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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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konnte. Es befand sich nichts anderes als das Essen darin. Köstlich.
    »Woher haben Sie das?«
    »Ich habe es geschenkt bekommen.«
    »Hat er es Ihnen geschenkt?«
    »Ja.«
    »Wohin bringen Sie es?«
    »Ins Lazarett.«
    »Für wen?«
    »Für einen der Amerikaner.«
    »Seit wann macht ein Leutnant vom fliegenden Personal des DFC Botengänge für einen Korporal?«
    »Gehen Sie zum Teufel!«
    »Vielleicht werde ich das tun. Vorher werde ich aber dafür sorgen, daß Sie und er das bekommen, was Sie verdient haben.«
    Ruhig Blut, sagte Peter Marlowe zu sich selbst. Ruhig Blut. Wenn du jetzt Grey eins vor den Latz knallst, steckst du wirklich im Schlamassel.
    »Sind Sie fertig mit Ihren Fragen, Grey?«
    »Für den Augenblick ja. Aber denken Sie daran …« Grey trat einen Schritt näher, und der Geruch des Essens quälte ihn. »Sie und Ihr verdammter Schwindlerfreund stehen auf meiner Abschußliste. Ich habe die Geschichte mit dem Feuerzeug nicht vergessen.«
    »Keine Ahnung, wovon Sie reden. Ich habe nicht gegen die Lagergesetze verstoßen.«
    »Aber Sie werden es noch tun, Marlowe. Wenn Sie Ihre Seele verkaufen, dann müssen Sie irgendwann dafür bezahlen.«
    »Sie sind wohl vom Affen gebissen!«
    »Er ist ein Gauner, ein Lügner und ein Dieb …«
    »Er ist mein Freund, Grey. Er ist weder ein Gauner noch ein Dieb …«
    »Aber er ist ein Lügner.«
    »Alle sind Lügner. Sogar Sie. Sie haben das Rundfunkgerät verleugnet. Man muß einfach ein Lügner sein, wenn man am Leben bleiben will. Man muß vieles tun …«
    »Wie etwa einem Korporal in den Arsch kriechen, um Essen zu bekommen?«
    Die Ader auf Peter Marlowes Stirn schwoll wie eine dünne schwarze Schlange an. Aber seine Stimme war leise, und das Gift seiner Worte war honigsüß. »Ich sollte Sie eigentlich zusammenschlagen, Grey. Aber es zeugt von sehr schlechter Erziehung, wenn man sich mit den niederen Klassen rauft. Es ist unfair, wissen Sie.«
    »Bei Gott, Marlowe …«, begann Grey, aber es hatte ihm einfach die Sprache verschlagen, unbändige Wildheit stieg in ihm auf und drohte ihn zu ersticken.
    Peter Marlowe blickte Grey tief in die Augen und erkannte, daß er gesiegt hatte. Einen Augenblick genoß er das Bewußtsein, diesen Mann vernichtet zu haben, dann war sein Zorn verraucht, und er trat um Grey herum und ging den Hügel hinauf. Es war nicht nötig, eine Schlacht zu verlängern, wenn sie gewonnen war. Auch das hätte von schlechter Erziehung gezeugt.
    Beim Allmächtigen, fluchte Grey geschlagen. Das sollst du mir büßen. Ich werde dich auf den Knien um Vergebung betteln lassen. Und ich werde dir nicht vergeben. Nie!
    Mac nahm sechs Tabletten und zuckte zusammen, als Peter Marlowe ihn ein wenig stützte, damit er das Wasser besser trinken konnte, das ihm an die Lippen gehalten wurde. Er schluckte und ließ sich dann zurückfallen.
    »Seien Sie gesegnet, Peter«, flüsterte er. »Jetzt komme ich über den Berg. Seien Sie gesegnet, Junge.«
    Er sank in Schlaf, sein Gesicht brannte, die Milz war zum Bersten gespannt, und in sein Hirn stürzten die Alpträume. Er sah seine Frau und seinen Sohn in den Tiefen des Meeres schweben, wie sie von Fischen gefressen wurden und zu ihm aus der Tiefe heraufschrien. Und er sah sich selbst dort unten, wie er an den Haien zerrte, aber seine Hände waren nicht stark genug und seine Stimme nicht laut genug, und die Haie rissen gewaltige Stücke aus dem Fleisch seines Körpers, und es gab immer noch mehr loszureißen. Die Haie hatten Stimmen, und ihr Gelächter war das Gelächter von Dämonen, die Engel aber standen tatenlos daneben und redeten auf ihn ein, er sollte sich beeilen, beeile dich doch, Mac, beeile dich, sonst wirst du zu spät kommen. Dann gab es plötzlich keine Haie mehr, nur noch gelbe Männer mit Bajonetten und blitzenden Goldzähnen, die nadelspitz geschärft waren, und sie umringten seine Familie auf dem Grunde des Meeres. Ihre Bajonette waren riesengroß und scharf. Nein, nicht sie, nehmt mich! schrie er. Mich, tötet mich! Und er sah ohnmächtig zu, wie sie seine Frau umbrachten und seinen Sohn umbrachten und sich dann ihm zuwandten und wie die Engel zusahen und im Chor flüsterten: Beeile dich, Mac, beeile dich. Lauf. Lauf. Lauf weg, und du wirst sicher sein. Und er lief, obwohl er nicht laufen wollte, lief weg von seinem Sohn und von seiner Frau und dem von ihrem Blut erfüllten Meer, und er flüchtete durch das Blut und erstickte. Aber er lief trotzdem noch immer weiter, und sie jagten ihn, die

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