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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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meinem Blick, ohne die Augen zu senken.
    „Ihr seid ein Fremder. Was treibt Euch nach Shainsa?“
    Geradheit stellt in den Dürrstädten eine tödliche Beleidigung dar, und ich parierte die Unverschämtheit: „Ich bin gekommen, um schöne Frauen für Ardcarran zu erwerben. Wenn Ihr Euch wascht, könntet Ihr geeignet sein.“
    Sie nahm den Schlag unbewegt hin, nur ein Glitzern in ihren Augen registrierte ihn. Das harte Karmesinrot ihres Mundes verzog sich leicht wie in Mutwillen oder Belustigung. Der Kampf zwischen uns war in sein erstes Stadium getreten, und ich wußte bereits, daß er bis zum Ende ausgefochten werden würde.
    Aus den Falten ihres Pelzes fiel ein Gegenstand mit einem Klimpern zu Boden. Aber ich kannte auch diesen Kniff, und ich bewegte mich nicht. Schließlich, was als ein stummes Eingeständnis ihrer Niederlage gelten konnte, entfernte sie sich, ohne sich zu bücken und ihn aufzuheben, und als ich mich umschaute, sah ich, daß die wollhaarigen Kinder sich fortgestohlen und ihre Spielsachen auf der Einfassung zurückgelassen hatten. Einer oder zwei der Greise auf den Steinbänken, die alt genug waren, um durch Neugier nicht an Würde zu verlieren, starrten mich mit forschenden Augen an.
    Ohne mir die Bewegung anmerken zu lassen, warf ich einen Blick auf den kleinen Spiegel, den sie fallengelassen hatte. Ich ließ ihn liegen und kehrte zu der Weinstube zurück.
    Ich beendete gerade eine schlechte Mahlzeit bei einem Steinkrug noch schlechteren Weines, als ein Chak in die Weinstube trat und direkt auf mich zustrebte. Sein Fell zeigte ein makelloses Weiß, und um seine Kehle lag ein Kragen aus bestickter Seide. Dieser Höfling irgendeines Humanoiden begutachtete mich mit der unschuldigen Bosheit, die der Halbhumanoide für menschliche Intrigen übrig hat, in die er nicht verwickelt ist.
    „Man wünscht Euch im Großen Haus von Shainsa zu sehen, narbiger Mann“, redete er mich im Dialekt der Dürrstädter mit affektiertem Lispeln an. „Beliebt es Euch, mit mir zu kommen?“
    Ich begleitete ihn, ohne mehr als die üblichen höflichen Einwände zu erheben, aber ich war überrascht; ich hatte nicht so bald eine Begegnung mit dem Großen Haus erwartet.
    Der weißbepelzte Chak, der ebenso fehl am Platze in der rauhen Stadt wirkte wie ein Regentropfen in der Wüste, führte mich die staubigen Straßen hinunter und einen gewundenen Boulevard entlang zu einem abgelegenen Viertel der Stadt.
    Das Große Haus war aus groben, rosafarbenen Basaltblöcken erbaut, und der Eingang wurde von zwei mächtigen Säulenfiguren bewacht, die von Metallpanzern umgeben waren, welche man in den Basalt eingelassen hatte.
    Die Eingangshalle besaß ein gewaltiges Ausmaß, und sie war kälter als selbst die legendäre Hölle der Chaks. Mein erster Blick zeigte mir, daß sie für ihre Insassen zu groß war. Ein kleiner Sonnenofen war an der Decke angebracht, und aus einer Kohlenpfanne drang mattes, rötliches Glühen, aber beides half nicht viel. Der Chak verschmolz mit den Schatten, und ich stieg allein die Stufen in die Halle hinunter, mir sorgfältig jeden Schritt ertastend und dabei in dem Bemühen, meine Unsicherheit zu verbergen; meine verhältnismäßig starke Nachtblindheit bildet die einzige bedeutsame Eigenschaft, in der ich mich von einem eingeborenen Wolfer unterscheide.
    Zwei Männer, zwei Frauen und zwei Kinder hielten sich in dem Raum auf. Es waren ausnahmslos Dürrstädter von entfernter Ähnlichkeit, und sie trugen reiche Pelzgewänder, die in vielen Farben leuchteten. Einer der Männer, alt und krumm, machte sich an der Kohlenpfanne zu schaffen. Ein schmächtiger, vielleicht vierzehnjähriger Knabe saß mit gekreuzten Beinen auf einem Kissenlager in der Ecke, und ein noch jüngeres Mädchen in zu kurzem Pelzkleid, das lange, spindeldürre Beine zeigte, spielte auf den unebenen Steinen des Bodens mit einer Reihe glänzender Kristalle. Eine der Frauen war eine beleibte Schlampe, deren Juwelen und grellgefärbte Pelze nicht ihre schmierige Unreinlichkeit verbargen. Ihre Hände waren nicht zusammengekettet, und sie biß in eine Frucht, von der roter Saft auf das tiefe Blau ihres Gewandes heruntertropfte.
    Aber es waren die beiden Verbleibenden, die meine augenblickliche Aufmerksamkeit auf sich zogen, so daß ich die anderen nur flüchtig gewahrte; einer von ihnen war Kyral, der am Fuße einer Estrade stand und mich anstarrte.
    In der anderen erkannte ich die dunkelhaarige Frau, deren Beleidigung auf dem Platz ich

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