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Rattenkoenig

Rattenkoenig

Titel: Rattenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Sir.«
    »Schwört bei Eurem Gott …« Die Andeutung eines Lächelns flog über das Runzelgesicht des Alten. »Schwört bei Gott, daß Ihr gehorchen und Euch diesen Bedingungen unterwerfen werdet.«
    »Ich schwöre bei Gott, daß ich damit einverstanden bin und gehorchen werde und nichts zu Ihrem Schaden tun werde, solange ich hier bin.«
    »Ihr schadet uns allein schon durch Eure bloße Gegenwart, mein Sohn«, erwiderte der Alte.
    Nachdem Peter Marlowe zu essen und zu trinken bekommen hatte, sagte der Häuptling:
    »Jetzt werdet Ihr kein Wort Englisch mehr reden. Nur noch Malaiisch. Von diesem Augenblick an. Es ist der einzige Weg für Euch, es schnell zu lernen.«
    »Jawohl. Aber darf ich vorher noch etwas fragen?«
    »Ja.«
    »Was hat die Klosettschüssel zu bedeuten? Ich meine, es sind doch keine Rohre angeschlossen.«
    »Sie hat keine Bedeutung, außer daß es mir gefällt, die Gesichter meiner Gäste zu beobachten und sie denken zu hören: ›Wie lächerlich, sich eine solche Verzierung ins Haus zu stellen.‹«
    Und der Alte wurde von gewaltigem Gelächter geschüttelt, und die Tränen liefen ihm über die Wangen, und sein ganzer Haushalt geriet in Aufruhr, und seine Frauen kamen hereingestürzt, um ihm beizustehen und ihm den Rücken und den Bauch zu reiben, und auch sie brachen in kreischendes Gelächter aus, und Peter Marlowe lachte mit.
    Peter Marlowe lächelte wieder, als er sich jetzt daran erinnerte. Das war ein Mann gewesen! Tuan Abu. Aber heute werde ich nicht mehr an mein Dorf zurückdenken oder an meine Freunde aus dem Dorf oder an N'ai, die Tochter des Dorfes, die man mir gegeben und mir erklärt hatte, sie dürfe ich berühren. Heute werde ich nur noch an das Rundfunkgerät denken und wie ich es anstellen soll, um an den Kondensator zu kommen, und ich werde meine Sinne schärfen für das Dorf heute nacht.
    Er löste sich aus dem Lotossitz und wartete dann geduldig, bis das Blut in seinen Adern wieder zu fließen begann. Rings um ihn hing der süßliche Benzingeruch, der von einer Brise herangetragen wurde. Diese Brise brachte auch Stimmen mit sich, die sich zu einer Hymne erhoben haften. Sie kamen aus dem Freilichttheater, das heute eine anglikanische Kirche war. Vergangene Woche war es eine katholische Kirche gewesen, die Woche davor der Andachtsraum der Sieben-Tage-Adventisten und die Woche davor die Kirche irgendeiner anderen Konfession. Man war tolerant in Changi.
    Viele Pfarrkinder drängten sich auf den rohen Sitzen. Einige waren wegen ihres Glaubens dort, einige wegen ihres Unglaubens. Einige waren dort, um irgend etwas zu tun, einige waren dort, weil es nichts anderes zu tun gab. Heute hielt Kaplan Drinkwater den Gottesdienst.
    Kaplan Drinkwaters Stimme klang voll und rund. Tiefe Überzeugung quoll aus ihm, und die Worte der Bibel wurden plötzlich lebendig, gaben einem Hoffnung und ließen vergessen, daß Changi Wirklichkeit war und daß man nichts im Magen hatte.
    Elender Heuchler, dachte Peter Marlowe und verachtete Drinkwater zutiefst, als er wieder einmal daran dachte …
    »He, Peter«, hatte Dave Daven an jenem Tage geflüstert, »schauen Sie doch einmal dort hinüber.«
    Peter Marlowe sah Drinkwater mit einem schwächlichen Korporal der Royal Air Force namens Blodger reden. Drinkwaters Bett stand an einem bevorzugten Platz in der Nähe der Tür der Baracke 16.
    »Das muß sein neuer Putzer sein«, sagte Daven. Selbst im Lager wurde die uralte Tradition aufrechterhalten.
    »Was ist mit dem anderen geschehen?«
    »Mit Lyles? Mein Bursche hat mir erzählt, daß er oben im Lazarett liegt. Saal 6.«
    Peter Marlowe stand auf. »Drinkwater kann mit den Leuten vom Heer tun, was er will, aber von meinen Leuten kriegt er keinen.«
    Er ging an den vier Betten vorbei. »Blodger!«
    »Was wünschen Sie, Marlowe?« fragte Drinkwater.
    Peter Marlowe beachtete ihn nicht. »Was tun Sie hier, Blodger?«
    »Ich habe nur mal den Kaplan besucht, Sir«, antwortete er und trat näher, »ich kann Sie nicht richtig sehen.«
    »Leutnant Marlowe.«
    »Ah, Sie sind es. Guten Tag, Sir. Ich bin der neue Offiziersbursche des Kaplans, Sir.«
    »Sie verschwinden von hier, und bevor Sie einen Posten als Offiziersbursche annehmen, kommen Sie erst zu mir und fragen mich!«
    »Aber, Sir …«
    »Für wen halten Sie sich eigentlich, Marlowe?« fauchte Drinkwater. »Sie haben keine Befehlsgewalt über ihn.«
    »Er wird nicht Ihr Bursche sein.«
    »Warum?«
    »Weil ich es sage. Sie können abtreten,

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