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Raubvogel der Sterne

Raubvogel der Sterne

Titel: Raubvogel der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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geheimnisvollen Intrige, oder warum Kyral Rakhal nicht vom Ansehen kannte – und mich sogar für Rakhal gehalten hatte, aber erst, als er sich erinnert hatte, mich in terranischer Kleidung gesehen zu haben.
    Ich fragte mich, aus welchem Grunde ich nicht früher auf den Gedanken gekommen war, man könnte mich mit Rakhal verwechseln. Wir waren uns nicht sehr ähnlich, aber eine oberflächliche Beschreibung konnte ebenso gut auf Rakhal wie auf mich zutreffen. Ich bin ungewöhnlich groß für einen Terraner – kaum kleiner als Rakhal. Wir besaßen ungefähr dieselbe Statur und die gleiche wettergegerbte Haut. Und die identischen Narben um Mund und Wangen verwischten die charakteristischen Gesichtszüge. Jeder, der uns nicht persönlich kannte, konnte uns leicht verwechseln.
    Andere Steinchen des Mosaiks traten vor mein inneres Auge, weigerten sich hartnäckig, ein klares Muster anzunehmen. Das Verschwinden eines Spielwarenhändlers, Julis hysterische Erregung über Rindys Spielsachen, die Auflösung des Mädchens in dem Schrein Nebrans und jetzt Dallisas Andeutungen vor Kyral über einen mysteriösen „Spielzeugmacher“, der Miellyn mit oder ohne Rakhals stillschweigende Duldung hinweggelockt hatte. Und vage dachte ich an den unheimlichen Handel in der Stadt der Schweigenden, an die Waren, die verschwunden, aufgetaucht, wieder verschwunden waren. Ich wußte, daß diese Ereignisse sich in ihrer Gesamtheit irgendwie zusammenfügen mußten.
    Dallisa sagte plötzlich mit einer Heftigkeit, die mich überraschte: „Miellyn liefert ihm nur den Vorwand! Kyral haßt Rakhal, weil Rakhal einen Kompromiß schließen – und weil er kämpfen wird.“ Ihre Stimme schwankte. „Race, unsere Welt liegt im Sterben. Wir können Terra nicht widerstehen, und es gibt andere Mächte, die schlimmer sind.“
    Ich richtete mich auf und erwiderte: „Die Terraner beuten Wolf nicht aus. Wir haben an der Herrschaft Shainsas nicht gerüttelt. Wir haben nichts geändert.“
    Das entsprach der Wahrheit. Das Terranische Imperium bezog Wolf durch Vertrag, nicht durch Eroberung ein. „Wir lassen jeden Staat, der seine Unabhängigkeit zu bewahren wünscht, sich selbst regieren, bis er zusammenbricht.“
    „Aber das ist es ja gerade“, argumentierte Dallisa. „Ihr stellt dem ganzen Planeten das zur Verfügung, was er früher von uns bezogen hat, und eure Waren sind besser. Allein durch eure Anwesenheit tötet ihr die Dürrstädte. Immer mehr wenden sich euch zu und verlassen uns, und ihr duldet es.“
    Ich schüttelte schweigend den Kopf und versetzte dann: „Wir haben die Pax Terrana jahrhundertelang aufrechterhalten, Dallisa. Was erwartest du von uns? Sollen wir euch Waffen, Flugzeuge, Bomben liefern, um eure Sklaven niederzuhalten?“
    „Ja“, blitzte sie mich an. „Die Dürrstädte haben Wolf beherrscht, seit – seit – niemand kann auch nur vermuten wie lange. Und wir erlaubten euch, auf Wolf Handel zu treiben.“
    „Und wir haben es euch vergolten, indem wir euch unberührt gelassen haben“, gab ich zu bedenken. „Aber wir haben den Dürrstädten nicht untersagt, dem Reich beizutreten und mit Terra zusammenzuarbeiten.“
    Sie murmelte bitter: „Männer wie Kyral werden als erste sterben. Und ich gehe mit ihnen unter. Miellyn hat sich freigemacht, aber ich kann es nicht. Mir fehlt der Mut. Unsere Welt verfällt, aber ich vertraue nicht darauf, daß die neue Welt besser sein wird.“
    Ich blickte ernst in ihr Gesicht, das als helles, weißes Oval in der Dunkelheit leuchtete. Ich vermochte ihr nichts zu entgegnen; sie hatte die Wahrheit gesprochen.
    „Du wirst mich nicht so bald vergessen“, sagte sie in ihrer eigenartigen, schwingenden Stimme. „Du wirst mich nicht bald vergessen, glaube ich, auch wenn du gesiegt hast. Denn dein Sieg, er war auch mein Sieg, und er gehört dir nicht allein.“
    In einem Impuls, den ich nicht erklären konnte, umfaßte ich ihre zarten Handgelenke und öffnete die juwelenbesetzten Armbänder. Und dann schleuderte ich die Reifen in eine Ecke.
    Sitte und unabänderliches Gesetz verpflichteten Kyrals Haus, mir Sicherheit zu gewähren und mich als geehrten Gast aufzunehmen, bis die letzte Wunde der Shegriwette verheilt war. Aber ich verspürte kein Verlangen danach, unter Kyrals Dach zu bleiben, und mehr als die Hälfte des Monats, den Mack mir gewährt hatte, war bereits verstrichen. Mehr noch, mußte Kyrals Familie auch das Geheimnis meiner Identität wahren, so würde doch früher oder später ein

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