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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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aber auch dazu. Nur muss man ihm eine Chance geben. Kannst du die Pressearbeit machen?«
    »Okay, Reinhard, ich kümmere mich darum«, willigte Zielkow ein. »Das wird allerdings eine ziemliche Welle geben.«
    »Das denke ich auch, ist aber nicht zu ändern.«
    Zielkow überlegte kurz, während Bergmüller seine Unterlagen sortierte. Dann sagte er: »Was ist, Reinhard, noch auf ein Bierchen? So wie früher nach Dienstschluss?«
    »Mensch, eine Superidee.« Bergmüller wandte sich an Carsten Franck. »Sie kommen doch allein zurecht, oder?«
    Franck murmelte etwas Zustimmendes und schwor sich, keinerlei aufmüpfige Bemerkungen mehr zu machen. Niemals, nie, nie wieder.
    * * *
    »Wo soll’s denn hingehen?«, fragte Lena Svenson. Sie war achtundzwanzig und sah in ziviler Kleidung wesentlich attraktiver aus als in der Uniform, in der Wiebke sie eigentlich nur kannte.
    Wiebke nannte ihr die Adresse, Lena nickte und startete den Seat Cordoba. Wiebke fand, dass sie »ambitioniert« fuhr, wie sie mal in einer Autowerbung gelesen hatte, in der ziemlich gerast wurde.
    Wiebke blickte kritisch auf den Tacho, der deutlich mehr als die erlaubten fünfzig Kilometer pro Stunde anzeigte. Lena schien ihre Gedanken zu erraten.
    »Es gibt Freunde von mir, die behaupten, ich sei nur deswegen zur Polizei gegangen, weil ich da im Dienst ungestraft Gas geben kann«, sagte sie lachend.
    »Warum bist du, äh Sie … Weißt du was, ich bin Wiebke.«
    »Lena.«
    »Also, Lena, warum bist du denn wirklich zur Polizei gegangen?«
    »Schwer zu sagen. Nach der Schule habe ich erst mal eine Ausbildung zur Hotelkauffrau gemacht. Aber das war nichts für mich.«
    »Die Arbeitszeiten?«, mutmaßte Wiebke.
    »Die sind in unserem Trachtenladen ja auch nicht viel besser«, erwiderte Lena. »Nein, ständig freundlich sein zu müssen hat mich genervt. ›Jawohl, Herr Direktor‹, ›Wird sofort erledigt, Frau Konsul‹, ›Kann ich sonst noch was für Sie tun?‹. Das habe ich irgendwann nicht mehr ausgehalten. Eines Tages las ich eine Anzeige der Polizei und habe mich beworben. Ich hab die Auswahltests wohl ganz gut gemacht, jedenfalls haben sie mich genommen.«
    »Und jetzt bist du also ›Bulle‹. Zufrieden?«
    »Wenn man’s genau nimmt, sind wir beide ja eigentlich Kühe«, sagte Lena. »Doch im Großen und Ganzen schon. Klar, die Bezahlung, gerade im mittleren Dienst, ist nicht so dolle. Aber dafür hat’s andere Vorteile.«
    Wiebke nickte.
    Unweigerlich folgte die Gegenfrage: »Und du, warum bist du Polizistin?«
    »Das ist auch nicht ganz so einfach zu erklären. Als ich damals in der DDR die Polytechnische Oberschule abgeschlossen hatte, gab es keine freie Berufswahl. Mein Onkel war ein recht hohes Tier, und deshalb konnte ich Polizistin werden. Aber mit Berufung hatte das damals nicht so wahnsinnig viel zu tun.«
    »Da sind wir«, sagte Lena, hielt an und schaute Wiebke tief in die Augen.
    Wiebke wich dem Blick aus. Sie merkte, dass Lena offensichtlich mehr über sie wusste als sie über Lena.
    »Wenn du reden willst: Ich habe heute Abend noch nichts vor«, bot Lena auf einmal an.
    »Gern«, sagte Wiebke erleichtert. »Gehen wir rein.«
    Lena verschloss den Cordoba und folgte Wiebke ins Reiheneinfamilienheim. Sie blickte sich in der blitzsauberen Wohnung um. Wiebke bot ihr einen Platz auf dem Sofa an und fragte, ob sie etwas trinken wolle.
    »Bier, wenn du hast«, meinte sie.
    Als Wiebke in der Küche war, um aus dem Kühlschrank zwei Flaschen Radeberger zu holen, hörte sie Lena fragen: »Darf man hier rauchen?«
    »Natürlich«, sagte Wiebke und stellte nach hektischer Suche einen Aschenbecher auf das Tablett. Natürlich war das nicht natürlich. Wiebke mochte Tabakrauch nicht. Günter war zwar auch Raucher. Das hatte sie als Altlast akzeptiert, aber durchgesetzt, dass er nunmehr zum Rauchen auf die Terrasse ging.
    Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, hatte Lena ihre Schuhe ausgezogen. Ihre langen Beine lagen auf dem Sofa.
    »Ich hab’s mir ein bisschen bequem gemacht«, sagte sie schelmisch. »Hübsch hast du’s hier.«
    »Ja, ganz nett. Aber findest du’s nicht ein bisschen spießig?«
    »Ein wenig steril vielleicht«, sagte Lena vorsichtig.
    »Sei ehrlich!«
    »Es ist spießig.«
    Wiebke wollte ihr das Bier in ein Glas einschenken, aber Lena schüttelte den Kopf. »Brauche ich nicht«, meinte sie und griff nach der Flasche.
    Auch gut, dachte Wiebke und nahm ihrerseits die Flasche in die Hand. Sie prosteten sich zu und tranken.
    »Sag mal,

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