück nochmals aufbrühen würde. Der King selbst mochte keinen zweimal aufgebrühten Kaffee. Er war ihm zu bitter. Aber die Jungens erklärten, er schmeckt prima. Wenn Max ihn sich nochmals aufbrühen wollte, nun, großartig, dachte er bereitwillig. Der King mochte nichts von Abfällen wissen.
    Er schloß die Augen und wandte seine Gedanken dem Diamanten zu. Endlich wußte er, wer ihn besaß, wie er an ihn herankommen konnte, und jetzt, da das Glück ihm Peter Marlowe beschert hatte, wußte er auch, wie er das ungeheuer komplizierte Geschäft abwickeln konnte.
    Wenn man einen erst kennt, sagte sich der King selbstzufrieden, wenn man seine Achillesferse kennt, dann weiß man auch, wie man ihn anpacken und wie man ihn in seine Pläne einbauen muß. Ja, seine Ahnung hatte ihn nicht betrogen, als er Peter Marlowe das erste Mal wie einen Wog auf der Erde hatte hocken und auf malaiisch palavern sehen. Man mußte auf dieser Welt seinen Ahnungen nachgehen.
    Als er jetzt über das Gespräch nachdachte, das er mit Peter Marlowe nach dem abendlichen Appell geführt hatte, fühlte der King, wie die Wärme der Vorfreude sich in ihm ausbreitete.
    »In diesem lausigen Misthaufen passiert aber auch rein gar nichts«, hatte der King unschuldig gesagt, als sie im Schutz der Baracke unter einem mondlosen Himmel saßen.
    »Da haben Sie recht«, bestätigte Peter Marlowe. »Es ist ekelhaft. Ein Tag verläuft genau wie der andere. Es kann einen glatt um den Verstand bringen.«
    Der King nickte. Er zerquetschte einen Moskito. »Ich kenne hier einen, der hat so viel Aufregung, wie er will, und das will etwas heißen.«
    »So? Was macht er denn?«
    »Er geht durch den Zaun. Nachts.«
    »Mein Gott. Damit fordert er ja das Unheil geradezu heraus. Er muß verrückt sein!«
    Aber der King hatte das Aufflackern der Erregung in Peter Marlowes Augen gesehen. Er ließ das Schweigen lasten und wartete, ohne etwas zu sagen.
    »Warum tut er das?«
    »Oh, einfach, weil es ihm Spaß macht.«
    »Sie meinen der Aufregung wegen?«
    Der King nickte.
    Peter Marlowe pfiff leise durch die Zähne. »Ich glaube nicht, daß ich die Nerven dazu hätte.«
    »Manchmal geht dieser Kerl ins Malaiendorf.«
    Peter Marlowe blickte durch den Zaun hindurch ins Freie, und vor seinem geistigen Auge sah er das Dorf, von dem sie alle wußten, daß es an der Küste existierte, fünf Kilometer entfernt. Einmal war er im Gefängnis zur obersten Zelle hinaufgestiegen und dann an das winzige vergitterte Fenster geklettert. Er hatte hinausgeblickt und unter sich das Dschungelpanorama mit dem Dorf gesehen, das sich an die Küste anschmiegte. An jenem Tage waren Schiffe auf dem Meer gewesen. Fischerboote und feindliche Kriegsschiffe, große und kleine, die wie Inseln ins Glas der See eingelassen waren. Er hatte hinausgestarrt, war von der Nähe des Meeres fasziniert gewesen und hatte sich an die Stäbe geklammert, bis Hände und Arme müde waren. Nachdem er sich eine Weile ausgeruht hatte, wollte er wieder hinaufspringen und erneut hinausschauen. Aber er blickte nicht wieder hinaus. Nie mehr. Es schmerzte ihn zu sehr. Er hatte immer in der Nähe des Meeres gelebt. Wenn er ihm fern war, fühlte er sich verloren. Jetzt war er wieder in seiner Nähe. Aber es lag außerhalb seiner Reichweite.
    »Sehr gefährlich, einem ganzen

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