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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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auf dem rechten Schenkel, die Hände im Schoß mit sich berührenden Knöcheln und sich berührenden Daumen und einwärts auf den Nabel zeigenden Fingern. Schon oft hatte er so gesessen. Es half ihm beim Nachdenken, denn wenn erst der anfängliche Schmerz abgeklungen war, entstand eine Ruhe, die den ganzen Körper durchdrang und den Geist befreite, so daß er sich in lichte Höhen schwingen konnte.
    Er saß ruhig da, und die Männer gingen vorbei und beachteten ihn kaum. Es war nichts Besonderes, daß man jemanden im Sarong zur Schlacke ausgeglüht in der sengenden Nachmittagssonne sitzen sah. Es war gar nichts Außergewöhnliches.
    Jetzt weiß ich, was beschafft werden muß. Irgendwie. Im Dorf muß es einfach ein Rundfunkgerät geben. Dörfer sind wie die Elstern – sie sammeln alle möglichen Dinge; und er lachte, als er an sein Dorf auf Java dachte.
    Er hatte es entdeckt, als er sich verirrt hatte und erschöpft und mehr tot als lebendig weitab von den Bändern der Straßen, die Java kreuz und quer durchziehen, im Dschungel herumgestolpert war. Er war viele Kilometer weit gelaufen, das war am 11. März gewesen. Die Inselstreitkräfte hatten am 8. März kapituliert, das war 1942 gewesen. Drei Tage lang war er im Dschungel herumgeirrt, war von Insekten gebissen, von Fliegen gestochen, von Dornen gerissen, von Blutegeln angezapft und vom Regen durchnäßt worden. Er hatte niemanden gesehen und niemanden gehört, seit er den Flugplatz in Richtung Norden verlassen hatte, den Jägereinsatzhafen in Bandung. Er hatte sein Geschwader verlassen oder vielmehr das, was davon übriggeblieben war, und hatte seine Hurricane zurückgelassen. Aber bevor er sich davongemacht hatte, war er noch einmal zu seinem toten Flugzeug hingegangen – es war von Bomben verbogen und von Leuchtspurmunition zerfetzt – und hatte es angezündet. Man konnte seinem Freund mindestens die Feuerbestattung gewähren.
    Als er das Dorf erreicht hatte, war eben die Sonne untergegangen. Die ihn umringenden Javaner waren feindselig. Sie rührten ihn zwar nicht an, aber der Ausdruck des Zorns auf ihren Gesichtern war deutlich genug. Sie starrten ihn schweigend an, und keiner machte Anstalten, ihm beizustehen.
    »Kann ich etwas zu essen und etwas Wasser haben?«
    Keine Antwort.
    Dann hatte er den Brunnen entdeckt und war, von zornigen Augen verfolgt, hinübergegangen und hatte in langen Schlucken daraus getrunken. Dann hatte er sich hingesetzt und angefangen zu warten.
    Das Dorf war klein und lag versteckt. Es schien ziemlich reich. Die um einen freien Platz erbauten Häuser standen auf Pfählen und waren aus Bambus und Atap gefertigt. Und unter den Häusern wimmelte es von vielen Schweinen und Hühnern. Neben einem größeren Haus lag eine Einfriedung, und darin standen fünf Wasserbüffel. Das bedeutete, daß das Dorf wohlhabend war.
    Schließlich wurde er zum Haus des Häuptlings geführt. Die schweigenden Eingeborenen folgten ihm die Treppe hinauf, betraten aber nicht das Haus. Sie setzten sich auf die Veranda und lauschten und warteten.
    Der Häuptling war alt, nußbraun, verwirrt und feindselig. Und das Haus bestand wie all ihre Häuser aus einem einzigen großen Raum, der durch Atapzwischenwände in kleine Räume abgeteilt war.
    In der Mitte des zum Essen, Reden und Meditieren bestimmten Raumes stand eine komplette Klosettschüssel aus Steingut mit Sitz und Deckel. Es waren keine Wasseranschlüsse vorhanden, und die Klosettschüssel stand an einem Ehrenplatz auf einem handgewebten Teppich. Vor der Klosettschüssel hockte der Häuptling auf einer anderen Matte. Seine Augen blickten durchbohrend.
    »Was wünscht Ihr, Tuan?« Und das ›Tuan‹ hatte wie eine Anklage geklungen.
    »Ich wollte nur um etwas Essen und Wasser bitten, Sir, und – vielleicht dürfte ich kurze Zeit hierbleiben, bis ich mich wieder etwas erholt habe.«
    »Ihr nennt mich Sir, und noch vor drei Tagen haben Sie und die übrigen Weißen uns Wogs geschimpft und uns angespuckt?«
    »Ich habe Euch nie Wogs geschimpft. Ich wurde hierhergeschickt, um zu versuchen, Euer Land vor den Japanern zu schützen.«
    »Die Japaner haben uns von den verfluchten Holländern befreit! Und sie werden den ganzen Fernen Osten von den weißen Imperialisten befreien!«
    »Vielleicht. Aber ich glaube, Sie werden noch den Tag bedauern, an dem sie gekommen sind!«
    »Verschwinden Sie aus meinem Dorf. Gehen Sie fort mit den anderen Imperialisten. Gehen Sie, bevor ich selbst die Japaner herbeirufe.«
    »Es

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