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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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nicht richtig leiden können, nicht mal die Eltern. Sagen tun sie zu den Kindern immer hinreißend und wie süß , und dann müssen die Kinder alles noch mal machen, damit die Erwachsenen ein Foto machen können, aber mit den Kindern spielen wollen sie eigentlich gar nicht, sie trinken lieber Kaffee und sprechen mit anderen Erwachsenen. Manchmal weint ein kleines Kind sogar, und die Ma von dem hört es gar nicht.
    In der Bibliothek wohnen Millionen von Büchern, für die wir überhaupt kein Geld bezahlen müssen. Riesige Insekten hängen in der Luft, aber nicht in echt, die sind aus Papier. Grandma sucht unter C nach Alice, und da ist sie auch, die Form stimmt überhaupt nicht, aber die Wörter und die Bilder sind dieselben, irre. Ich zeige Grandma das gruseligste Bild, das ist das mit der Herzogin. Wir sitzen auf dem Sofa, damit sie mir Der Rattenfänger vorlesen kann, ich wusste gar nicht, dass der auch ein Buch ist und nicht nur eine Geschichte. Meine Lieblingsstelle ist die, wo die Eltern das Lachen in dem Fels hören. Sie rufen die ganze Zeit, dass die Kinder zurückkommen sollen, aber die Kinder sind in einem wunderschönen Land, ich glaube, vielleicht ist das der Himmel. Der Berg geht nie mehr auf, damit die Eltern reinkönnen.
    Es gibt einen großen Jungen, der macht Harry Potter mit Computer, Grandma sagt, ich soll nicht so nah dabeistehen, ich bin nicht dran.
    Dann gibt es eine klitzekleine Welt auf einem Tisch, mit Eisenbahnschienen und Gebäuden, ein kleiner Junge spielt mit einem grünen Laster. Ich gehe hin und nehme mir ein rotes Feuerwehrauto. Ich lasse es ein bisschen in den Laster von dem Jungen bumsen, der Junge kichert. Ich mache es noch fester, und der Laster fällt vom Gleis, der Junge kichert noch mehr.
    »Wie schön ihr zusammen spielt, Walker.« Das sagt ein Mann, der sitzt in einem Sessel und guckt auf ein Ding, das so aussieht wie Onkel Pauls BlackBerry.
    Ich glaube, der Junge heißt Walker. »Noch mal«, sagt er.
    Diesmal stelle ich mein Feuerwehrauto auf den kleinen Laster, dann nehme ich mir einen orangenen Bus und lasse den auf alle beide draufkrachen.
    »Sachte«, sagt Grandma, aber Walker sagt: »Noch mal«, und hopst ein paarmal hoch.
    Dann kommt noch ein Mann und küsst den ersten Mann und dann Walker. »Jetzt sag deinem Freund bye-bye .«
    Bin ich das?
    » Bye-bye. « Walker klappt seine Hand rauf und runter.
    Ich will ihn gern umarmen. Aber ich mache es zu fest und werfe ihn um, er bumst gegen den Eisenbahntisch und weint.
    »Tut mir wirklich entsetzlich leid«, sagt Grandma immer wieder. »Mein Enkel weiß noch nicht … er kennt seine Grenzen noch nicht …«
    »Ist ja nichts passiert«, sagt der erste Mann. Sie gehen mit dem kleinen Jungen weg und machen Alle Vögel fliegen hoooooch , dabei schaukeln sie ihn zwischen sich, jetzt weint er nicht mehr. Grandma guckt ihnen hinterher, sie sieht durcheinander aus.
    »Merk dir das«, sagt sie auf dem Weg zu dem wei-
ßen Auto, »fremde Leute umarmt man nicht. Auch nette nicht.«
    »Warum nicht?«
    »Das macht man einfach nicht, wir umarmen nur die Menschen, die wir lieben.«
    »Aber den Walker-Jungen lieb ich doch.«
    »Jack, den hast du heute zum ersten Mal in deinem Leben gesehen.«
     
     
     
    Heute Morgen schmiere ich ein kleines bisschen Sirup auf meinen Pfannkuchen. Und eigentlich schmecken die zwei zusammen sogar ziemlich gut.
    Grandma malt eine Linie um mich rum, sie sagt, man kann ruhig auf die Veranda malen, weil die Kreide beim nächsten Regen ja wieder weggewaschen wird. Ich gucke zu den Wolken hoch, wenn die zu regnen anfangen, dann laufe ich mit Überschallgeschwindigkeit rein, bevor mich ein Tropfen trifft. »Mach mich nicht voll Kreide«, sage ich ihr.
    »Ach, jetzt stell dich doch nicht so an.«
    Sie zieht mich hoch, bis ich stehe, und jetzt ist auf der Veranda die Form von einem Jungen, das bin ich. Ich habe einen riesigen Kopf, kein Gesicht und nichts in mir drin, aber dafür klumpige Hände.
    »Paket für dich, Jack.« Das ist Stiefpa, der das ruft, was meint er damit?
    Als ich ins Haus gehe, schneidet er gerade einen großen Karton auf. Da holt er was Riesiges raus und sagt: »Also, das kann schon mal sofort in den Müll.«
    Dann rollt sie sich auf. »Teppich!« Ich umarme sie ganz feste. »Das ist doch unsere Teppich, die von mir und Ma!«
    Er hebt die Hände hoch und sagt: »Wie du willst.«
    Grandmas Gesicht wird ganz schief. »Vielleicht solltest du den lieber erst mal rausbringen und ordentlich ausklopfen,

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