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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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verhaftet und entkam unter skandalösen Umständen aus der Untersuchungshaft. Sie hätten die Gelegenheit gehabt, dem Mann die fragliche Schusswaffe in den Vollzug zu schmuggeln.«
    »Dann verhaften Sie bitte auch Reinhard Bergmüller, der war nämlich mein Partner und hätte dem Schmidt-Geerling ebenso gut die Waffe geben können.«
    Es folgte ein kurzes Schweigen. Bergmüller holte Luft, doch Schürmann bedeutete ihm zu schweigen.
    »Darüber habe ich in der Tat nachgedacht«, antwortete Schürmann. Guter Mann, dachte Wiebke. Er lässt keine Möglichkeit aus. »Zwei Aspekte sprechen aber entscheidend dagegen. Einmal wurde Ihr Kollege bei der Flucht von Schmidt-Geerling als Geisel genommen und erheblich verletzt.«
    »Aber …«, setzte Zielkow an. Doch er wurde von der Wucht von Schürmanns Rede überrollt.
    »Entscheidend ist jedoch, dass Kollege Bergmüller die Morde an den beiden Kolleginnen Lena Svenson und Silke Meier nicht begangen haben kann. Er war zur Tatzeit in Australien. Ein weiteres Indiz ist Ihre aktenkundige sexuelle Neigung.«
    »Meine was?«, fragte Zielkow mit offenem Mund.
    »Bestreiten Sie, zwecks des Auslebens gewalttätiger Sexualpraktiken regelmäßig einschlägige Etablissements aufgesucht zu haben?«
    »Natürlich bin ich ab und zu im Puff«, brüllte Zielkow. »Aber nur zum Vögeln, wie es alle tun – außer Ihnen vielleicht.«
    »Du gehst ins Bordell?«, schrie auf einmal Zielkows Frau, die der Vernehmung bislang bleich, aber schweigend zugehört hatte. »Du Schwein! Egal, ob du’s nun warst oder nicht. Wir sind geschiedene Leute!«
    Super, dachte Wiebke und wollte sich gar nicht ausmalen, wie sie sich jetzt an Frau Zielkows Stelle fühlen würde. Sie ließ kraftlos die Schultern hängen.
    »Herr Dr.   Schürmann?«, fragte ein Beamter der Spurensicherung.
    »Ja?«
    »Würden Sie bitte mal kommen?«
    Schürmann nickte und folgte dem Beamten. Wiebke, Streicher und Bergmüller gingen mit, auch wenn sie ja offiziell von dem Fall entbunden waren. Keiner von ihnen wollte allein bei dem wütenden Zielkow im Schlafzimmer bleiben. In Wiebke fochten widersprüchliche Gefühle einen erbitterten Kampf. Einerseits traute sie Zielkow, den sie zwar nicht privat, aber immerhin doch schon seit Jahren beruflich gut kannte, derartig bestialische Taten einfach nicht zu. Es war aber wohl richtig, wie Schürmann vorging. Emotionslos einfach den Fakten folgen, die sie immerhin selbst maßgeblich recherchiert hatte. So simpel konnte erfolgreiche Polizeiarbeit sein.
    Im Badezimmer hatten die Beamten den Spülkasten des WC geöffnet. Darin befand sich, in Plastik wasserdicht verpackt, eine Schusswaffe. Schürmann warf einen Blick darauf und konstatierte: »Das ist eine Polizeiwaffe. Mit einem solchen Modell ist Theodor Schmidt-Geerling getötet worden. Bringen Sie die Waffe in die KTU . Ich will noch heute wissen, ob es die Tatwaffe ist.«
    »Er war’s wirklich«, raunte Wiebke Bergmüller zu. »Unglaublich.«
    »Ja, unglaublich.« Nach einer kurzen Pause ergänzte er: »Ich kann mir vorstellen, was du jetzt denkst. Er war dein Chef, aber du hast nichts bemerkt. Vielleicht ist es für dich ein kleiner Trost, dass es mir kaum anders geht. Er war immerhin mal mein Partner und hat nicht nur dich, sondern auch mich vorgeführt.«
    Sie standen auf der Straße vor Zielkows Haus. Wiebke betrachtete Bergmüllers und Streichers Mienen. Ob sie auch das Versagen spürten? Ob sie sich auch Vorwürfe machten, dass sie nicht wirklich jede Möglichkeit konsequent verfolgt und damit eine Mitschuld am Tod mehrerer Menschen auf sich geladen hatten? Was hatten sie falsch gemacht? Wiebke wusste es, wagte aber nicht, es auszusprechen. Hatte sie nicht frühzeitig die These aufgestellt, dass die Streiche logistisch unmöglich von einem Einzeltäter begangen worden sein konnten? Sie war es auch, die den Gedanken gehabt hatte, es müsse einen Spitzel in ihren Reihen geben. Doch sie hatte gezögert, diese Thesen mit der Konsequenz zu verfolgen, die notwendig gewesen wäre, um dem Täter früher auf die Spur zu kommen. Konnte sie Bergmüller einen Vorwurf machen? Er hatte einen Fehler gemacht. Auch Starprofiler waren nicht unfehlbar. Sie hätte eben mehr insistieren müssen.
    Streicher hatte sich eine Zigarette geschnorrt und rauchte bedächtig. Schürmann trat zu ihnen.
    »Ist die erste seit acht Jahren«, entschuldigte sich Streicher in vorauseilendem Gehorsam. Schürmann reagierte demonstrativ desinteressiert.
    »Gibt es irgendwas

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