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Raum

Raum

Titel: Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Donoghue
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gesehen.«
    Es gibt klitzekleine Punkte auf den Fenstern von dem Polizeiauto, ich glaube, das ist Regen. Ma kaut auf ihrem Daumen. »Keine gute Idee«, sage ich ihr und ziehe ihre Hand weg.
    »Stimmt.« Sie holt sich ihren Daumen wieder und knabbert weiter auf ihm. »Ich wünschte, er wäre tot.« Das flüstert sie beinahe.
    Ich weiß, wen sie meint. »Aber nicht im Himmel.«
    »Nein, der bleibt draußen.«
    » Klopf klopf klopf , aber er kommt nicht rein.«
    »Genau.«
    »Haha.«
    Zwei Feuerwehrautos mit Sirenen fahren an uns vorbei. »Grandma sagt, es gibt noch mehr von seiner Sorte.«
    »Was?«
    »Es gibt noch andere Personen wie ihn in der Welt.«
    »Ach so«, sagt Ma.
    »Ist das wahr?«
    »Ja, aber das Gemeine ist, es gibt viel mehr Leute, die sind halb und halb.«
    »Wie?«
    Ma starrt aus dem Fenster, aber ich weiß nicht, worauf. »Halb gut und halb böse«, sagt sie. »Von beidem ein bisschen.«
    Die Punkte auf den Fenstern laufen zu Flüssen zusammen.
    Als wir anhalten, merke ich das nur, weil Officer Oh sagt: »Da sind wir.« Ich kann mich nicht mehr erinnern, aus welchem Haus Ma an dem Abend gekommen ist, als wir unsere spannende Flucht gemacht haben, alle Häuser haben nämlich Garagen. Und keins sieht besonders nach einem Geheimnis aus.
    Officer Oh sagt: »Ich hätte ein paar Regenschirme mitbringen sollen.«
    »Es nieselt doch nur«, sagt Ma. Sie steigt aus und hält mir ihre Hand hin.
    Ich mache meinen Gurt nicht los. »Aber der Regen fällt auf uns drauf …«
    »Bringen wir die Sache endlich hinter uns, Jack. Ich komme nämlich bestimmt nicht noch mal hierher.«
    Ich klicke ihn auf. Ich tue meinen Kopf runter und kneife meine Augen halb zu, Ma führt mich. Der Regen ist auf mir, mein Gesicht wird nass und meine Jacke und meine Hände ein bisschen. Weh tut es gar nicht, es ist nur komisch.
    Als wir ganz nah an die Tür von dem Haus kommen, weiß ich, dass es das von Old Nick ist, weil da ist ein gelbes Band, auf dem steht mit schwarzen Buchstaben: POLIZEIABSPERRUNG . Und auf einem großen Aufkleber mit einem Wolfsgesicht steht: ACHTUNG , BISSIGER HUND . Ich zeige darauf, aber Ma sagt: »Der hat nur so getan.«
    Ach ja, der Trickhund, der an dem Tag, als Ma neunzehn war, einen Anfall hatte.
    Ein Polizeimann, den ich nicht kenne, macht die Tür nach drinnen auf, Ma und Officer Oh bücken sich unter dem gelben Band durch, ich muss nur ein Stückchen auf die Seite gehen. Das Haus hat ganz viele Räume und alles mögliche Zeug, zum Beispiel ganz große Sessel und den allergrößten Fernseher, den ich jemals gesehen habe. Aber wir gehen einfach weiter, hinten ist noch eine Tür, und dann kommt Gras. Der Regen fällt immer noch runter, aber meine Augen bleiben auf.
    »Eine fünf Meter hohe Hecke um das ganze Grundstück«, sagt Officer Oh gerade zu Ma. »Die Nachbarn fanden nichts dabei. ›Jeder hat doch ein Recht auf seine Privatsphäre‹ und so weiter.«
    Es gibt Büsche und ein Loch und rundrum noch mehr gelbes Band auf Stöcken. Da fällt mir wieder was ein. »Ma. War es hier, wo … ?«
    Sie steht nur da und starrt. »Ich glaube nicht, dass ich das aushalte.«
    Aber ich gehe rüber zu dem Loch. Da sind so braune Dinger im Schlamm. »Sind das Würmer?«, frage ich Officer Oh, in meiner Brust macht es bumm bumm bumm .
    »Das sind nur Baumwurzeln.«
    »Wo ist das Baby?«
    Ma steht neben mir, sie macht ein Geräusch.
    »Wir haben sie ausgegraben«, sagt Officer Oh.
    »Ich wollte nicht, dass sie hierbleibt«, sagt Ma, ihre Stimme ist ganz kratzig. Dann räuspert sie sich und fragt Officer Oh: »Wie haben Sie die Stelle gefunden, wo … ?«
    »Wir haben Bodenproben genommen.«
    »Wir bringen sie an einen schöneren Ort«, sagt Ma mir.
    »In Grandmas Garten?«
    »Weißt du, was wir machen könnten? Wir könnten ihre Knochen in Asche verwandeln und die dann unter die Hängematte streuen.«
    »Wächst sie dann wieder und ist meine Schwester?«
    Ma schüttelt den Kopf. Ihr Gesicht ist voll mit nassen Bächen. Es kommt noch mehr Regen auf mich drauf. Aber nicht wie eine Dusche, weicher.
    Ma hat sich umgedreht, sie guckt einen grauen Schuppen in der Ecke von dem Garten an. »Das ist er«, sagt sie.
    »Was?«
    »Raum.«
    »Quatsch.«
    »Ganz bestimmt, Jack, wir haben ihn eben nur nie von außen gesehen.«
    Wir gehen hinter Officer Oh her und klettern über noch mehr gelbes Band. »Sehen Sie hier, die Klimaanlage war im Gebüsch versteckt«, sagt sie zu Ma. »Und der Eingang liegt hinten, von draußen nicht

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