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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Dorf zu vertrauen«, meinte Peter Marlowe.
    »Keineswegs, wenn man die Leute kennt.«
    »Das ist richtig. Dieser Mann geht tatsächlich bis ins Dorf?«
    »So hat er es mir erzählt.«
    »Ich glaube, selbst Suliman würde das nicht riskieren.«
    »Wer?«
    »Suliman. Der Malaie, mit dem ich mich heute nachmittag unterhielt.«
    »Das kommt mir vor, als ob es Monate zurückläge«, überlegte der King.
    »Ja, tatsächlich, nicht wahr?«
    »Zum Teufel, was sucht denn so ein Kerl wie dieser Suliman hier in diesem Misthaufen? Warum ist er nicht einfach weggelaufen, als der Krieg zu Ende war?«
    »Er wurde auf Java gefangengenommen. Suliman war Kautschukzapfer auf Macs Plantage. Mac ist einer von meiner Einheit. Nun, Macs Bataillon, ja überhaupt das ganze malaiische Regiment, kam gerade noch aus Singapur heraus und wurde nach Java geschickt. Als der Krieg zu Ende ging, mußte Suliman beim Bataillon bleiben.«
    »Lieber Gott, er hätte ja versprengt werden können. Es gibt doch Millionen dieser Burschen auf Java …«
    »Die Javanesen hätten ihn sofort wiedererkannt und ihn wahrscheinlich ausgeliefert.«
    »Was hat es dann mit diesem Gewäsch von einer Sphäre gemeinsamen Wohlergehens auf sich? Sie wissen, was ich meine: Asien den Asiaten?«
    »Ich fürchte, das hat nicht allzuviel zu bedeuten. Es hat auch den Javanesen nicht viel Gutes gebracht. Jedenfalls nicht, wenn sie nicht gehorchten.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »42, im Herbst 1942, war ich in einem Lager dicht am Stadtrand von Bandung«, erzählte Peter Marlowe. »Das liegt oben in den Bergen Javas in der Mitte der Insel. Damals waren eine ganze Menge Ambonesen, Menadonesen und eine Anzahl Javanesen bei uns im Lager – alles Männer, die in der holländischen Armee gedient hatten. Nun, das Lager war hart für die Javanesen, weil viele von ihnen aus Bandung stammten und ihre Frauen und Kinder direkt vor dem Stacheldrahtzaun lebten. Lange Zeit gingen diese Leute durch den Zaun, verbrachten die Nacht draußen und kehrten dann kurz vor Tagesanbruch in das Lager zurück. Das Lager war nur leicht bewacht, deshalb war das einfach. Sehr gefährlich aber für Europäer, weil die Javanesen einen an die Japsen ausgeliefert hätten, und damit wäre man erledigt gewesen. Eines Tages gaben die Japsen den Befehl aus, daß jeder, den sie außerhalb des Lagers erwischten, erschossen würde. Natürlich dachten die Javanesen, das gilt für alle andern, nur nicht für sie selbst – man hatte ihnen ja gesagt, daß sie sowieso alle in ein paar Wochen freigelassen werden sollten. Eines Morgens wurden sieben von ihnen erwischt. Am nächsten Tag mußten wir in Reih und Glied antreten. Das ganze Lager. Die Javanesen wurden an die Wand gestellt und erschossen. Einfach: peng! und weg waren sie. Vor uns allen. Die sieben Leichen wurden beerdigt – mit militärischen Ehren – an der Stelle, wo sie zusammengebrochen waren. Dann legten die Japsen um die Gräber herum einen kleinen Garten an. Sie pflanzten Blumen und bauten einen winzigen weißen Seilzaun um das ganze Geviert herum und stellten ein Schild mit malaiischer, japanischer und englischer Inschrift auf : ›Diese Männer starben für ihr Vaterland‹.«
    »Sie machen doch Witze!«
    »Keineswegs, ich mache keine Witze. Aber das Verrückteste daran war, daß die Japsen eine Ehrenwache am Grab aufstellten. Daraufhin salutierte jeder japanische Posten und jeder japanische Offizier, der an dem ›Schrein‹ vorbeiging. Alle. Und damals mußten die Kriegsgefangenen aufstehen und sich verneigen, wenn nur irgendein Japsensoldat in Sicht kam. Wenn man es nicht tat, bekam man das breite Ende eines Gewehrkolbens an den Schädel.«
    »Das Ganze klingt einfach phantastisch und unsinnig. Dieser Garten und das Salutieren.«
    »Für die klingt es vernünftig. Das ist nun mal östliche Denkungsart. Für die ist es vollkommen vernünftig.«
    »Glaub ich nicht. Völlig ausgeschlossen!«
    »Das ist es ja, warum ich die Burschen nicht leiden kann«, sagte Peter Marlowe nachdenklich. »Ich fürchte mich vor ihnen, weil es keinen Maßstab gibt, nach dem man sie beurteilen kann. Sie reagieren nicht so, wie sie eigentlich sollten. Nie.«
    »Keine Ahnung! Sie wissen jedenfalls, was 'n Dollar wert ist, und meist kann man ihnen trauen.«
    »Sie meinen bei Geschäften?« lachte Peter Marlowe. »Darüber weiß ich nun wieder nichts. Aber was die Leute selbst angeht … Ich will Ihnen noch etwas anderes erzählen, das ich gesehen habe. Das war in einem

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