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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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frühen Morgen und am Abend im Schutz der Dunkelheit in die hinterste Ecke ihres Gartens. Dort hatte Faust, als er noch Alkohol besessen hatte, eine Grube ausgehoben. »Ich renne nicht wegen jedem Scheißhaufen die zweihundert Meter runter an den Bach und schleppe Wasser hier rauf!«, hatte er auf Susannes vorsichtigen Einwand, die Toiletten könne man doch weiterhin benutzen, geantwortet.
    Zwischen diesen seltenen Ausflügen in den Garten saß Susanne ne ben ihrem Mann oder putzte stundenlang das Haus. Sämtliche Reinigungsmittel hatte sie inzwischen aufgebraucht, aber sie putzte weiter, sie brauchte diese Routine, das Einzige, was ihr noch Halt gab. Sie schlich wie ein Schatten durch die Räume, hauchte gegen Glas oder spiegelnde Hölzer und polierte, wo alles bereits glänzte und ihr Spiegelbild sah ihr dabei traurig zu.
    »Wie geht’s Frieder?«
    »Etwas besser«, antwortete sie. Ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. »Eva meint, er habe das Schlimmste jetzt hinter sich. Aber wir müssen ihn noch anbinden. Manchmal erkennt er mich und Eva, manchmal fantasiert er.«
    »Ist sie jetzt bei ihm?«
    »Eva?«
    Basler nickte.
    »Ja. Sie sitzt oben. Lea ist mit Thomas Bachmann und den Kühen draußen.«
    »Und wo ist Eckard Assauer?«
    »Bei seinem Enkel. Wie jeden Tag. Ist vor einer halben Stunde mit einem Strauß Blumen hinüber aufs Hardt. Auf dem Rückweg wollte er noch zu Hildegund Teufel.«
    Basler blieb unschlüssig in der Küche stehen. Susanne knetete weiter das Staubtuch und von oben war Fausts Stöhnen zu hören, mal leiser, dann, wie jetzt, laut und gequält. »Wenn Bubi wach wird, soll er sich mit Sattlers Sohn bei mir melden«, sagte er.
    »Georg Sattler? Einen Sohn?« Susanne schien zu erwachen. Zum ersten Mal, seit Basler im Haus war, hob sie den Kopf, sah ihm in die Augen und vergaß einen kurzen Moment, was sie Wichtiges in den Händen hielt.
    »Kann dir Bubi nachher selbst erzählen. Er hat ihn letzte Nacht am Dorfrand aufgegriffen.«
    Susannes Augen versanken wieder hinter dem bekannten Schleier. Die Geräusche von oben wurden lauter.
    »Also, ich muss weiter. Vergiss nicht, Bubi Bescheid zu geben. Und grüß deinen Mann von mir.«
    Wie verabredet öffnete Bubi Punkt fünf die Haustür, hinter der nun Hermann Fuchs wohnte. Kiefer wollte heute kurz nach Bonndorf in sein Haus. Dort war man froh, dass Kiefer sich für Wellendingen entschieden hatte. Er war weder beliebt noch besaß er Kenntnisse, die gebraucht wurden. Die regelmäßigen Besuche in seinem Haus gestattete man gern, solange er nicht bleiben wollte oder irgendwelche Ansprüche stellte.
    Fuchs hatte den Tag verschlafen, war gegen drei aufgewacht und hatte sich erneut an der Salami versucht, diesmal langsamer und mit kleinen Bissen. Jetzt saß er am Küchentisch und erwartete Bubi.
    »Wir sollen gleich zu Basler kommen«, begann Bubi grußlos.
    »Wahrscheinlich will er dir seinen offiziellen Segen geben und dich für irgendeine Arbeit einteilen. Du weißt, was du zu sagen hast?«
    »Dass ich Erfahrung mit Tieren habe«, sagte Fuchs.
    »Richtig. Der Stall ist der einzige Ort, an dem du Eva allein treffen kannst. Nur da hast du die Chance, mit ihr ins Gespräch zu kommen.«
    »Und ihr Vertrauen zu gewinnen.«
    Fuchs war motiviert. Immer wieder gingen ihm Kiefers Worte durch den Kopf. Kiefer hatte Fuchs letzte Nacht kurz zur Seite genommen, sodass Bubi nichts verstehen konnte: »Wenn du mir hilfst, Eva zu bekommen, lass ich dich am Leben. Und vielleicht bekommst du auch deine zwanzigtausend Euro zurück! Aber wenn du Mist baust …« Der Rest blieb ungesagt.
    »Woher rührt eigentlich Kiefers Interesse an dieser Eva? Gibt doch genug jüngere und mindestens ebenso schöne Frauen … Frauen, die man sich jetzt einfach so nehmen kann und behalten, so lange man will – ohne Hochzeit und Scheidung und all den Scheiß.«
    »Sie ist seine Exfrau«, antwortete Bubi. »Hans Seger hat sie ihm vor über zehn Jahren ausgespannt.«
    »Er will seine Exfrau zurück?«
    Bubi zuckte die Schultern. »Ich versteh es auch nicht. Aber Kiefer ist so verrannt in die Sache, dass er sich ohne sie niemals den anderen Dingen zuwenden wird, von denen wir träumen. Er hat zwar bereits einiges organisiert in Bonndorf und auch irgendwo im Wald unseren zukünftigen Stützpunkt in Arbeit, aber solange Eva nicht bei ihm ist, können wir hier nicht verschwinden.«
    »Ich verstehe.« Fuchs nickte. »Auch ein Stück Salami?« Er hielt Bu bi sein Messer, auf dessen Spitze ein Stück Wurst

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