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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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die Uhr scharf ansah, sie aufzog und dicht ans Ohr hielt.
    »Was willst du, Max?«
    »Nichts. Hm, möchtest du, daß ich für dich aufwasche?«
    »Ja, tu das, und dann verschwinde von hier, zum Teufel!«
    »Natürlich.«
    Max stellte das schmutzige Geschirr aufeinander, trug es unterwürfig hinaus und dachte bei sich, daß er es dem King, bei Gott, eines Tages schon noch heimzahlen würde. Peter Marlowe sagte nichts. Seltsam, dachte er. Seltsam und wild. Der King hat Temperament. Temperament ist wertvoll, meistens aber gefährlich. Wenn man einen Einsatz fliegt, dann ist es wichtig, den Wert seines Staffelkameraden genau zu kennen. Bei einem haarigen Einsatz, zu dem das Dorf vielleicht werden konnte, ist es immer klug, wenn man ganz sicher weiß, wer einem den Rücken deckt.
    Der King schraubte vorsichtig die Rückseite der Uhr los. Es war ein wasserdichter Deckel aus nichtrostendem Stahl.
    »Aha!« sagte der King. »Dachte ich mir's doch.«
    »Was?«
    »Es ist Tinnef. Sehen Sie.«
    Peter Marlowe untersuchte die Uhr sorgfältig. »Mir scheint sie in Ordnung.«
    »Sicher ist sie das. Aber sie ist nicht das, was sie angeblich sein soll. Nämlich eine Omega. Das Gehäuse ist echt, aber die Innereien sind falsch. Irgendein Schwein hat die Eingeweide ausgetauscht.«
    Der King schraubte den Gehäusedeckel wieder auf und warf die Uhr dann abschätzend mehrmals in der Hand hoch. »Sehen Sie, Peter. Genau das, was ich Ihnen vorhin gesagt habe. Man muß vorsichtig sein. Sagen wir jetzt mal, ich verkaufe diese Uhr als eine Omega und weiß nicht, daß sie eine Fälschung ist, dann kann ich wirklich in die Patsche geraten. Aber wenn ich es weiß, kann ich mich selbst absichern. Man kann nie zu vorsichtig sein.«
    Er lächelte. »Trinken wir noch eine Tasse Joe, ein Geschäft zeichnet sich am Horizont ab.«
    Sein Lächeln verblaßte, als Max mit den gesäuberten Eßgeschirren zurückkehrte und sie wegräumte. Max sagte nichts, nickte nur devot und ging dann wieder hinaus.
    »Hundesohn«, brummte der King.
    Grey hatte sich noch nicht von dem Tag erholt, an dem Yoshima das Rundfunkgerät gefunden hatte. Als er den aufgerissenen Weg zur Verpflegungsbaracke hinaufging, grübelte er düster über die neuen Pflichten nach, die ihm vom Lagerkommandanten in Yoshimas Gegenwart zudiktiert und später von Oberst Smedly-Taylor im einzelnen festgelegt worden waren. Grey wußte, daß er zwar offiziell die neuen Befehle ausführen, in Wirklichkeit aber die Augen geschlossen halten und nichts tun sollte.
    Heilige Mutter Gottes, dachte er, was ich auch tun werde, ich werde immer im Unrecht sein.
    Grey spürte, wie sich in seinem Magen ein Krampf ankündigte. Er blieb stehen, als der Krampf in ihm wühlte, und wartete, bis er abgeklungen war. Es war nicht die Ruhr, sondern ein ganz gewöhnlicher Durchmarsch; und das leichte Fieber rührte nicht von der Malaria her, sondern war ein Anfall von Dengue, ein leichteres, aber heimtückischeres Fieber, das ganz nach Laune kam und ging. Der Hunger bohrte heftig in ihm. Er besaß keine Lebensmittelvorräte, keine eiserne Reserve und auch kein Geld, um sich etwas zu kaufen. Er mußte von den Lagerrationen ohne jede Extraportion leben, und die Rationen reichten einfach nicht.
    Wenn ich hier herauskomme, dachte er, das schwöre ich bei Gott, dann werde ich nie wieder hungrig sein. Ich werde tausend Eier und eine Tonne Fleisch und Zucker und Kaffee und Tee und Fisch besitzen. Wir werden den ganzen Tag kochen, Trina und ich. Und wenn wir nicht gerade kochen oder essen, werden wir uns lieben. Lieben? Nein, einfach weh tun. Trina, diese Hure, mit ihrem ewigen »Ich bin zu müde« oder »Ich habe Kopfschmerzen« oder »Um Himmels willen, schon wieder?« oder »Also gut, was bleibt mir anderes übrig, ich muß es wohl tun« oder »Wir können uns jetzt lieben, wenn du willst« oder »Kannst du mich nicht ein einziges Mal in Frieden lassen«, wo es doch gar nicht so häufig geschehen war und er sich die meiste Zeit zurückgehalten und gelitten hatte, oder ihr zorniges »Oh, also gut«, und dann wurde immer das Licht eingeschaltet, und sie sprang aus dem Bett und stürmte zum Badezimmer, um sich ›fertigzumachen‹, und er konnte die Herrlichkeit ihres Körpers nur durch das bloße Gewebe sehen, bis die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, und dann wartete er und wartete und wartete, bis endlich das Licht im Badezimmer knackend ausgeschaltet wurde und sie ins Zimmer zurückkehrte. Es dauerte immer eine Ewigkeit,

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