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Raum in der Herberge

Raum in der Herberge

Titel: Raum in der Herberge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klose
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Gewürze — sodass man
diese Dinge entweder jeweils immer wieder neu kaufen oder mitschleppen musste.
Für unzählige Pilger ist die ernährungstechnische Improvisation à la
Pfadfinderlager aber offenbar wesentlicher Bestandteil des Erlebnisses
Jakobsweg. Das anschließende Aufräumen der Küchen allerdings weniger und obwohl
Wolf eigentlich der Strengere von beiden schien, schlug dann Lauras Stunde.
Wenn es mal wieder nötig war, stellte sie sich, die Hände in die Hüften
gestemmt, im Patio in Positur.
    „Also Pilger, alle man
herhören. Die Küche sieht aus wie ein Schweinestall. So geht das nicht. Wenn
die in einer Stunde nicht aufgeräumt ist, schließe ich sie ab und dann kann
keiner mehr dort kochen.“
    Nicht nur ich fand diese
Auftritte eindrucksvoll, bei denen Laura keineswegs laut wurde oder ihr
freundliches Gesicht verlor, aber mindestens zehn Zentimeter größer wirkte, als
sie war. Diejenigen, die es betraf, dackelten danach brav in die Küche und
brachten alles wieder auf Vordermann — um am nächsten Morgen nach dem Frühstück
erneut ein Chaos zu hinterlassen, Motto: Nach uns die Sintflut. Gerechterweise
muss ich jedoch sagen, dass viele Herbergsgäste von sich aus nach der
Küchenbenutzung alles wieder aufräumten. Vor allem diejenigen, die den
Jakobsweg gänzlich zu Fuß oder per Rad zurücklegten, zeigten hier
Verantwortungsgefühl — wohingegen Camino-Touristen sich eher gern zu drücken
schienen.
    „Ja, ja, die Küchen in
Pilgerherbergen“, seufzte Wolf einmal, „ein ewiger Zankapfel, nicht nur wegen
dem Saubermachen.“
    „In meinen Anfangsjahren habe
ich in der Küche Frühstück für die Pilger gemacht, vor allem für solche, die
ganz früh morgens los wollten“, erzählte mir Laura in diesem Zusammenhang.
„Aber dann hat mir das die Gemeinde untersagt, weil die Lokale am Ort darin
eine Konkurrenz sahen. Dabei hatten die in der Früh’ alle noch zu.“
    Da war sie wieder, die alte
Geschichte von Neid und Missgunst um das Geschäft, das mit der Pilgerei zu
machen ist, und sie war in Mansilla noch längst nicht ausgestanden.
    „Jetzt gibt es immer wieder
Vorstöße bei der Gemeinde, dass die Küchen in der Herberge ganz geschlossen
werden. Die Pilger sollten gefälligst in den Lokalen essen, heißt es.“ Laura
verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. „Zum Glück sind sie bisher damit
noch nicht durchgekommen.“
    Eine Schließung der Herbergsküchen
würde sowieso keineswegs sämtliche Pilger in die Restaurants treiben. Es gab
genug vor allem junge Leute oder solche, die von weither kamen, die mit wenig
Geld auf dem Camino unterwegs waren, und sich deshalb hauptsächlich von
belegten Broten ernährten. Sollte denjenigen etwa noch die Möglichkeit genommen
werden, sich ab und zu eine Tütensuppe warm zu machen oder ein Ei zu braten —
oder sollte die Hospitalera sich morgens vor der Arbeit keinen Tee mehr
aufbrühen dürfen?
    Anders denn als Pilgerin nutzte
ich nun die Herbergsküche recht häufig, nicht nur für besagten Tee. Einmal
bekochte ich das Team in der Herberge, weil Ana an jenem Tag keine Zeit dafür
hatte, und wenn sie mir gelegentlich etwas Leckeres schickte, weil ich mal
wieder eine Familienmahlzeit hatte ausfallen lassen, machte ich es mir in der
Küche warm. Dabei traf ich eines Spätnachmittags am Herd einen spanischen
Pilger, der trübsinnig in seinen Topf mit Kichererbsen schaute. Da er sie nicht
über Nacht eingeweicht hatte, würden sie vermutlich Stunden brauchen, um essbar
zu sein.
    „Ich habe so gut wie kein
Geld“, hatte der Mann im Empfangsbüro leise zu Wolf gesagt, „deshalb übernachte
ich immer irgendwo draußen auf den Feldern oder in einer Scheune. Aber könnte
ich hier vielleicht bitte duschen und mir was kochen?“
    „Selbstverständlich.“, meinte
Wolf und bot dem Pilger an, unentgeltlich in der Herberge zu übernachten. Doch
das mochte dieser nicht annehmen.
    Frisch gewaschen und gekämmt
stand er nun also in der Küche und holte, während die Kichererbsen nicht weich
werden wollten, seine weitere Verpflegung aus einem abgewetzten Rucksack: Brot
und Hartwurst.
    Ich wärmte gerade Anas Pisto , einen speziellen Gemüseeintopf mit Ei,
und lud den Mann ein, ihn mit mir zu teilen: „Es ist sowieso viel zu viel für
einen allein und bis du deine Kichererbsen essen kannst, dauert es noch ewig.“
    Er freute sich — erst recht,
nachdem er von dem Pisto gekostet hatte — und schnitt
mir ein paar Scheiben seiner Hartwurst ab, um sich zu

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