Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
Dann entblößte Kyrals Lachen seine Zähne. „Rakhal arbeitet gegen den Sohn des Affen“, sagte er, wobei er den schimpflichen Dürrstädterausdruck für die Terraner benutzte. „Helfen wir Euch, ihn zu töten, dann ziehen wir einen machtvollen Dorn aus der Seite Terras. Ich ziehe es vor, die Terraner ihre Stärke bei dem Versuch vergeuden zu lassen, ihn selbst zu entfernen. Darüber hinaus glaube ich, daß Ihr selbst ein Terraner seid. Ihr habt keinen Anspruch auf die Höflichkeit, die ich einem Angehörigen des Himmelsvolkes“ – er verwandte das Shainsawort, mit dem sich die Dürrstädter selbst bezeichnen –, „erweisen würde. Dennoch habt Ihr Wein mit mir getrunken, und ich habe keine Rache an Euch. Darüber hinaus“, er hob entlassend die Hand, „Ihr könnt gehen.“
    Ich durfte weder protestieren noch bitten. Kihar, die Würde eines Mannes, ist kostbar in Shainsa, und es war unmöglich, die meine noch mehr zu kompromittieren. Doch auch wenn ich seinem Geheiß Folge leistete und das Große Haus verließ, verlor ich kihar. Eine verzweifelte Zuflucht blieb, und ich griff nach ihr.
    „Ich wette shegri mit Euch.“ Seine eiserne Beherrschung war plötzlich erschüttert. Offensichtlich hatte ich seiner Überzeugung, ich wäre ein Erdenmensch, einen schweren Schlag versetzt. Denn es ist zweifelhaft, ob drei Erdenmenschen auf Wolf existieren, die um shegri wissen, das gefährliche Spiel der Dürrstädte.
    Es stellt kein gewöhnliches Spiel dar, denn der Einsatz des Wettenden sind sein Leben und – möglicherweise – sein Verstand. Ein Mann wettet selten shegri, und nur dann, wenn er nichts mehr zu verlieren hat.
    Aber mir blieb keine Wahl. Ging ich, dann würde das Gerücht Shainsa durcheilen, daß ich ein bekannter Spion war; ich war in Shainsa auf eine erkaltete Fährte gestoßen, und nach dem, was ich hier über Rakhal erfahren würde, konnte er sich überall auf dem Planeten befinden. Und jetzt hatte ich von Kyral gehört, daß Rakhal dafür bekannt war, gegen Terra zu arbeiten.
    Gelang es mir nicht, Kyral auf irgendeine Art zu zwingen, mir sein Wissen zu offenbaren, dann war meine Suche zu Ende – und die Hälfte des Monats war bereits verstrichen. So ließ ich mich auf die letzte Alternative ein, indem ich wiederholte: „Ich wette shegri mit Euch.“
    Und Kyral rührte sich nicht. Denn was der shegri verwettet, sind sein Mut und seine Ausdauer angesichts der Mutproben und eines unbekannten Schicksals. Auf seiner Seite steht der Einsatz von vornherein fest. Verliert er, bleibt seine Bestrafung der Gnade oder Ungnade dessen überlassen, der die Herausforderung angenommen hat.
    Und dies sind die Regeln: Der shegri läßt sich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang martern. Hält er stand, hat er gesiegt. Er kann die Folter in jedem Augenblick durch ein Wort beenden, aber damit gibt er seine Niederlage zu.
    Den Herausgeforderten bindet die Vorschrift, keine dauernden körperlichen Schäden zuzufügen. Die Dauer allein kann zur Strafe werden. Der Mann jedoch, der sich über die Tortur des Augenblicks hinwegzusetzen vermag, er kann den Preis fordern, den er bestimmt.
    Das Schweigen in der Halle dehnte sich aus. Kyral starrte mich an, ohne einen Muskel zu bewegen. Endlich fragte er: „Um welchen Preis wettet Ihr?“
    „Mir alles mitzuteilen, was Ihr über Rakhal Sensar wißt, und Schweigen über mich in Shainsa zu bewahren.“
    „Bei den Schatten der Götter“, stieß Kyral hervor, „Ihr besitzt Mut!“
    Ich hob die Hand und forderte: „Sagt ja oder nein!“
    Kyrals Schultern hoben sich und fielen herunter. „Ich sage nein. Ich stehe in Blutfehde mit Rakhal Sensar und verkaufe seinen Tod an keinen anderen. Außerdem glaube ich, daß Ihr ein Terraner seid, und ich befasse mich nicht mit Euch. Und schließlich habt Ihr auf dem Karawanenweg mein Leben gerettet, obgleich Ihr es unwissentlich getan haben mögt. Es würde mir kein Vergnügen bereiten, Euch zu peinigen. Ich sage nein. Trinkt noch einmal mit mir, und wir scheiden ohne Streit.“
    „Warte“, rief Dallisa scharf. Sie stand auf und kam von der Estrade herunter, langsam diesmal, würdevoll unter dem klingenden Rasseln ihrer Kette schreitend. „Ich habe eine Rache an diesem Mann.“
    Ich schickte mich an zu antworten, daß ich nicht mit Frauen kämpfte, und hielt inne. Der terranische Begriff der Ritterlichkeit besitzt kein Äquivalent auf Wolf.
    Sie sah mich mit unbeweglichen Augen an und sagte: „Ich wette shegri mit Euch.“

8.

Weitere Kostenlose Bücher